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VISION, SCOPE & RAMA
1926 Natural Vision
1929 Grandeur
1930 Magnifilm
1930 Realife
1930 Vitascope
1952 Cinerama
1953 CinemaScope
1953 Panavison
1954 VistaVision
1955 Todd-AO
1955 Circle Vision 360
1956 CinemaScope 55
1957 Ultra Panavision 70
1958 Cinemiracle
1958 Kinopanorama
1959 Super Panavision 70
1959 Super Technirama 70
1960 Smell-O-Vision
1961 Sovscope 70
1962
Cinerama 360
1962 MCS-70
1963 70mm Blow Up
1963 Circarama
1963 Circlorama
1966 Dimension 150
1966
Stereo-70
1967 DEFA 70
1967 Pik-A-Movie
1970 IMAX / Omnimax
1974 Cinema 180
1974 SENSURROUND
1976 Dolby Stereo
1984 Showscan
1984 Swissorama
1986 iWERKS
1989 ARRI 765
1990 CDS
1994 DTS / Datasat
2001 Super Dimension 70
2018 Magellan 65

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"Size Does Matter" / "Die Herrlichkeit von 70mm"
"This is the finest contribution to wide gauge film that has ever been recorded!"
Richard Vetter (D-150)

This article first appeared in
..in 70mm
The 70mm Newsletter

"Size Does Matter" - "Eine historische Betrachtung von Grant Lobban" adapted for Germany and translated into German by Susanne Finken, Köln. German text originally appeared in the souvenir program "Size Does Matter" Published in October 2005 by the Schauburg Cinema in Karlsruhe 26. October 2005

Preserving Wide Film History
The BKSTS Journal April 1985

 
Grant Lobban was a Film Assistant at the dubbing theatre of BBC Film Department. In the first part of this article Grant Lobban describes the events surrounding the introduction of 70mm film and its eventual acceptance as the cinemas premier projection format. Grant Lobban in Bradford, 2007. Photo by Thomas Hauerslev

Heute gibt es nur wenige technische Entwicklungen im Bereich Kommunikation und Unterhaltung, deren Beschreibung ohne das Zauberwort „Digital“ auskommt. Im Kino werden die Zuschauer mit digital erstellten special effects unterhalten und mit Restaurierungen alter Klassiker, die dank Computerhilfe „besser als das Original“ sein sollen.* Immer mehr Lichtspielhäuser installieren digitale Sound-Systeme. Die Entwicklung des digitalen Sounds scheint leider ein Opfer gefordert zu haben: die Verwendung von 70mm-Prints mit ihren Magnet-Tonspuren, die im Kinobereich dereinst als Prestigeobjekt in Sachen Bild und Ton galten.
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Further in 70mm reading:

Grant Lobban

Grant's Blow-up Blog

The Technirama Story

Come Back D-150

Todd-AO Distortion Correcting Printing Process

In The Splendour of 70mm

Size Does Matter Karlsruhe 2005

BKSTS Technical Wall Charts

Internet link:

Ein Breitwand Boxkampf

 
Todd-AO Festival Souvenir program

In den ersten Jahren dieses Jahrhunderts wurden Breitbildformat-Filme zu Gunsten der kleineren und ökonomischeren 35mm-Breite aufgegeben. So stellte die Biograph Company beispielsweise ihr letztes 68mm-Format 1905 her, bis 1912 war das 35mm-Edison-Format zum internationalen Standard der professionellen Lichtspielhäuser geworden. Viele bedauerten den Untergang der Breitformate mit ihrer außergewöhnlichen Bildqualität, die viel größere Leinwände ausfüllen konnten als die für 35mm-Filme üblichen zwölf Fuß breiten

Die Veriscope Kamera wurde extra entwickelt, um ein Ereignis zu filmen, und zwar den Boxkampf zwischen dem amtierenden Weltmeister „Gentleman“ Jim Corbett und dem britischen Herausforderer Bob Fitzsimmons. Der Kampf fand am 17. März 1897 in Carson City, Nevada, USA statt. Enoch J. Rector, einer der Veranstalter konnte sich die exklusiven Filmrechte für dieses Ereignis sichern. Er ließ Kameras bauen, die Eastman Film 2/2 Inches (63mm) Breite verwendeten. Die Filmwahl war nicht besonders ungewöhnlich, denn auch wenn Edisons 35mm-Format in Kürze Standard werden sollte, verwendeten andere Geräte aus dieser Zeit breiteren Film.

Der Demeny-Gaumon Chronophotograph beispielsweise verwendete perforierten 60mm breiten Film, American Mutoscope und Biograph Company erforderten 68mm. Letzterer war bemerkenswert in der Hinsicht, dass der Projektor beinahe Bilder von Imax-Größe (15/70) zeigte mit einer Geschwindigkeit von 40 Einzelbildern pro Sekunde, ohne die Hilfe eines Führungslochs. Die Veriscope Kamera wiederum fotografierte ein Breitwandbild, was auch nicht einzigartig war, da beispielsweise der Latham Eidoloscope Projektor einen breiten Film mit einem Breitwandbild verwendete.

Einige Historiker halten ihn, trotz seines unscheinbaren Äußeren, für den ersten Projektor, der im Mai 1895 einen Film vor einem zahlenden Publikum auf die Leinwand warf. Falls das stimmt, war der erste kommerziell gezeigte Film ein Breitbildformat. Das breite Bild des Veriscope wurde wahrscheinlich ausgewählt, um zu ermöglichen, dass die feststehenden Kameras den ganzen Boxring in einer Einstellung einfangen konnten. Der Kampf wurde veranstaltet mit den Kameras im Hinterkopf, um einen ununterbrochenen Bildablauf zu bekommen, wurden drei davon nebeneinander aufgestellt, von denen jede sechs Minuten filmen konnte, ehe sie neu geladen werden musste. Rector ließ auch einen Hinweis auf sein Copyright an der Seite des Rings aufmalen, um seine Investition zu schützen. Am Ende des Kampfes gewann Fitzsimmons durch K.O. und war damit der letzte Brite, der einen Weltmeistertitel verteidigen konnte. Die Veriscope Kameras stellten auch einen neuen Filmrekord der Zeit auf, indem sie mehr als zwei Meilen Filmmaterial belichteten - länger als alles, war je einem einzigen Ereignis gewidmet war. Der Film, der über eine Stunde gedauert haben soll, wurde zuerst an der Academy of Music in New York mit zwanzig Projektoren gezeigt, dann erfolgreich überall in Amerika und verschaffte der Gesellschaft Einnahmen von über einer Dreiviertel Million Dollar.

Im September 1987 erreichte der Veriscope Boxkampf-Film Großbritannien, die Premiere fand im Aquarium Theatre in Westminster statt. Laut den damaligen Berichten konnte das Publikum, das bis zu einer Guinea für die Karten bezahlte, die Figuren in Lebensgröße projiziert sehen, wobei jeder Gesichtszug klar erkennbar war. Eine ausführlichere Beschreibung findet sich in John Barnes´ Buch „The Rise of the Cinema in Great Britain“. Das Nationale Filmarchiv unternahm 1983 die Aufgabe, das Original-63mm-Filmmaterial auf 35mm zu kopieren. Sie verwendeten außerdem Material aus ihren Archiven zusammen mit anderem Filmmaterial, das der amerikanische Boxveranstalter Jim Jacobs zur Verfügung gestellt hatte, der auch ein Filmarchivar ist und sich auf die Erhaltung historischer Boxfilme spezialisiert hat. Da das Nationale Filmarchiv keinen 63mm-Printer besitzt, wurde der Positiv-Print im Cartoon Stil abfotografiert unter Verwendung eines Lichtkastens und von Registrierpins. Jedes Einzelbild wurde per Hand weiterbewegt. Der endgültige 35mm-Print war maskiert mit einem Bildverhältnis von ungefähr 1,66:1,für einen zukünftigen Soundtrack war der normale Platz gelassen. Irgendwann später hörte ich von John Barnes, dass der Boxkampf-Film auch von Karl Malkames Inc. in New York kopiert worden war. In diesem Fall wurde der Abzug unter Verwendung einer speziellen verstellbaren Drucker-Bewegung (variable-pitch printer movement) gemacht, die von Karl Malkames A.S.C. erfunden wurde. Das Negativ der Endkopie hatte ein breiteres Bild, indem es die ganze Breite zwischen den Perforationen nutzte. Später wurde der Printer angepasst, um einen anderen historischen Breitfilm zu kopieren, „The Big Trail“, 1930 mit dem Fox Grandeur 70mm-Verfahren fotografiert.
 
 

Greater Frame Area

 
Breitfilme tauchten gelegentlich wieder auf als Bestandteil entweder von Breitwand-Experimenten wie beispielsweise dem 70mm-Panoramica-Verfahren des Italieners Filoteo Alberini von 1914, oder von Farbsystemen, die eine größere Bildfläche beanspruchten (greater frame area), um Platz zu haben für Aufnahmen von zwei oder mehr Farbteilungen (color separation records).

Während der 1920er wurden die Lichtspielhäuser größer, die Leinwände aber wurden nur ungefähr 20 Fuß breit. Selbst kathedralenähnliche 'Super Cinemas' hatten oft nur 25 Fuß breite Leinwände. Jeder Versuch einer größeren Projektion scheiterte an den Beschränkungen des kleinen 35mm-Formats. Auf der anderen Seite konnte ein größeres, wenn auch körnigeres Bild sehr effektiv sein, indem es nur gelegentlich verwendet wurde, um eine besondere Wirkung während bestimmter spektakulärer Szenen hervorzurufen, wenn die Handlung auf der Leinwand die Aufmerksamkeit ablenken konnte von den Auswirkungen der übermäßigen Vergrößerung. 1926 kommerzialisierte Paramount diese Idee als Magnascope-Verfahren. Der Effekt wurde erreicht, indem zu einem separaten Projektor geschaltet wurde, der mit einem Magnascope-Linsen-Aufsatz ausgestattet war, um die vergrößerten Sequenzen zu zeigen. Im Moment des Wechsels wurde das Bildfenster geöffnet, so dass die Bildfläche auf das Vierfache erweitert wurde. In späteren Jahren wurde dieser Effekt auch erreicht, indem Projektionslinsen mit variabler Brennweite (Zoom) verwendet wurden.

1928 zogen die großen US-Studios Methoden in Erwägungen, um komplette Filme in Magnascope-Größe zu zeigen, und man dachte wieder an die Verwendung von Breitfilm. Im vorigen Jahr war ein Vorführsystem namens Natural Vision von George K. Spoor und John Berggren vorgestellt worden. Es verwendete einen 63,5mm breiten Film mit einem sechs-Perforationsloch-Bild von 2.06 x 1.12 Inches, das, wie behauptet wurde, auf Leinwänden von bis zu 70 Fuß Breite gezeigt werden konnte.

Bald wurden einige andere Formate angekündigt, unter ihnen ein Vorschlag von Fox namens Grandeur.
 
