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1930 Realife
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1952 Cinerama
1953 CinemaScope
1953 Panavison
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1955 Todd-AO
1955 Circle Vision 360
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1957 Ultra Panavision 70
1958 Cinemiracle
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1959 Super Technirama 70
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1961 Sovscope 70
1962
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1962 MCS-70
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1963 Circlorama
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Traumreisen auf breitem Filmband: Das M.C.S.-70-Verfahren

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The 70mm Newsletter
Written by: Christian Appelt, Germany Date: 04.01.2009

Kapitel 1: Weite Welt im Triptychon

 
Special MCS 70 camera for MGM made by Jan Jacobsen. Image Gerhard Fromm Collection

Am Anfang steht das dreistreifige Cinerama-Verfahren, das seit "This is CINERAMA" 1952 das Kinopublikum mit spektakulären Panoramaaufnahmen aus aller Welt beeindruckt. Die tiefenscharfe, detaillierte und blickfüllende 146-Grad-Projektion und der frequenzreiche siebenkanalige Magnetton erzeugen ein intensiveres Filmerlebnis als das bisherige »Guckkastenformat« des 1:1,37-Normalbildes. Sämtliche Formate, die in den folgenden Jahren auf Filmemacher, Kinobesitzer und Publikum losgelassen werden, versuchen mehr oder weniger, den immersiven Effekt von Cinerama zu imitieren, ohne jedoch auf die dreistreifige Aufnahme und Vorführung zurückzugreifen. CinemaScope, 1953 eingeführt, ist das »Cinerama des kleinen Mannes« auf Basis der vorhandenen 35-mm-Technik, obwohl auch hier Investitionen in neue Bildwände, Tontechnik und Anpassungen der bestehenden Produktionsmethoden nötig waren.

Während der gesamten 1950er Jahre entstehen neue Cinerama-»Travelogues«, die auch weltweit ihr Publikum finden. Verhandlungen mit Studios und Produzenten über Spielfilme im Dreistreifenformat ziehen sich allerdings bis 1961 hin, als MGM endlich grünes Licht für die Produktion der Spielfilme "The Wonderful World of the Brothers Grimm" (1962) und "How the West Was Won" (1962) gibt.
 
More in 70mm reading:

MCS 70 - Superpanorama films

The M.C.S.-70 Process and European Cinema of the 1960s

MCS 70 Field Camera

The Work of Jan Jacobsen

Robert Gaffney, cinematographer

Notes about the filming of "Motion" and "Sky over Holland"

Bob Gaffney, "Motion", "Sky over Holland"

Conversations with Olivier Brunet, "Fanny's Wedding"

"The making of" Tanakh Bibelen al-Quran


Internet link:

First published in Todd-AO festival program, October 2008

Bundesarchiv


 
MCS 70 field camera. Image Gerhard Fromm Collection

Das 1955 vorgestellte Todd-AO-System kann zwar den »Anwesenheitseffekt« von Cinerama nicht vollständig bieten, hat aber den Vorteil der einfacheren Aufnahme und Wiedergabe, so wie es Mike Todd mit seinem Schlagwort „»Cinerama out of one hole« von den Entwicklern verlangt hat. Ein kompletter Umbau des Kinosaals für die tiefgewölbte Cineramabildwand entfällt, statt personalintensiver dreifacher Projektortechnik genügte der von Philips für das Todd-AO-Format entwickelte »DP70«-Universalprojektor, der zu allen existierenden Bild- und Tonverfahren auf Basis des 35-mm-Filmstreifens abwärtskompatibel ist. Im Systemwirrwarr der 1950er ist das für die Kinobesitzer ein starkes Argument, und so etablierte sich 70mm innerhalb weniger Jahre als Premium-Format in der Kinolandschaft.

Der einzige Versuch, Cinerama auf dem eigenen technischen Feld Konkurrenz zu machen, findet 1957 statt, als die Kinokette National Theatres Inc. gemeinsam mit der Smith-Dietrich Co. ein ebenfalls mit drei Filmstreifen arbeitendes Panoramaverfahren vorstellt, das auf den Namen Cinemiracle getauft wird. Mehrere technische Verbesserungen sollen die sichtbaren Trennlinien zwischen den einzelnen Segmenten des dreiteiligen Panoramabildes weniger störend erscheinen lassen, als es bei Cinerama der Fall ist.

Der erste und einzige in Cinemiracle gedrehte Film ist "Windjammer", natürlich ein »Travelogue«, produziert von Louis de Rochemont III., der bereits "Cinerama Holiday" (1955) und den Kurzfilm "The Miracle of Todd-AO" (1956) produziert hat. Regie führt sein Sohn, Louis de Rochemont III. Nach "Windjammer" wird Cinemiracle von Cinerama Inc. aufgekauft, die Dreistreifenproduktion endet nach "How the West Was Won" mit der Umstellung auf 70-mm-basierte einstreifige Verfahren wie Ultra Panavision, Todd-AO oder Super Panavision, Die beeindruckende Tiefenwirkung und den Cinerama-eigenen »participation effect« gibt man zugunsten traditioneller Gestaltungsmittel und besserer Kompatibiltät mit der marktüblichen 35-mm-auf.

Interessanterweise dauert es trotz des großen Erfolges recht lange, bis Cinerama-Filme in Deutschland zu sehen sind. "This is Cinerama" (1952) wird erst sieben Jahre nach der US-Premiere, nämlich am 29. April 1959 im Berliner »Capitol«l-Theater, uraufgeführt. Die Cinemiracle-Produktion "Windjammer" läuft hierzulande bereits seit dem 15.7.1958 (Premiere im Münchner »Royal-Palast«). Und hier beginnt auch die eigentliche M.C.S.-Story – mit einer Meldung aus dem Branchenblatt »Film-Echo/Filmwoche«:
 
 
»Für die Auswertung der Cinemiracle-Filme in Deutschland ist die Fa. Modern Cinema Systems K.G. (M.C.S.-Film K.G.), München 13, Türkenstr. 89, gegründet worden, die auch die leihweise Überlassung der Apparatur für den ›Royal-Filmpalast‹, München, vermittelte, der damit als erstes deutsches Lichtspieltheater eine Cinemiracle-Anlage erhielt, nachdem in das gleiche Theater bereits vorher die erste Todd-AO-Anlage in Deutschland eingebaut worden war.«
 
 
MCS 70 field camera and Heinz