 

Grandeur 70mm

 
Grandeur benutzte einen 70mm breiten Film mit größeren Perforationen im Abstand von 0.234 Inches. Es gab vier Perforationen pro Bild, das 1,840 x 0,910 Inches betrug und Platz ließ für eine extra breite Movietone-Licht-Tonspur von variabler Dichte (extra wide Movietone variable density optical sound track). Der Film lief mit einer Geschwindigkeit von 20 Bildern pro Sekunde und einem Bildseitenverhältnis von 2,1:1. Es gab viele Diskussion darüber, wie neuen Leinwände am angemessensten aussehen sollten, und viele theoretische Überlegungen um `wirbelnde Quadrate´, `Goldene Mitte´ und eine `dynamische Symmetrie´. Letztendlich wurden in den meisten Lichtspielhäusern Bildformate zwischen 1,87:1 und 2,1:1 vermutlich deswegen ausgewählt, weil meistens nur die Breite der Leinwand erweitert werden konnte, da die Zuschauer, die unterhalb der Ränge saßen, eine Erweiterung nach oben nicht hätten sehen können. Unter Verwendung von Mitchell Kameras startete Fox eine Reihe von 70mm Filmen. Als erstes gab es eine spezielle Grandeur 70mm Wochenschau, die einige entsprechend spektakuläre Aufnahmen der Niagara Fälle und von schnell fahrenden Lokomotiven enthielt. Sie hatte zusammen mit der Grandeur-Version der „Fox Movietone Follies of 1929“ am 17. September 1929 Premiere. Als nächstes kam ein weiteres Musical, „Happy Days“, 1930 gefolgt von dem berühmtesten aller Grandeur Filme, „The Big Trail“, einem epischen Western von Raoul Walsh mit John Wayne in seiner ersten Rolle. Er wurde als erstes im Roxy in New York gezeigt, dem neuen Grandeur Flaggschiff-Theater der Fox. Unter Verwendung von handgemachten Super-Simplex 70mm Projektoren, wurde hier ein 42 x 20 Fuß großes Bild auf die glasperlenverzierte Leinwand geworfen.

Auch wenn das New Yorker Publikum beeindruckt war, war es nie so angetan von diesem neuen Filmdurchbruch wie die Studiobosse. Viele in der Industrie glaubten, dass die Tage des 35mm-Films gezählt seien. Dieser Enthusiasmus dehnte sich bald auf die Hersteller der Ausrüstung aus, die damit begannen, Breitfilm-Apparate zu produzieren. Die Mitchell Company versorgte Fox mit zehn ihrer neuen FC-Grandeur Kameras und begann, 50 weitere zu bauen für die erwartete Breitfilm-Revolution. Andere Kameras wurden von Debrie hergestellt, und die Fearless Camera Company war unerschrocken genug, um ein Modell zu produzieren, das zwischen Standard- und Breitformat konvertierbar war. Captain Ralph G. Fear schlug außerdem vor, dass man ein breiteres Bild erhielte, indem man normale 35mm-Filme horizontal abspielte. Sein Format „Fear´s Super Pictures“ bewegte den Film 10 Perforationen auf einmal voran, entweder tatsächlich horizontal, oder das Bild wurde um 90 Grad gedreht, indem ein spezielles Linsen-System Verwendung fand. Die Simplex 70mm-Projektoren wurden bald von anderen gefolgt, darunter auch ein Modell für verschiedene Breiten von Ernemann: sowohl für 65mm als auch für 35mm. Wenn auch das Grandeur Format das herausragendste Beispiel des neuen Breitbildverfahrens war, führten auch andere Studios ihre eigenen Varianten ein, basierend auf Breitfilm. M.G.M. übernahm das gleiche Grandeur 70mm Kamera-Format und nannten es 'Realife'. Zwei Großleinwand-Western waren das Ergebnis: „Billy the Kid“ (1930) von King Vidor und „The Great Meadow“ (1931). R.K.O. probierte das oben erwähnte Natural Vision Verfahren bei „Danger Lights“ (1930) aus. Da der Film als Stummfilmformat aufgenommen wurde, musste der Ton auf einer separaten 35mm-Lichtspur zugefügt werden. Paramount kam mit dem hauseigenen 'Magnafilm' heraus, der im Prinzip 35mm war, bei dem die Breite bis zu einem Bildseitenverhältnis von 2:1 vergrößert wurde. Der letztendliche Film war 56mm breit. Paramount machte nur ein Kurzmusical, „We´re in the Army Now“, vorgeführt 1929. Dann wurde beschlossen, ein größeres 65mm-Format zu entwickeln, das eine Bildfläche vergleichbar mit Grandeur hatte, für das aber Perforationen im Standard-Abstand verwendet wurden, fünf pro Bild. Warner Brothers, First National und United Artists entschieden sich alle für die gleiche 65mm Größe.

Zu den Filmen, die die breiten Leinwände erreichten, gehörte „Kismet“
(1930) und „The Lash“ (1930).
 
 

Widerstand der Kinobesitzer

 
Dann wurde die ganze Breitfilm-Aktivität gestoppt. Die Kinobesitzer machten klar, dass sie, nachdem sie gerade auf Tonfilm umgestellt hatten, kein Geld für neue Ausrüstung ausgeben konnten. Einige zynische Theaterbesitzer hatten den Verdacht, dass die Filmgesellschaften, nachdem sie gesehen hatten, wie sie Millionen Dollar für Tonausrüstung von Radio- und Phonographen-Herstellern ausgegeben hatten, wollten, dass die Theaterbesitzer neue Projektoren und Leinwände von Gesellschaften kauften, von denen die Filmgesellschaften finanziell profitierten. Die Society of Motion Picture Engineers und die Fox versuchten, zu retten, was zu retten war, indem sie eine kleinere „Economy“ Version von Grandeur vorschlugen, die einen 50mm breiten Abzug verwendete. Dieses Format war, wie Magnafilm, nur ein verbreitertes 35mm-Format. Es sollte auf den vorhandenen Projektoren mit einem „einfachen Konverter-Nachrüstsatz“ laufen können. Wieder zeigten die Kinobesitzer kein Interesse und schließlich wurden sie beruhigt durch Adolph Zukor, der im Namen der Producers Association of America ankündigte, sie hätten „beschlossen, dass es verrückt wäre, den Breitfilm herauszubringen und den Kinobesitzern zusätzliche Lasten aufzubürden. Ich kann ihnen versichern, dass die Produzenten Amerikas sich dafür entschieden haben, die Ankunft des Breitfilms auf eine Zeit zu verschieben, die eine zusätzliche Attraktion für das Publikum benötigt.“ Glücklicherweise waren alle Breitwandfilme auch auf Standard-35mm-Material aufgenommen worden. Einige dieser Filme, beispielsweise „Billy the Kid“, wurden auch zugänglich gemacht in Form eines auf 35mm reduzierten Abzugs der Original Breitfilm-Negative.

Sie waren vom 'masked down frame' Typ mit einem feinkörnigen Bild und konnten mit den bereits vorhandenen Magnascope-Linsen gezeigt werden. Nachricht darüber, wo die original Grandeur Negative gegenwärtig sind, gab John Mosely aus Hollywood: sie waren in den Tresoren der Fox gefunden worden und man hoffte, dass der Präsident der Fox sich dafür interessieren könnte, Reprints in welcher Form auch immer zu machen. Bald darauf folgte die gute Nachricht, dass Karl Malkames nach dem Veriscope Projekt auch die 70mm Grandeur Negative auf 35mm Film reduziert hatte. In diesem Fall wurde eine Anamorphot-Linse während der Reduktion eingeführt, um eine Kopie herzustellen, die unter Verwendung einer konventionaller Anamorphot-Projektion (CinemaScope) verwendet werden konnte.
 
 

Anamorphic Linsen - Eine andere Geschichte

 
Außer bei dem Veriscope Box-Film kann ich keine Hinweise darauf finden, dass einer der amerikanischen Breitwandfilme, die zwischen 1929 und 1931 hergestellt wurden, in Großbritannien je in seiner original Breitfilmform gezeigt wurde. Ich hörte allerdings von Richard Floyd, einem Vorführer im Ruhestand, der im alten Regal Cinema in London am Marble Arch tätig war, dass er 1931 einen speziellen 35mm masked Reduction Print von United Artists mit dem Titel „The Bat Whispers“ vorführte. Ursprünglich war der Film auf 65mm aufgenommen worden und die Filmgesellschaft stellte spezielle aperture plates und Linsen, damit der Film auf der theatereigenen großen Magnascope-Leinwand gezeigt werden konnte. Er erinnerte sich daran so gut, weil Mary Pickford und Douglas Fairbanks, die zu der Zeit in der Stadt weilten, kamen, um sich das Ergebnis anzusehen! „The Bat Whispers“ ist mittlerweile auch von den YCM Laboratories restauriert worden. Ein modernes 65mm feinkörniges Interpositiv wurde für Aufbewahrungszwecke erstellt, aber da während der Restaurierung kein 70mm-Schwarz-Weiß-Material zur Verfügung stand, wurden nur 35mm Reduction-Prints hergestellt im selben Anamorphot-Format wie „The Big Trail“.

Einige Monate später fand im Regal ein anderes bemerkenswertes Ereignis statt. Ein freundlicher Franzose nutzte das Theater und seine große Leinwand, um eine Methode der Panorama-Projektion vorzuführen, die ohne Breitfilm auskam. Sein Name war Henri Chretien und seine Erfindung war die Hypergonar Anamorphic Linse. Alle waren beeindruckt von diesem Film über Ozeane und hohe Schiffe, aber auch er musste bis in die frühen 1950er warten, ehe sein System Anwendung fand.

Auch wenn Breitfilm im kommerziellen Bereich gescheitert war, wurde er in der Folge vom US-Militär für Ausstattung und Luftbildaufnahmen genutzt. Für einige der Hersteller der Ausrüstung erwies sich dies als Glück, zum Beispiel für die Mitchell Company, der sich ein neuer Markt für die von ihnen konstruierten Breitfilm-Kameras erschloss. Während der nächsten zwanzig Jahre hörte man wenig von Breitfilm. 1938 veranstaltete Debrie, die 1930 die 65mm-Kameras für Paramount geliefert hatten, eine Vorstellung, um das Interesse neu zu beleben - vergeblich. 1945, kurz nach Kriegsende, entwickelte die Fox Pläne für ein neues 50mm Format mit zusätzlichem Platz nicht nur für ein breiteres Bild, sondern auch für drei separate Lichtton-Spuren. Ein Anschauungsfilm wurde produziert, um das Potential des Stereo-Tons zu zeigen, aber danach war nichts mehr davon zu hören oder zu sehen.
 
 

Cinerama

 
Zu diesem Zeitpunkt experimentierte ein Mann an einem Breitwand-System, das schließlich eine enorme Auswirkung auf die Filmindustrie haben sollte: Fred Waller, seine Erfindung: Cinerama. Sie arbeitete nicht mit Breitfilm, sondern projizierte drei synchronisierte 35mm Filme auf eine extrem gewölbte (deeply curved) Leinwand. Die drei Bilder wurden an den Rändern ineinander geblendet, um zu einem einzelnes Panorama-Bild mit einem 146 Grad-Blickwinkel zu verschmelzen, so dass der Zuschauer das Gefühl hatte, „mitten im Bild“ zu sein. In den späten 1940ern wurde das System Vertretern der großen Studios vorgeführt; sie waren beeindruckt, hielten es aber im allgemeinen Theaterbetrieb für nicht praktizierbar. Unerschrocken entwickelte Waller sein Verfahren weiter. Eine Leinwand aus 1100 vertikalen Streifen wurde konstruiert, jede so ausgerichtet, dass auf der extrem gewölbten Leinwand keine unerwünschten Reflexionen zustande kommen konnten.

Tonmeister Hazard E. Reeves machte sich an die Aufgabe, ein Soundsystem zu entwickeln, das dem Realismus des Bildes entsprach. Sein mehrfach gerichteter „CineramaSound“ wurde aufgenommen und abgespielt, indem ein eigener 35mm Magnet-Film verzahnt mit den drei Filmen fürs Bild synchron lief. Dieser Soundfilm enthielt sechs Einzelspuren, fünf davon wurden über Lautsprecher hinter der Leinwand geleitet, die sechste zu anderen Lautsprechern, die im Kinosaal verteilt waren. Später wurden die Spuren auf sieben erhöht für einen gerichteten „Surround Sound“ Effekt. Als 1950 Eastmancolor aufkam, wurde das System farbig und nach weiteren Demonstrationen fanden sich Unterstützer außerhalb der Filmindustrie. Dazu gehörte Michael Todd, ein Theater-Impresario, der das richtige Maß an Showman-Qualitäten für das Cinerama-Spektakel hatte.

Er machte damit weiter, dass er überwachte, wie 11 der 13 Sequenzen gefilmt wurden, die zum ersten Cinerama-Film zusammengefügt wurden. Cinerama debütierte in der Öffentlichkeit am 30.September 1952 am Broadway Theater in New York. Die erste Produktion „This is Cinerama“ fing mit einigen kurzen Ausschnitten von Filmen vor Cinerama an und dann, mit einer Fanfare, erweiterte sich die Leinwand zu ihrer vollen Größe von 65 x 25 Fuß und das Publikum wurde auf die berühmte Achterbahn-Fahrt geschickt. Das Gefühl überwältigte sie: Cinerama war ein sofortiger Erfolg und in Kürze wurden andere Theater in den wichtigsten amerikanischen Städten so ausgerüstet, dass sie es zeigen konnten. Dieser Erfolg fiel zeitlich zusammen mit einem allgemeinen Zuschauerschwund im Kino; man blieb lieber zu Hause und sah „umsonst“ fern.
 
 

3D and CinemaScope

 
Die Filmgesellschaften sahen mit Neid auf die gefüllten Cinerama Häuser und beschlossen, Publikum zurückzugewinnen, indem sie ihre eigenen schlummernden „Attraktionen“ wiederbelebten. Die erste war Dual-Film 3-D; ehe die Zuschauer genug davon hatten, durch polarisierte Brillen zu linsen, waren über 60 stereoskope Filme allein im Jahr 1953 produziert worden. Nach diesem kurzen Anflug von Popularität wurde 3-D wieder beiseite geräumt und stattdessen einfach Aussehen und Größe der Leinwand verändert. Als erstes kam die Twentieth Century Fox aus den Startlöchern mit „CinemaScope“, ihrem neuen „modernen Wunder das man ohne Brille sehen kann“. Da diese Aussage viele Menschen verwirrte, die eine Brille trugen, musste sie geändert werden zu „ohne Spezialbrille“. Trotz der früheren Arbeit des Studios mit Breitfilm hatte man Henri Chretiens „Hypergonar“ anamorphoser lens adaptiert, die 1930 von Hollywood übergangen worden waren. Sein Gerät „stauchte“ optisch ein breites Bild der Länge nach um den Faktor zwei, so dass es auf ein Standard 35mm-Bild passte. Während der Projektion wurde dieses komprimierte Bild in seinen ursprünglichen Proportionen wiederhergestellt, indem ein ähnlicher anamorphotischer Vorsatz verwendet wurde. Fox brachte das „anamorphic“ System auf einen neuen Stand, indem stereophoner Ton auf den Print zugefügt wurde, aufgenommen auf vier Magnetstreifen. Dafür wurde Platz geschaffen, indem man die Größe der Führungslöcher verringerte und damit so viel Platz wie möglich für das komprimierte Bild ließ. Drei Tonspuren gingen zu den Lautsprechern hinter der Leinwand, die vierte zu einer Anzahl von „surround sound“ oder „ambient“ Effekte-Lautsprechern rund um den Zuschauersaal. Projiziert hatte die CinemaScope Leinwand ein Bildseitenverhältnis von 2,55:1, während die „alte“ Version l,37:1 war. Das System wurde der US-Branche im ersten Halbjahr 1953 vorgestellt. Den Theaterbesitzern gefiel es, wenn auch nur weil weiterhin 35mm Film verwendet wurde und es leicht an ihre vorhandene Ausrüstung angepasst werden konnte. Ermutigt durch die Ankündigung der Fox, alle künftigen Produktionen in CinemaScope zu filmen und durch die Nachricht, dass andere Studios, darunter MGM und Disney, es nutzen wollten, hatten beinahe 1500 Theater in den USA die notwendige Ausrüstung installiert, ehe der erste CinemaScope Film der Öffentlichkeit vorgestellt werden sollte. Auf den britischen Messen, die im Juni 1953 im Odeon an der Tottenham Court Road stattfanden, wurde dem System der gleiche enthusiastische Empfang bereitet. Einige Kinobesitzer hießen die Panorama Leinwand willkommen, hielten die zusätzlichen Ausgaben für den obligatorischen Stereoton allerdings nicht für gerechtfertigt.

Die Rank Organisation war einer der wichtigsten Gegner und zerstritt sich binnen kurzem darüber mit Fox. Die Folge war, dass Filme der Fox einige Jahre lang nicht in Odeon-Filmhäusern zu sehen waren. Von Beginn an veröffentlichten die anderen Studios ihre CinemaScope Produktionen mit wählbarem Magnet- oder Lichtton. Nach einigen Monaten lockerte auch Fox seine strikte Nur-Magnetton-Linie und bot den Kinobesitzern Prints mit gewöhnlichem einspurigem Lichtton mit Standardperforation (single optical track on stock with standard perforations) als Option an. Dadurch wurde das ursprüngliche Bildseitenverhältnis von 2,55:1 auf 2,35:l verringert. Twentieth Century-Fox entschied, dass der erste CinemaScope-Film das Bibel-Epos „The Robe“ sein sollte, dessen Dreharbeiten nach sechs Wochen gestoppt worden waren, um in CinemaScope mit einer der Original-Linsen von Henri Chretien von 1930 noch einmal neu zu starten. (Die Standardformat-Version war ebenfalls abgeschlossen.) „The Robe“ startete im September und fand große Zustimmung. Die Zuschauer mochten den „neuen Look“ der Leinwand; das grobkörnigere Bild, unvermeidbares Resultat, weil das frühe Eastmancolor-Verfahren bis an die Grenzen „gestretcht“ wurde, fiel ihnen nicht so sehr auf. Henri Chretien besuchte die Premiere von „The Robe“ und erhielt später mit anderen Technikern der Fox einen „Oscar“. Leider verstarb er 1956, aber er sah noch, wie sich sein Verfahren, das wir heute noch kennen, wenn auch unter vielen verschiedenen Handelsnamen, schnell weltweit durchsetzte.

Noch ein einfacheres „Verfahren“, das schon in Gebrauch war, ehe CinemaScope kam, war, die Öffnung des Projektors abzudecken, um die Form einer Breitwand zu erreichen. Das dadurch kleinere Bild wurde dann auf eine breitere Wand vergrößert, indem eine Optik mit kürzerer Brennweite und stärkerer Vergrößerung benutzt wurde.
 
 

VistaVision

 
Paramount, das einzige Studio, das nicht irgendeine Art des anamorphotischen Verfahrens nutzte, wählte diese maskierte Methode und führte in einem Versuch, das Problem der Körnigkeit zu lösen, sein VistaVision Reduktions-System ein. Die Größe des Original-Negativs wurde erhöht, indem der Standard 35mm-Film seitlich in der Kamera geführt wurde. Da das Film-Positiv immer feinkörniger ist, wurde jedes extra Detail, das auf dem „large-area“ Negativ aufgenommen wurde, zurückgewonnen im final standard reduction print. Das bedeutete eine Verbesserung, aber bald wurde klar, dass man, wenn man ein wirklich helles Bild auf einer sehr breiten Leinwand haben wollte, ein größeres Projektionsformat brauchte. Der erste Versuch in Sachen „large-area“ Projektion kam auch von Paramount, die Kontaktabzüge von ihren VistaVision Negativen herstellten, die auf speziellen 35mm horizontal laufenden Projektoren gezeigt werden sollten. Die Century Projector Corp. baute in aller Eile ein Paar dieser Maschinen, um die Premiere des ersten VistaVision-Films „White Christmas“ in der Radio City Music Hall in New York mit einem horizontalen Print zu ermöglichen. Der Film startete am 14. Oktober 1954 und wurde auf einer 60 x 32 Fuß großen Leinwand gezeigt.

Die Projektoren wurden in solcher Eile zusammengebaut (2 ½ Wochen), um fristgerecht fertig zu werden, dass keine Zeit blieb, um den Tonkopf zu vervollständigen. Der Ton kam von einem Standard reduction print, der auf den normalen Projektoren des Theaters lief und mit den VistaVision Maschinen interlocked wurde. Obwohl das VistaVision-Verfahren eine Standard-Lichttonspur verwendete, wurde suggeriert, dass die Qualität, die man von den horizontal laufenden Prints bekäme, die mit doppelter Geschwindigkeit liefen, mindestens so gut wie die neuen Magnet-Methoden, wenn nicht besser, wären. Horizontale Projektion wurde in England im nächsten Jahr im Juni 1955 gezeigt, als ein Paar Century horizontale Projektoren im Plaza am Piccadilly Circus in London installiert wurden,um Paramounts „Strategic Air Command“ auf einer 43 x 23 Fuß großen Leinwand zu zeigen. Selbst als auf 35mm reduzierter Print produzierte das VistaVision-Verfahren ein Leinwandbild von großer Klarheit, vergleichen mit den zeitgleichen, über-vergrößerten und verschlechterten Bildern von CinemaScope und normalen „masked frame“ Methoden. Ein zeitgenössischer Berichterstatter kündigte VistaVision als „high-fidelity des Films“ an und diese Beschreibung wurde dem Paramount Eröffnungslogo beigefügt. Da VistaVision die Richtung anzeigte, dauerte es nicht lange, ehe das Reduktionsprinzip angewendet wurde, um bessere CinemaScope-Prints herzustellen. Fox selbst konstruierte eine Kamera, die 4x55mm, die ein CinemaScope „gestauchtes“ Bild aufnahm, das viermal größer war als üblich, auf 55mm-Film. Dieses Original-Negativ wurde verwendet, um bessere 35mm-Reduction-Prints der „super“ Produktion der Studios zu machen. Als die „large-area“ 55mm-Projektion angekündigt wurde, wurde vorgeschlagen, Prints auch für die Vorführung auf sehr breiten Leinwänden aufzubereiten.
 
 

Das Todd-AO Verfahren

 
Das aktuelle 70mm Format wurde als Todd-AO-Verfahren eingeführt und war als erstes in Amerika zu sehen bei „Oklahoma!“, das 1955 erfolgreich gezeigt wurde. Während Michael Todd an „This Is Cinerama“ arbeitete, gelangte er zu der Auffassung, dass es einen leichteren Weg geben müsse, um den selben „Rundum“-Effekt (wrap-around) zu erreichen, indem man nur einen Projektor und einen einzelnen Filmstreifen benutzte. Als der Erfolg von Cinerama feststand, verkaufte er seinen Anteil an der Firma und zog sich im März 1953 zurück. Im Anschluss tat er sich mit neuen Geschäftspartnern zusammen um „Magna“ zu gründen, eine Kinokette und Filmproduktionsgesellschaft. Mike Todd hatte Dr. Brian O'Brien von der American Optical Company laut „Life“ Magazin seine Idee eines neuen Breitwand-Systems mit den Worten: „Doktor, ich will von Ihnen etwas gemacht haben, wo alles aus dem gleichen Loch herauskommt.“ Das Resultat war das Breitfilm-Verfahren Todd-AO (wide-film process Todd-AO). Todd-AO entstand aus der Zusammenarbeit zwischen dem Produzenten Michael Todd and der American Optical Company. Es war als vereinfachte Version von Cinerama vorgesehen. Das Ziel war, den gleichen Effekt, das Miterleben des Publikums, zu erreichen wie mithilfe der large deeply curved screen und mit dem Stereo-Ton, aber indem man nur einen doppelt breiten Film verwendete anstelle der vier synchronisierten 35mm-Streifen, die man für das komplizierte Dreifach-Projektoren-System von Cinerama brauchte.

Obwohl Todd-AO es niemals wirklich schaffte, dem Effekt von Cinerama gleichzukommen, so erwies es sich doch als das bei weitem praktikablere Verfahren für konventionelle Spielfilme. Um die Entwicklungsarbeit an Todd-AO ohne Verzögerung aufnehmen zu können, erwarb die American Optical Company eine Anzahl Breitfilm-Kameras, die ursprünglich für ein fehlgeschlagenes Farbverfahren namens Thomascolor gedacht waren, welches seine Schwarz-Weiss-Trenn-Negative zusammen auf einem einzelnen large-area frame auf 65mm-Film aufnahm. Die Kameras wurden von der Mitchell Camera Company umgerüstet. Mit einem Abstand von 53mm zwischen den Perforationen, ergab sich dadurch ein Bildfeld 2 1/2x so groß wie das eines 35mm CinemaScope Bilds. Ein Set von vier Kameralinsen wurde hergestellt, jede eingeteilt entsprechend dem horizontalen Blickwinkel. Sie bewegten sich von 37 Grad für Großaufnahmen bis zu einem ultraweiten 128 Grad „Bug-Eye“ Linse für Panorama-Aufnahmen. Die Bildrate wurde vom Standard 24 Bilder pro Sekunde auf 30 Bilder erhöht, um Flimmern auf den größeren und klareren Leinwänden zu verhindern, die für Todd-AO-Präsentationen vorgesehen waren. (Aus dem gleichen Grund benutzte Cinerama mehr, nämlich 26 Bilder pro Sekunde.)In Kürze erschienen Meldungen über Todd-AO in der Fachpresse. Zu einer Zeit, als viele andere neue Verfahren angekündigt wurden, verursachten sie keine allzu große Aufregung. Die Todd-AO Corporation stellte außerdem klar, dass es, wie Cinerama, ausschließlich ein Road-Show-System war, das in speziell ausgestatteten Theatern gezeigt würde, die für diesen Zweck gemietet waren. Allerdings gewann das System binnen kurzem an Wichtigkeit, als verkündet wurde, dass Rodgers und Hammerstein so beeindruckt von Todd-AO waren, dass sie einen Millionenvertrag abgeschlossen hatten, um ihr Musical „Oklahoma!“ verfilmen zu lassen. Mitchell arbeitete an den 65mm-Kameras und die American Optical Company beauftragte die Firma Philips in den Niederlanden damit, Todd-AO Projektoren zu entwerfen und zu konstruieren mit einer Anfangsbestellung über 50 Apparate. Das endgültige Projektionsformat musste nun ausgearbeitet werden.

Der stereophone Ton sollte auf Magnetspuren sein, die auf dem Print plaziert wurden, genau wie bei CinemaScope. Um dafür Platz zu schaffen, wurde die Breite des Kopiermaterials auf 70mm erweitert und gab damit zusätzlichen Raum außerhalb der Perforationen. Sechs Spuren sollten aufgenommen werden, jeweils zwei auf den breiteren Streifen außerhalb der Perforationen und eine auf jeder der zwei engeren Streifen, die knapp innerhalb der Perforationsreihe platziert waren, was das Bild auf eine Weite von 48 mm reduzierte. Die schließliche Öffnung des Projektors war nun 48 x 22 mm mit einem Bildseitenverhältnis von 2,2:1. Teil der ursprünglichen Anweisung von Michael Todd an die American Optical Company war, dass die Sitzplatzkapazität in den Filmtheatern, die für Todd-AO ausgerüstet wurden, nicht kleiner werden sollte. Das hieß, dass die Projektoren in den vorhandenen Projektionsräumen installiert werden mussten. Das stellte ein Problem dar, da viele hoch oben, am hinteren Ende des Balkons, lagen. Bereits wenn konventionelle Filme mit einem extremen Winkel nach unten projiziert wurden, gab es den bekannten „keystone“-Effekt. Wenn auf eine extrem gebogene Leinwand projiziert wurde, mussten die Verzerrungen untragbar werden. Um dagegen anzukämpfen, erarbeitete Brian O'Brien ein Verzerrungen korrigierendes printing Verfahren, das das Bild auf dem Filmstreifen verzerrte, um die Verzerrungen, die die Leinwand verursachte, auszugleichen. „Magna“ begann mit der Verfilmung von „Oklahoma!“ im Juli 1954 in den Studios von MGM, die Außenaufnahmen entstanden in Arizona.

Da die Projektoren von Philips noch nicht da waren, mussten die „rushes“ auf den alten Ernemann 65mm-Maschinen gesichtet werden, die 1930 gebaut wurden während der ersten Versuche, ein Breitwandverfahren einzuführen. „Oklahoma!“ wurde außerdem gleichzeitig auch mit einer normalen 35mm CinemaScope-Kamera aufgenommen. Damit wollte man die Investition schützen und einen Print zur allgemeinen Veröffentlichung bereitstellen, der von der Twentieth Century-Fox nach den ursprünglichen Todd-AO-Vorführungen vertrieben werden sollte. Diese Version läuft mittlerweile im Fernsehen. Nach einer Reihe von Verzögerungen und Berichten von technischen Problemen wurde „Oklahoma!“ schließlich am 13. Oktober 1955 im Rivoli Theater in New York gezeigt, das inzwischen ausgestattet war mit einer 27 x 63 Fuß großen Leinwand, die sich in der Mitte zu einer Tiefe von 13 Fuß krümmte. Der Film selbst wurde als populärer Hit beurteilt, das Todd-AO-System erhielt allerdings gemischte Kritiken mit starker Antipathie wegen der gekrümmten horizontalen Linien. Dieser Kommentar überraschte viele der Techniker, die die früheren Probeläufe bei MGM gesehen hatten und die Abweichung nicht als so störend empfunden hatten. In Wirklichkeit hatte es die American Optical Company nicht geschafft, rechtzeitig für die Premiere einen richtig „kompensierten“ Print zu liefern - und die Premiere konnte nicht wieder verschoben werden. Als Grund für die Verspätung wurden Schwierigkeiten genannt, die aufgetreten waren, während die endgültige Version des Spezialprinters gebaut wurde, und weil andere unglückliche Zufälle, darunter eine Überflutung der Fabrik, hinzukamen. Der Print, der gezeigt wurde, war ein frühes Beispiel dafür, wie ungeeignet eine Printing-Technik mit einem „korrigierten“ Bild für die steile Projektion im Rivoli war. Obwohl eine neue perfektere Kopie versprochen wurde, hatte die Spezialkopierung nun ihre Glaubwürdigkeit verloren, daher musste der Projektionsraum verlegt werden, um so die Verwendung einer normalen „Kontakt“-Kopie zu ermöglichen.

Das sollte zu einem Standart für alle zukünftigen Todd-AO-Installationen werden, was dazu führte, dass die vor-verzerrten Prints von „Oklahoma!“, „The Miracle of Todd-AO“ und „Around the World in 80 Days“ niemals wieder verwendet wurden. Der stereophone Ton für die frühen Vorführungen wurde von einem 35mm Sechs-Spur-Magnetfilm auf einem separaten Gerät abgespielt und mit dem 70mm Projektor verzahnt. Selbst mit einem normalen Projektionswinkel brachte die tiefe Krümmung der Leinwand eine gewisse Verzerrung mit sich und die linsenförmige (lenticular) Oberfläche war nicht so erfolgreich wie Cineramas Streifenleinwand darin, Gegenreflexionen (cross-reflections) zu reduzieren. Viele Projektions-Experten stellten die Nützlichkeit dieses Leinwandtyps infrage, der ein ansonsten perfektes System mit Makeln versah. Es wurde argumentiert, dass Todd-AO genauso effektiv wäre, wenn es auf einer sehr großen flachen oder nur leicht gekrümmten Leinwand gezeigt würde. Nichtsdestotrotz wollte die Todd-AO Corporation weiterhin mit Cinerama konkurrieren; im Mai 1956 wurde ein Kurzfilm mit dem Titel „The Miracle of Todd-AO“ ins Programm genommen, der viele der spektakulärsten Momente von „This Is Cinerama“ neu zeigte, unter anderem die berühmte Achterbahn-Sequenz.

Diese frühen 70mm Filme liefen mit einer Geschwindigkeit von 30 Bildern pro Sekunde und ihre überlegenen Leinwandbilder lagen ebenso am breiteren 65mm Film in der Kamera. 65mm Negativ hat identische Ausmaße wie der endgültige 70mm Print, außer, dass die Prints auf jeder Seite zusätzliche 2,5mm außerhalb der Perforationen haben, um die Magnetstreifen besser aufnehmen zu können. Diese tragen den 6-Spur-Stereo Ton, mit fünf Lautsprechern hinter der Leinwand und einem Kanal für den Surround Klang. Die 70mm Prints zur Vorführung waren immer ausnahmslos Magnetton ohne die Möglichkeit einer Lichtton-Version. 70mm Film erhielt einen weiteren Aufschwung, als der zweite Todd-AO Spielfilm, „Around the World in 80 Days“ (1956), ein noch größerer Publikumserfolg wurde. Mike Todd produzierte den zweiten Todd-AO Film selbst, die starbesetzte „Around the World in 80 Days“. Wieder wurde eine Kopie für die allgemeine Veröffentlichung gebraucht, aber diesmal war geplant, einen direkt vom 65mm Print auf 35mm reduzierten Print zu verwenden. Nur, dass das Original-Negativ weiterhin mit 30 Bildern pro Sekunde aufgenommen wurde für die 70mm Todd-AO-Kopie. Obwohl man theoretisch daraus 24 Bilder pro Sekunde machen konnte, indem man in einem „skip printer“ jedes fünfte Bild übersprang und damit eliminierte, erwies sich diese Methode, als sie getestet wurde, als unbefriedigend. Das Problem war ungelöst, die Dreharbeiten sollten beginnen, da verkündete Michael Todd, dass zwei 65mm Negative aufgenommen werden sollten, eines mit 30 Bildern pro Sekunde, das andere mit 24. Bewerkstelligt wurde die Sache, indem entweder zwei Kameras zeitgleich liefen, oder, indem man die Aktion wiederholte, nachdem man die Kamerageschwindigkeit geändert hatte.

Der Regisseur Michael Anderson bemerkte einmal, dass diese Prozedur in zwei Versionen des Films resultierte mit leicht unterschiedlichem Kamerastandpunkt und leicht unterschiedlicher Darstellung. „Around the World in 80 Days“ wurde an der Kinokasse ein noch größerer Erfolg als „Oklahoma!“ und das 70mm-Format hatte auf seinem Weg zum Erfolg wieder einen großen Schritt nach vorne gemacht. Nach „Around the World in 80 Days“ sollte das Todd-AO-Verfahren einige technische Änderungen durchlaufen. Bis 1958 war das 65mm/70mm Format als ein Industrie-Standard akzeptiert. Dabei half, dass Projektoren für zwei Größen, 35 und 70mm, gängig waren. Mittlerweile waren Kameralinsen mit ultra-weitem Winkel und die tief gekrümmte Leinwand weniger wichtig; schließlich hatte man jeden Versuch aufgegeben, die weit gekrümmten Leinwände, die die Verzerrung verursacht hatten, nachzuahmen. Trotz der nachgewiesenen Vorteile musste die Bildrate auf den Standard, also auf 24 Bilder pro Sekunde, reduziert werden, um das reduction printing auf 35mm zu erleichtern und um auszuschließen, dass verschiedene Filmversionen nötig waren.
 
 

Der Todd-AO Projektor

 
Ein Aspekt des Todd-AO Systems, der allgemeinen Beifall fand, war der Philips 70mm Projektor. Modell EL4000 oder DP70, wie er genannt wurde, war eine wahrhaft beeindruckende Maschine; sie konnte in wenigen Augenblicken umgestellt werden und normale 35mm Filme in allen verschiedenen Bild- und Tonformaten zeigen. Mit ihrem System von kombinierten Zahnrollen und austauschbaren Bildbahnen, sollte sie beweisen, dass sie bei der künftige Akzeptanz des 70mm-Films eine Schlüsselrolle spielte. Nach den ersten exklusiven Vereinbarungen mit Todd-AO wurde der Philips DP70 allgemein erhältlich; in Amerika wurde er als Norelco AA11 bekannt.

1962 erhielt er den Academy Award in Anerkennung seiner bahnbrechenden Konstruktion. Mit dem Philips DP70 als Beispiel vor Augen, begannen andere Hersteller von Projektoren, ähnliche Mehrzweck-Maschinen zu entwerfen und zu bauen. Während man auf ihre Ankunft wartete, wurden einige vorhandene 35mm-Hochleistungs-Projektoren wie der Simplex-XL und der Friesecke-Hoepfner für 70mm-Filme abgewandelt. Die ersten speziell angefertigten Projektoren auf dem Markt waren unter anderem die Bauer U2 (in den USA als National 70 bekannt), der Cinemeccanica „Victoria X“ and das Century JJ. 35mm/70mm Modell. Leider gab es niemals von Briten konstruierte 70mm-Projektoren. GB-Kalee gehörte zur Rank Organisation, die, nachdem sie über die Einführung von CinemaScope mit der Fox im Streit lag, VistaVision verwendete. Deswegen verwendete Kalee viel Zeit und Mühe darauf, einen 35mm „Horizontal“-Projektor zu bauen. Obwohl dies eine ausgeklügelte und gut erdachte Maschine war, war sie nie ein praktikabler Vorschlag, da sie nicht konvertiert werden konnte, um konventionelle, vertikal laufende Filme zu zeigen. Paramount selbst verfolgte niemals diese Form der Projektion. Die ersten Kalees wurden rechtzeitig fertig gestellt, um „The Battle of River Plate“ (1956) horizontal im Odeon am Leicester Square in London zu zeigen. Zuletzt wurden die Projektoren 1957 eingesetzt, um Probeläufe des „horizontalen“ Technirama zu zeigen. Es gab einmal Gerüchte, Kalee habe einen Prototyp 35mm/70mm Universal-Projektor gebaut, basierend auf ihrem „21“ 35mm Modell, aber davon war niemals etwas zu sehen. Schließlich wurde GB-Kalee der erste britische Vertrieb des italienischen Cinemeccanica „Victoria X“ Projektors. Einige Westar 70mm-Projektoren wurden in Großbritannien gebaut, aber das waren Western Electric-Versionen der American Centurys.
 
 

CinemaScope 55

 
In der Zwischenzeit entwickelte die Fox weiterhin ihr CinemaScope-55-System und begann ihre erste Produktion zu filmen, ein weiteres Rodgers & Hammerstein Musical, „Carousel“. Das 55mm-Breitfilm-Printformat war endgültig festgelegt. Das im Original acht-Perforations-hohe „komprimierte“ Bild auf dem 55mm-Negariv wurde während der Print-Herstellung auf ein kleineres Sechs-Perforations-Bild reduziert und schaffte damit Platz auf dem 55mm-Print für die Tonspuren. Die zwei Perforationsreihen (kleinerer CinemaScope-Typ) wurden von den Rändern des Films nach innen verlegt, was erlaubte, dass mehrfache Magnetstreifen zugefügt wurden, ähnlich angeordnet wie bei den 70mm. Zwölf Paar 55mm-Projektoren wurden von der Century Projector Corp. bestellt, um damit ihre wichtigsten Theater auszustatten.

Als der dritte Todd-AO Film, „South Pacific“, veröffentlicht wurde, starb Michael Todd bei einem Flugzeugabsturz. Zu diesem Zeitpunkt erhielt CinemaScope-55 ebenfalls den Todesstoß. Twentieth Century-Fox erwarb Magna und damit einen Anteil an und eine Kontrollmöglichkeit der Todd-AO Corporation. Das Studio entschied, sein eigenes Breitfilmsystem auszusetzen und in Zukunft Todd-AO zu verwenden. 1961 wurde „The King and I“, der einzige weitere Film, der in CinemaScope-55 entstand, neu herausgegeben auf 70mm-Film unter Verwendung des alten Handelsnamens Fox Grandeur, den man zuletzt 1930 auf der Leinwand gelesen hatte. Trotz des Ablebens von CinemaScope-55 blieb Todd-AO noch ein früher Rivale.
 
 

Panavision tritt auf

 
Was die Fotografie betraf, begannen andere rivalisierende 65mm/70mm-Systeme aufzutauchen. Panavisions Super Panavision 70 Verfahren war mit Todd-AO identisch. Eine Zeitlang (bis 1966) bot man auch eine anamorphic version an. Zunächst als MGM Camera 65 and dann als Ultra Panavision 70 bekannt, war sie für ein größeres Bildseitenverhältnis von 2,77:1 ausgelegt anstatt der für 70mm üblichen 2,2:1, das durch Verwendung konventioneller spherischer Optiken entstand. 1955 sprach MGM Robert E. Gottschalk, den Gründer der Panavision Inc, auf eine Zusammenarbeit in der Entwicklung eines Breitwand-Verfahrens für MGM an. Zu dieser Zeit war Panavision erfolgreicher Hersteller von anamorphotischen Vorsätzen für Projektoren , aber es gab bereits Pläne, in Richtung der fotografischen Seite der Industrie zu expandieren. Zwei Systeme wurden entwickelt, eines war eine Anzahl anamorphotischer Kameralinsen, um die 35mm CinemaScope-Filme der Studios zu fotografieren, das andere ein Breitfilm-Verfahren für die „Super“-Produktionen.

Letzteres erwies sich als Variante von Todd-AO, mit dem gleichen 65mm-Negativ und mit Mitchell Kameras, aber es verwendete anamorphotische Linsen mit dem niedrigen Komprimierungsfaktor von xl.25. Dies erhöhte das Bildseitenverhältnis des Bilds auf dem Negativ auf 2,85:1. Als es zum ersten Mal angekündigt wurde als das „Camera
65“ Verfahren, „Fenster zur Welt“(„Window of the World“), erklärte MGM; es sei ein reines „Kameraverfahren“ und nur dafür gedacht, das 65mm-Negativ zu verwenden, um hochwertigere reduction prints in der Art von CinemaScope zu erhalten und nicht „um die Industrie mit einem weiteren Filmformat zu verwirren.“

Wie versprochen, wurde die erste Camera-65-Produktion, „Raintree County“, in Form eines 35mm reduction Print veröffentlicht, den man aus dem 65mm Negativ extrahiert hatte. Diese Politik könnte aber auch darauf zurückzuführen sein, dass alle verfügbaren 70mm-Häuser dazu verpflichtet waren, Todd-AO-Filme zu zeigen. Als der zweite Camera-65-Film, „Ben-Hur“ (1959), fertig zur Veröffentlichung war, konnte man ihn in „road-show“-Form zeigen und verwendete dafür gestauchte 70mm Prints. Wurde er durch die passende anamorphotische Linse projiziert, produzierte die ein Bild mit einem Bildseitenverhältnis von 2,75:1. In der Folge wurden beide Panavision Systeme anderen Studios angeboten. Die 35mm Panavision anamorphotischen Linsen wurden das am meisten verbreitete Breitwand-System der 1960er und 1970er. Das anamorphotische Breitfilm-Verfahren sollte besser bekannt werden unter dem Namen Ultra Panavision-70. Die Gesellschaft stattete 65mm Kameras auch mit normalen spherical Linsen aus und kreirte damit ein drittes System, das mit Todd-AO identisch war und anfangs als Panavision 70 bezeichnet wurde. Nachdem die 20th Century-Fox Todd-AO übernommen hatte und nachdem das Panavision Breitfilm-System erhältlich war, schien das 70mm Printformat etabliert zu sein. Selbst als konservativ verschriene Kinobesitzer zogen jetzt eine 70mm Großwand-Projektion in Erwägung, um die Einnahmen in den größeren Großstadthäusern anzukurbeln. Die Möglichkeit eines Projektors für zwei Filmgrößen machte 70mm außerdem zum tragfähigen Vorschlag. Ebenfalls stark interessiert waren die Besitzer der amerikanischen „Drive-ins“, die in dem großen 70mm Bild eine Möglichkeit sahen, die Bildqualität auf ihren riesigen, aber zu schlecht beleuchteten Leinwänden zu verbessern.
 
 

70mm in Europa

 
Da es keine Möglichkeiten gab, 70mm in Großbritannien oder im restlichen Europa zu projizieren, wurden von den ersten beiden Todd-AO-Filme 35mm Prints gezeigt. „Oklahoma!“ wurde in der CinemaScope Version veröffentlicht und „Around the World in 80 Days“ auf einem reduction print, der kompatibel mit CinemaScope war.

Für einige Termine der europäischen Roadshow von „Around the World in 80 Days“ wurde ein spezielles Präsentationssystem namens „Cinestage“ entwickelt. Ein 35mm reduction Print wurde vom Original 65mm Negativ (24 BpS) hergestellt, indem nicht der Standard-, sondern ein Stauchungs- („squeeze“) Faktor von xl.56 verwendet wurde, der rein rechnerisch die ganze ursprüngliche Bildinformation enthalten sollte. Wenn er durch den passenden anamorphotischen Aufsatz projiziert wurde, ergab sich ein Bildseitenverhältnis von 2,2:1, also so wie bei einem 70mm Print. Um die beste Bild- und Tonqualität zu erhalten, wurde das gestauchte („squeezed“) Bild auf die volle Breite zwischen den kleinen CinemaScope-artigen Perforationen erweitert und der Ton wurde von einem separaten Sechs-Spur-Magnetfilm dazugespielt. Wie bei den üblichen 70mm stereophonen Tonsystemen wurden fünf Kanäle in die Leinwand-Lautsprechern eingespeist und der sechste in die Lautsprecher im Zuschauersaal. Für „Cinestage“ erhielt der Surround-Kanal einen gerichteten Effekt, indem man drei nicht hörbare Kontrolltöne (25, 30 und 35 hz) zugab. Der Level dieser Signal kontrollierte die Lautstärke dreier separater Verstärker- und Lautsprecher-Systeme. Dies war eine Adaption von „Perspecta Sound“, einem gerichteten Tonsystem (directional sound system), das Paramount und MGM eingeführt hatten; es verwendete ähnliche Kontrolltöne (30, 35 and 40 hz) und wurde mit der normalen Mono-Lichttonspur aufgenommen, um die offensichtliche Tonquelle zwischen drei Lautsprecher hinter der Leinwand bewegen zu können. „Around the World in 80 Days“ lief zwei Jahre lang im Astoria an der Charing Cross Road in London und verwendete das „Cinestage“ System. Normalerweise wäre diese ausgedehnte Laufzeit wegen der „britischen Quoten“-Verordnung („British Quota“) nicht möglich gewesen, daher wurde ein Millimeter der rechten Seite des Prints weggeschnitten, somit entstand eine neue „Substandard“-Größe. Dieser Trick verhinderte, dass die Verordnung griff, denn sie war nur auf Filme der „Standard“ 35mm Breite anwendbar. Die Beamten müssen von dieser Situation etwas überfordert gewesen sein, sie besuchten das Theater einige Male während der Laufzeit des Films und überprüften, ob nach wie vor der 34mm Print in Benutzung war. Todd-AO und 70mm Projektion waren in Europa erstmals bei der Photokina 1956 in Köln zu sehen.

70mm erreichte Großbritannien 1958, 18 Monate später, als Todd-AO im Dominion an der Tottenham Court Road in London und im Gaumont Cinema in Manchester installiert wurde. Beide Lichtspielhäuser waren für den dritten Todd-AO Film, „South Pacific“, mit Philips DP70s ausgestattet. Der Erfolg war, dass der Film im Dominion vier Jahre später immer noch lief. (Als „Überstandard“ war der 70mm Film ebenfalls von den „britischen Quoten“ ausgenommen.) Bis Anfang der 1960er war 70mm-Projektion in den meisten West End Theatern in London und in den Großstädten im ganzen Land installiert. Vielen galt diese Zeit als die Blüte der 70mm, die Ära der historischen Epen mit großem Budget und der üppig ausgestatteten Musicals, unter anderem „West Side Story“, „Cleopatra“, „The Sound of Music“, „Lawrence of Arabia“ und „The Fall of the Roman Empire“. Dabei war die tatsächliche Anzahl der 70mm Kopien immer relativ gering, für jede Produktion wurden immer nur ein halbes Dutzend Prints erstellt. Die Magnetstreifenprints waren sehr teuer, der Ton musste einzeln aufgenommen und in Echtzeit geprüft werden. Sie waren kosteneffektiv, da sie auf der sogenannten „Road-Show“-Basis gezeigt wurden, bei der 70mm Filme viele Monate lang an einigen wenigen Premierentheatern liefen, ehe sie, auf 35mm reduziert, allgemein veröffentlicht wurden.

Nachdem 70mm Projektoren allgemein erhältlich waren, waren bis Mitte 1959 in den USA mehr als 72 davon installiert und weitere 90 weltweit. Mit diesem Aufschwung kam die Befürchtung, die Versorgung mit 70mm Filmen könne damit nicht Schritt halten. Die Gemüter wurden beruhigt mit Neuigkeiten über die nächsten Produktionen. 20th Century-Fox versprach „Porgy and Bess“, „Can Can“ and „Cleopatra“. Ebenfalls in Arbeit war Michael Todd Jr.s „Scent of Mystery“ (in der berühmten Smell-O- Vision) and John Waynes „The Alamo“.

In Panavision 70 war als erstes „The Big Fisherman“ zu sehen, gefolgt von „Exodus“ und der „West Side Story“. In Ultra Panavision 70 war „Innocents Abroad“ und das MGM-Remake der „Mutiny on the Bounty“ im Kommen.

70mm breitete sich schnell im Osten aus, als die Russen mit Sovscope-70 herauskamen, das auch Todd-AO-kompatibel war. Da sie alle ihre Ausrüstung ganz von vorne aufbauen mussten, wurde entschieden, die gleiche 70mm Breite in der Kamera zu verwenden, um den Lagerbestand und den Maschinenablauf zu vereinfachen. Die erste 70mm Produktion war „The Story of Flaming Years“ und die berühmteste ihre acht-Stunden-Version von „War and Peace“. Es gab ein deutsches 65mm/70mm System, MCS-70 Superpanorama, und ein ostdeutsches 70mm/70mm Format, DEFA 70.
 
 

Technirama

 
Großbritanniens Beitrag zur Breitwand-Ära der 1950er war Technirama. Entwickelt wurde es von Technicolor Ltd, London, es fügte eine xl.5 anamorphotische Linse zu der VistaVision Kamera und produzierte damit ein Bild mit einem endgültigen Bildseitenverhältnis, das geeigneter war um CinemaScope-artige reduction prints zu erstellen. Für sein erstes „Road-Show“ Projektionsformat entschied Technirama, Kontaktabzüge zu benützen, die auf VistaVision Horizontal-Projektoren liefen, die mit der passenden anamorphotischen Linse ausgestattet waren. Der erste Technirama Film, „The Monte Carlo Story“, hatte im Dezember 1956 in Turin Premiere, nutzte diese Methode und wurde auf einer 68 x 28 Fuß großen Leinwand gezeigt. 1958 eröffnete Technicolor in London Einrichtungen für 65mm/70mm processing und printing und fügte der Bandbreite an Formaten, die von ihren Technirama Großbild-Negativen erhältlich waren, die Möglichkeit von 70mm Prints hinzu. Um die Nachfrage nach dem 70mm Produkt befriedigen zu können, fing man an, Prints von Filmen, die ursprünglich auf 35mm aufgenommen waren, zu vergrößern. Die ersten davon wurden von Technicolors Technirama Negativen erstellt.

Sie hatten größere Bilder auf horizontal laufendem 35mm Film als normal. Dies erwies sich als ideale Alternative zu 65mm. Die Bildhöhe entsprach bereits der von 70mm, deswegen war es nur nötig, die xl.5-Stauchung zu korrigieren, um einen Print zu produzieren, der mit Todd-AO kompatibel war. Zu den ersten Filmen, die diese Super Technirama 70 genannte Behandlung erfuhren, gehörte „Solomon and Sheba“ und der Disney-Animationsfilm „Sleeping Beauty“ (beide 1959). Andere folgten, darunter „Spartacus“ und „Barabbas“. Das neue Super Technirama 70 System war besonders bei europäischen Produzenten wie Samuel Bronston populär, der es für die meisten seiner Epen nutzte, unter anderem „King of Kings“, „El Cid“ (1961), „55 Days at Peking“ und „The Magnificent Showman“ (Aka „Circus World“). Die Qualität der 70mm Prints war beinahe so gut wie die, die man von 65mm Negativen erhielt und werden oft in die selbe Kategorie, „richtige 70mm“, gezählt.
 
 

Feinkorn Negativ

 
Im Jahr 1959 führte Eastman Kodak sein neues Eastmancolor Negativ 5250 (Eastmancolor negative stock type 5250) mit einer viel feinkörnigeren Struktur ein. Das führte zum Ende von VistaVision. Da ein reduction printing nun viel weniger sinnvoll erschien, waren die Extrakosten des doppelt so großen Negativs (double-frame negative) nicht mehr gerechtfertigt und Paramount wechselte 1960 zu Panavision. Der letzte VistaVision-Film, Marlon Brandos „One Eyed Jacks“, erschien schließlich 1961 ohne das wohlbekannte Eröffnungs-Logo. Dieser schön aufgenommene Western war ein angemessener Nachruf für ein Verfahren, das zwar nicht das spektakulärste, aber eine der besseren Leistungen der 1950er-Breitwand-Ära war. Das VistaVision Epos „The Ten Commandments“ (1956) wurde später auf 70mm neu herausgebracht.

 
 

Das Ende von Cinerama

 
Was passierte mit Cinerama, das System, mit dem 1952 alles angefangen hatte? Zehn Jahre lang blieb es eine einzigartige visuelle Erfahrung. Es gab schließlich 11 feste Installationen in den USA und in Kanada und 30 weitere weltweit, die erste davon in London, als 1954 „This Is Cinerama“ im Casino Theater (heute das Prince Edward) startete. Es hatte eine Laufzeit von 18 Monaten, als nächstes kam „Cinerama Holiday“ und danach viele andere, alle Variationen desselben Themas Reisebericht. Der Filmtyp blieb derselbe, die Technologie blieb dieselbe. Verbesserungen wurden versprochen, aber die berüchtigten Fugen blieben immer mehr oder weniger sichtbar. Selten stimmten Farbe oder Dichte der nebeneinander liegenden Filmbilder überein. Das schien die Zuschauer nicht allzu sehr zu stören, für viele regelmäßige Besucher war es Teil des Vergnügens, die Anstrengungen der Kameraleute zu beobachten, die Trennlinien unter Bäumen oder Telegraphenmasten zu verstecken. Erste Anzeichen, dass sich dies änderte, gab es 1959, als MGM mit Cinerama eine Vereinbarung traf über erste Spielfilme im Drei-Streifen-Verfahren. Der erste davon sollte „How the West Was Won“ sein und wie andere konventionelle Spielfilme sollte er die üblichen „special effects“ wie travelling mattes und Rückprojektion verwenden. Bei Gebrauch einer drei-Linsen-Kamera war dies schwierig zu filmen, wenn nicht unmöglich. Es war geplant, diese Szenen mit einer Ultra Panavision 65mm Kamera aufzunehmen und dann, unter Verwendung eines Spezialprinters, das eine Bild auf drei separate Filme aufzuteilen und sie alle im original Cinerama 3-Streifen-Filmmaterial zu verwenden. Diese dreifach-Printing-Technik sparte auch Geld ein, als man sie nutzte, um Bürgerkriegsszenen aus „Raintree County“ (Camera 65) sowie Szenen mit marschierenden Soldaten aus „The Alamo“ (Todd-AO) „auszuleihen“. Der Printer wurde schließlich „umgekehrt“ verwendet, um 70mm und 35mm CinemaScope-Versionen für den allgemeinen Verleih zu produzieren. „How the West Was Won“ und „The Wonderful World of the Brothers Grimm“ danach waren die letzten 3-Streifen-Filme. Beide waren Erfolge, aber Cinerama wusste, dass es sich für ein Überleben auf lange Sicht in ein einfacheres Ein-Streifen-Verfahren entwickeln musste. Wieder einmal machte man Gebrauch vom Ultra Panavision 70 System. Damit das neue System funktionierte, musste man sich wieder einmal dem Problem stellen, wie man ein flaches rechteckiges Bild auf einer deeply curved Leinwand ohne Verzerrungen zeigt, die die frühen Todd-AO-Vorführungen beeinträchtigt hatten. Glücklicherweise sorgten alle existierenden Cinerama-Aufbauten für beinahe waagrechte (near level) Projektion. Eine Weitwinkel-Projektorlinse wurde mit einem gekrümmten Brennpunkt gebaut. Dies hielt das Bild auf der konkaven Leinwand in scharfem Fokus, aber an den Seiten der Leinwand gab es noch einige Überdehnungen. Um dies zu kompensieren, wurde das Bild auf dem 70mm Print während der optischen printing Phase „korrigiert“, um die lineare Stauchung, die die Kameralinse produzierte, mit einer nicht-linearen zu ersetzen mit einem Kompressionsfakter, der an den Seiten des Bilds größer war. In der Theorie korrigierte sich dies auf der gekrümmten Leinwand von selbst.

Der erste gezeigte Film, der das neue Einzellinsen-Cinerama verwendete, war „It's a Mad, Mad, Mad, Mad World“ (1963), gefolgt von „The Greatest Story Ever Told“, „The Battle of the Bulge“ und „The Hallelujah Trail“. Der Super Technirama 70 Film „The Magnificent Showman“ wurde ebenfalls von Technicolor „korrigiert“, um in Cinerama gezeigt werden zu können. Das ursprüngliche 3-Streifen-Verfahren hielt sich noch eine Weile in einigen Cinerama-Theatern, die nochmals „This Is Cinerama“ und andere „Best of“-artige Kompilationen zeigten. Für kurze Zeit, während der frühen 1960er, war das ursprüngliche 3-Streifen-Cinerama in Frankreich und England als Itinerama unterwegs und wurde in einem verdunkelten Zelt im „Big Top“-Stil gezeigt. Auch wenn das Verfahren mit der einzelnen Linse auf der original Cinerama Streifen-Leinwand gezeigt wurde, konnte es niemals den selben Effekt des „Dabeiseins“ erreichen wie das beständige 146-Grad-Blickfeld der drei-Linsen-Kamera. Falls man die weiteste Linse von Ultra Panavision 70 nahm, deckte sie gerade mal 90 Grad ab! Das Verfahren war einfach eine Methode, konventionelle Spielfilme auf einer tief gekrümmten Leinwand zu zeigen. Nachdem 1966 „Khartoum“ gezeigt worden war (der letzte Film in Ultra Panavision 70), erforderte die Suche nach einem Produkt einen weiteren Wechsel in der Projektionsanordnung. Die Krümmung der Leinwand wurde reduziert, um normale „flache“ 70mm Prints zeigen zu können. Jetzt waren in Cinerama zu sehen: „Grand Prix“, „Ice Station Zebra“, „2001: A Space Odyssey“, „Krakatoa East of Java“ und „Song of Norway“.
 
 

Dimension 150

 
Cinerama erhielt 1964 einen Rivalen in Form von Dimension 150, „Der neuen Dimension von Kinofilmen“ („The New Dimension of Motion Pictures“).

Wie das frühere Einzellinsen-Cinerama stellte auch D-150 manchmal „korrigierte“ 70mm Prints bereit, die die Verzerrung reduzierten, die für das Publikum an den Seiten des Zuschauersaals ansonsten offensichtlich war. Dimension 150 bot Filmemachern auch ein 65mm-Aufnahmesystem mit einem Set von kugelförmigen spherischen Linsen an, unter anderem einem extremen horizontalen Blickwinkel von 150 Grad. Sie wurden für zwei Spielfilme benutzt: Für „The Bible...In the Beginning“, für „Patton: Lust for Glory“, außerdem bei dem Kurzfilm-Projekt „Harmony, Nature and Man“. Es gab bei den deep curvature-Systemen einen Nachteil, der offenbar wurde, sobald 70mm Filme zu sehen waren, die ursprünglich nicht dafür gemacht waren: der Verlust an Bildinformation, der daher rührte, dass versucht wurde, das Bild auf eine Leinwand einzupassen, die, wenn man sie frontal sah, die bekannte „Schmetterlingsform“ hat. Sowohl die Einzellinsen-Cinerama als auch die D-150 Projektorlinsen hatten eine eingebaute Verzerrung, die für eine bessere Passform sorgte, aber man musste nach wie vor eine gebogene Bildmaske verwenden, die sich oben und unten am Bild einbog, damit das entstehende Bild nicht auf der Mitte der Leinwand überschoss.
 
 

Blow-Up von 35mm auf 70mm

 
Diese verbesserte Kamerageneration machte den Weg frei dafür, 70mm Prints von 35mm-Negativen zu erstellen. Panavision konstruierte 1962 eine Printerlinse, um es zu ermöglichen, ihre Panavision 70 Prints auch durch Vergrößerung von 35mm Panavision (oder vom CinemaScope-Typ) anamorphotischen Negativen herzustellen. Das Ergebnis erwies sich als äußerst zufriedenstellend, vor allem, wenn das Original Kamera-Negativ verwendet wurde. 1963 kam dann die erste „Vergrößerung“. Dieses Verfahren ermöglichte viel mehr Filmen die zusätzliche Möglichkeit einer 70mm Auswertung; frühe Blow-Ups waren unter anderem „Bye Bye Birdie“ (1963), „The Cardinal“ (1963) und „Becket“ (1964). Der Wechsel des Bildseitenverhältnisses von 2,35:1 auf 2,2:1 bei 70mm bedeutet, dass ein wenig des Originalfilms an den Seiten verloren ging, aber dies hielt man für nicht weiter schlimm. Diese frühen 70mm-Vergrößerungen waren oft sehr gut, eine relativ kleine Anzahl an Prints wurde von den Original Kamera-Negativen optisch hergestellt. Inzwischen gab es für eine wachsende Zahl von 70mm Theatern, Ende 1964 waren es 1100, eine reichliche Versorgung mit dem Produkt. 70mm gab es sogar auf See, als nämlich 1962 die Passagiere der SS France eine Filmpremiere mit zwei Philips DP70 zu sehen bekamen. Während der frühen Jahre blieben 70mm-Vorführungen eine Atrraktion der Großstadt, ein „Vorzeigeprojekt“. Mitte der 1960er allerdings hatten viele Provinzkinos 70mm in ihre Vorführmöglichkeiten aufgenommen. Dazu ermutigt wurden sie von den Projektor-Herstellern, die mittlerweile Maschinen anboten, die „ohne alles“ nur für 35mm angeboten wurden, aber leicht für 70mm konvertiert werden konnten, indem man die notwendigen Zusätze zu einem späteren Zeitpunkt kaufte. Trotz der wachsenden Zahl von „Vergrößerungen“ konnte deren Bildqualität niemals das eines „echten“ 70mm-Films erreichen, so dass das ursprüngliche 65mm-Kamerasystem weiterhin benutzt wurde. Panavisions „spherical“ System, mittlerweile „Super“ Panavision 70 genannt, sorgte für die superben Bilder bei „Lawrence of Arabia“ (Kamera: Freddie Young), „Cheyenne Autumn“, „My Fair Lady“, „Lord Jim“ und „Chitty Chitty Bang Bang“. Todd-AO erreichte das gleiche für „The Agony and the Ecstasy“, „The Sound of Music“ und für „Those Magnificent Men in their Flying Machines“. „The Fall of the Roman Empire“ benutzte das anamorphotische Ultra Panavision 70 System, das den Kinobesitzern die Option eines „flachen“, ungestauchten (unsqueezed) 70mm-Prints (2.2:1) bot, der ohne spezielle anamorphotische Linsen projiziert werden konnte. Für viele Lichtspielhäuser hatte es sich als schwierig erwiesen, eine Leinwand für ein Bildseitenverhältnis von 2,75:1 zu beherbergen.

Die überlegene Position von 65mm blieb bis zur Veröffentlichung des 70mm-Prints von „Doctor Zhivago“ 1965 unangefochten. Dieser Film war auf 35mm Panavision aufgenommen worden - in den Augen vieler Produzenten lag die Qualität des vergrößerten Prints so dicht an der von 65mm Negativen, dass ihnen die zusätzlichen Kosten des größeren Negativs nicht mehr gerechtfertigt vorkamen. Andere teilten diese Ansicht nicht, aber ab da ging es mit der Verwendung des 65mm-Negativs bergab. Dasselbe galt für das andere Breitbild (large-area)-Negativ-System, Technirama, das 1967, nach der Veröffentlichung von „Custer of the West“ als erstes in der Versenkung verschwand. Allerdings wurde das Verfahren 1985 noch einmal zum Leben erweckt für den Disney-Animations-Film „The Black Cauldron“. In den späten 1960ern zahlten sich die zusätzlichen Kosten für die Verwendung von 65mm-Negative an der Kinokasse nicht mehr aus. Viele 70mm-Vorführungen waren „Vergrößerungen“ von 35mm Filmen, darunter „The Professionals“, „Funny Girl“, „Oliver“, „Where Eagles Dare“ and „The Wild Bunch“, während die bessere Bildqualität von 65mm-Negativen nicht die Möglichkeit eines finanziellen Disasters - wie bei „Doctor Dolittle“ und „STAR!“ - ausschloss. Deswegen führte der Erfolg an der Kinokasse vieler dieser Blow-Ups zu einem Rückgang bei der Verwendung von 65mm-Negativen. Außerdem gab es künstlerische Beschränkungen, die die größeren 65mm-Kameras mit sich brachten, da sie mehr intensives Licht benötigten, um eine ausreichende Tiefenschärfe zu erreichen, sobald sie die längeren Brennweiten für das größere Format benutzten. Die Weitwinkel-Kameras wurden schließlich 1970 ausgemustert, zumindest, was die allgemeine Verwendung betraf. Zu den letzten Super Panavision 70 Filmen zählen „MacKenna´s Gold“ und „Ryan´s Daughter“. Todd-AO verabschiedete sich mit „Hello, Dolly!“, „Airport“ und „The Last Valley“. Die Todd-AO Company schaffte es, im Breitwand-Geschäft zu bleiben, indem sie eine Reihe von anamorphotischen Linsen für 35mm-Aufnahmen unter dem Namen Todd-AO 35 liefert. Einige Filme, die Todd-AO 35 Linsen verwenden, wurden auf 70mm ausgewertet, beispielsweise „Logan´s Run“, „Flash Gordon“ und „Dune“. Manchmal wurde der Teil mit der „35“ im „Filmed in Todd-AO“-Nachweis weggelassen, was eine Rückkehr zum 65mm Negativ anzeigen könnte, aber tatsächlich wurde auf 35mm gefilmt und auf 70mm vergrößert. Zwei der späteren „special effects“-Filme, Disneys „Tron“ (1982) and Douglas Trumbulls „Brainstorm“ (1983), benutzten beide durchgehend 65mm-Negative, aber es erscheint unwahrscheinlich, dass 65mm jemals wieder in größerem Ausmaß für die allgemeine Filmherstellung genutzt wird.

Die 35mm-Kamera-Technologie ist über die Jahre vorangeschritten und Filmcrews, die die neuen kompakten Panaflex- und Arriflex-Modelle gewöhnt sind, würden die Rückkehr der sperrigen und schweren 65mm-Kameras nicht willkommen heißen. Ein paar kleinere und leichtere 65mm-Kameras wurden als Handkameras und für Szenen subjektiver Kamera gebaut, aber die verstummten Studiomodelle blieben „eindrucksvoll“ groß. Viele Laboratorien, darunter Technicolor, bieten weiterhin einen kompletten 70mm-Printing Service an, haben aber ihre 65mm-Kamera-Negativ-Entwicklungs-Einrichtungen (65mm camera negative processing facilities) geschlossen. Nur MGM in Amerika entwickelt weiterhin 65mm Negative, die sich mittlerweile auf special effects beschränken und auf eine wachsende Anzahl von Spezialformaten wie Imax und Showscan. In den 1980ern war 65mm-Kameramaterial nur auf Bestellung erhältlich und konnte nur in den MGM-Laboratorien in Amerika entwickelt werden.

Technicolor in London stellte alle Dienstleistungen für 70mm Printing bereit und konnte Prints von allen Original Negativ-Typen herstellen einschließlich 65mm und Technirama. Da das Schwergewicht jetzt auf Vergrößerungen von kleineren Bildfelder lag, folgte eine weitere Art des „blow-up“ Printing, und zwar in Folge des umstrittenen Beschlusses von MGM, für die sechste Wiederveröffentlichung von „Gone With The Wind“ 1967 eine neue 70mm Version zu erstellen. Ob diese Unternehmung ein künstlerischer Erfolg war, ist Ansichtssache, technisch gesehen war es auf jeden Fall eine Leistung. Jeder einzelne Einstellung musste genauestens neu beschnitten und neu zusammengefügt werden, eine vertikale Abtast-Technik wurde verwendet, um das ursprüngliche Bildseitenverhältnis von l,37:1 auf das 70mm-Bildseitenverhältnis von 2,2:1 zu bringen, wodurch beinahe die Hälfte des Bildes verloren ging. Ein paar andere Klassiker aus der Zeit vor Breitwandformaten wurden dem selben 70mm-Modernisierungsverfahren unterworfen, „The Jolson Story“ and „Julius Caesar“ (in eingefärbtem Schwarz-Weiss).

70mm Prints wurden inzwischen von allen möglichen 35mm Negativen erstellt und sogar von 16mm wie 1972 beim „Concert for Bangladesh“. Binnen kurzem wurde diese Methode verwandt, um 70mm Prints neuerer Titel, die nicht anamorphotisch aufgenommen waren, zu erstellen. Da diese bereits mit einem Bildausschnitt, der für die maskierte Breitwand-Projektion für ein Bildseitenverhältnis von bis zu 1,85:1 komponiert worden, gefilmt worden waren, war die Notwendigkeit für ein re-framing reduziert oder es konnte sogar ganz weggelassen werden. Ein frühes Beispiel für das Ergebnis war „The Dirty Dozen“ (1967). Das vertikale Abtasten (scanning) erwies sich als teure Prozedur, insofern wurden die meisten Print-Ups einfach auf 2,2:1 beschnitten. Einige Produktionen überstanden den Wechsel des Bildseitenverhältnisses einigermaßen gut, beispielsweise „Man of La Mancha“, andere aber litten, was das Bildgestaltung betraf, zum Beispiel „Rollerball“. Bald wollten Regisseure eine „blow-up“-Option nur mehr in Erwägung ziehen, wenn das Bildseitenverhältnis des 70mm-Prints dem entsprach, was für die Original 35mm-Version vorgesehen war, üblicherweise 1,85:1. Um dem vorzubeugen, wurde die Printer-Vergrößerung soweit reduziert, dass es bei dem original Bildseitenverhältnis des Films während der Phase der optical Vergrößerung blieb. Dadurch entstand ein nicht dem Standard entsprechender 70mm Print, bei dem das Bild nicht mehr die volle Breite in Anspruch nahm, wodurch (bei einem Bildseitenverhältnis von 1,85:1) leere Stellen auf beiden Seiten des Bildes entstanden; wenn ein anamorphotisches 35mm Format das komplette Bildseitenverhältnis von 2,35:1 beibehalten sollte, entstanden breitere frame lines, so bei „The Deer Hunter“ und „Year of the Dragon“. Spätere 70mm Wieder-Aufführungen von alten Klassikern wie „Fantasia“ haben ein kleineres 4:3 Bild, das in der Mitte liegt. Die Vorführung eines 70mm Films kann ziemlich kompliziert sein, vor allem, wenn die Position des Leinwand-Kashes eingestellt werden muss. Erste Vorführungen dieser Nicht-Standard 1,85:1 70mm Prints schufen ein neues Audio-Problem, sobald die Abmaskierung des Bildes auf der Leinwand nach innen bewegt wurde, um der neuen Breite des Bildes zu entsprechen. Das äußere Lautsprecherpaar hinter der Leinwand war teilweise überdeckt, was den Pegel und den Charakter des Tons änderte. In den betroffenen Theatern musste der schwarze Abdeckstoff des Kashes durch einen leichteren Typus mit geringerer Tonabsorbierung ersetzt werden. Die Dämpfung liegt mittlerweile bei ungefähr ½ dB und wird nicht mehr als problematisch angesehen.
 
 

Bedrohtes 70mm

 
Die erste Bedrohung für die Aufführung von 70mm erschien in den 1970ern. Gigantische Lichtspielhäuser mit ihren riesigen curved Leinwänden waren eine Erscheinung der 1960er. Die meisten verschwanden während des Versuchs, diese Theater in glamouröse Komplexe mit vielfacher Leinwandanzahl umzuwandeln, zuerst, indem die vorhandenen „Groß-Leinwand“-Theater verdoppelt oder verdreifacht wurden, danach entstanden von Grund auf neue Multiplex-Häuser. Sehr oft behielt der wichtigste Saal, die „Nummer Eins“, eine 70mm-Projektion, aber die Leinwand war meistens nur wenig größer als die für 35mm. Auch wenn oft behauptet wird, die Leinwandgröße sei nur eine Frage des Maßstabs, nämlich in Relation zu der Größe des Zuschauersaals, begann damit viel von der visuellen Kraft der 70mm verlorenzugehen. Traurigerweise verschwanden sowieso viele der besten 70mm-Einrichtungen während der Umwandlung der größeren Theater in „automatisierte“ Komplexe mit vielen Leinwänden. Manchmal wurden die universellen 35mm/70mm-Projektoren im „ersten“ Saal beibehalten, aber als die zugehörigen „Tower“ or „Platter“-Systeme mit langen Laufzeiten erstmals eingeführt wurden, waren sie nur für 35mm-Filme ausgelegt. Das bedeutete, dass 70mm-Filme auf verschiedenen Spulen laufen mussten, und selbst falls noch zwei Projektoren vorhanden waren, konnte der Vorführer nicht immer die ganze Zeit bei den Apparaten sein, um den Spulwechsel durchzuführen. Es kam vor, dass ein Verleiher einen 70mm-Print hatte erstellen lassen, um dann festzustellen, dass er in dem speziellen Theater nicht laufen konnte. Ein Beispiel dafür war „Superman“, der als 35mm-Print Premiere hatte, obwohl eine 70mm-Kopie vorhanden und vor Ort war. Dieser Nachteil wurde schnell erkannt und inzwischen sind die Tellersysteme, die einen kompletten Film aufnehmen, kompatibel für beide Filmgrößen erhältlich.
 
 

70mm-Boom

 
Die späten 1970er und 1980er sollten eine wahre Blütezeit für 70mm werden, die Anzahl der 70mm-Theater stieg, vor allem in Amerika und wuchs von ein paar in den wichtigsten Städten zu beinahe 1500 in den 1980ern. Anstelle von Vorführungen im road-show-Stil gab es nun das Modell der gleichzeitigen landesweiten Veröffentlichung, das die Publicity und den „Hype“ der Erstaufführung am besten nutzen konnte. Mit dem Erfolg von Filmen wie „Star Wars“, „Close Encounters of the third Kind“ and „Apocalypse Now“ wurden große Prints gebraucht. Es gab einen riesigen Anstieg, was die Anzahl der 70mm-Prints betraf, die v.a. in den USA in Umlauf waren. Beispielsweise wurden von „Indiana Jones and the Temple of Doom“ 243 70mm-Prints gemacht, von „Brainstom“ 169, von „Return of the Jedi“ 164 und von „Alien“ 151. Um diese Anzahl an 70mm-Prints liefern zu können, musste ein vergrößertes 65mm-Internegativ von dem 35mm-Kameraoriginal erstellt werden und die Prints wurden unter Verwendung von Hochgeschwindigkeits-65/70mm continous contact Printern massenproduziert. Man musste sie individuell mit Magnettonspuren versehen, die dann wiederum mit dem Filmton bespielt wurden. Aber der Preis eines 70mm- release print, der einstmals 14mal höher lag als der für eine entsprechende 35mm optical copy, kostete jetzt nur noch ein Drittel davon, dank dieser large print runs. Zum Glück fanden es die Verleiher lohnend, ihre wichtigsten Filme auf 70mm zu veröffentlichen. Die Kinobesitzer bedienten ebenfalls weiterhin ihre 70mm-Anlagen, trotz der hohen Kosten für Ersatzteile und Unterhalt.

 
 

Die verlorene Hoheit von 70mm

 
Viele Kinobesucher haben noch nie einen „richtigen“ 70mm-Film gesehen. Außer, wenn man in eine BKSTS Fantastic Format Show gerät oder in Bradford´s Pictureville Cinema, gibt es dafür wenig Gelegenheiten.

Man hat die Revivals und Restaurierungen früherer 70mm-Epen erlebt. Von „Oklahoma!“ wurde 1983 ein Reprint gemacht, der, auch wenn der Film auf frühem Farbnegativ-Material gemacht wurde, sehr wohl bewies, dass er, was die Bildqualität betrifft, moderne Vergrößerungen stehen lassen kann. David Leans „director's cut“ von „Lawrence of Arabia“ hatte eine erfolgreiche 70mm-Kino-Auswertung, für die großartige Kopien von den original 65mm-Negativen gemacht wurden. Die Rückkehr von „Spartacus“ auf 70mm, ebenfalls mit zusätzlichem Filmmaterial, war schwieriger, weil die meisten seiner Technirama-Negative verblasst waren. Die neuen 70mm-Prints mussten von protection B&W color separation master Positiven hergestellt werden, mit Umweg über ein neugeschaffenes 65mm-Duplikat-Farbnegativ. Die resultierende Bildqualität war zwar beeindruckend, konnte es aber nicht ganz mit den Technicolor Original-Prints aufnehmen, die in den 1960ern direkt vom Kameranegativ erstellt worden waren. Die jüngste Restaurierung war der digital bearbeitete „My Fair Lady“, der auf 70mm nach wie vor herrlich aussieht. Da der Hauptgrund für die meisten dieser Restaurierung die Veröffentlichung auf DVD ist, werden einige nur auf 35mm für die Kinoauswertung zugänglich gemacht, ohne dass das heutige Publikum die Chance hätte, Filme wie „Cleopatra“ und „El Cid“ je wieder auf 70mm zu erleben.
 
 

Das Premieren-Format

 
Die Aktivitäten im „special venue“-Bereich ermutigte die Hersteller Panavision, Arriflex und Todd-AO, neue kompakte, auf dem neuesten Stand der Technik befindliche 65mm-Kameras herzustellen, von denen viele gleichermaßen für Kinofilme geeignet sind. Laboratorien wie Technicolor in London haben die Entwicklung von 65mm-Negativen wieder aufleben lassen in ihren 70mm-printing facilities, die mittlerweile auch Imax umfassen. In den letzten Jahren hat dies zu Berichten geführt, wonach es einige Produzenten, darunter Steven Spielberg, in Erwägung zögen, wieder 65mm-Kameras zu verwenden. Schließlich erreichten nur wenige neue Filme, die auf 65mm-Negativ gedreht wurden, tatsächlich die Leinwand. Ron Howards "Far and Away" (1992) war einer davon, aber das machte sich an der Kinokasse nicht bezahlt. 70mm-Enthusiasten erwarteten den Kinostart mit großer Vorfreude, um zu sehen, was das neueste an Filmmaterial [stock] und Linsen zu bieten hatte. Leider waren viele enttäuscht, dass die farblich oft nicht gesättigten [de-saturated] und diffusen „Zeit“bilder des Films die höhere Auflösung des Verfahrens nicht voll nutzten. Bemerkenswerte Ergebnisse gab es bei „Baraka“ (1993) zu sehen, aber dieser abendfüllende, nicht-narrative Film hatte nur einen begrenzten Start, sowie bei "Hamlet" (1996). Bernardo Bertoluccis „Little Buddha“ (1994) vermischte Original-35mm und qualitativ höherwertiges 65mm-Material aus Gründen des dramatischen Effekts: die Flashback-Sequenzen wurden lebendiger. Wie bei den anderen neueren 70mm-Produktionen ist es unwahrscheinlich, dass der durchschnittliche Zuschauer einen großen Unterschied bemerkt hat, vor allem, wenn er den Film nur in Form eines 35mm-Reproduktionsprints sah. Selbst in den wenigen 70mm-Aufführungen waren die Leinwände oft nicht größer als für 35mm und der Unterschied war nicht groß genug, um das Publikum zu beeindrucken und sich mit der zusätzlichen Auflösung ins beste Licht zu rücken. Eine 70mm-Aufführung galt immer als besonderes Ereignis. Die meisten Lichtspielhäuser hatten zu dieser Zeit einen großen einzelnen Zuschauerraum und projizierten ihre 70mm-Filme auf eine merklich größere Leinwand als die, die normalerweise für 35mm verwendet wurde.

Fast 50 Jahre lang ist 70mm das Premieren-Projektionsformat des Kinos geblieben, und obwohl die Bildqualität je nach Negativtyp variiert, bietet es nach wie vor auch dem heutigen Publikum die bestmögliche Vorführung. Die einzige Zukunft, die das 70mm-Kinoformat heute hat, ist die Rückkehr zum ursprünglichen Konzept: zur Verwendung von 65mm Kameras, und es gilt, das 70mm-Verfahren als das echte Hochauflösungsverfahren des Kinos zu bewerben und die Filme bei jeder sich bietenden Gelegenheit auf einer viel größeren Leinwand zu zeigen: am besten von Wand zu Wand und vom Boden bis zur Decke. Das Großbild mit seiner superben Auflösung, der Stereo-Magnetton, all das half dabei, das Publikum in die Handlung auf der Leinwand hineinzuziehen. Zum Glück sind einige 70mm-Häuser darauf bedacht, ihre 70mm-Projektoren zu behalten und zu pflegen, bis vielleicht eines Tages „digital“ ein alter Hut ist und wir über der Abendkasse wieder „In 70mm“ lesen.
 
 
 
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Updated 28-07-24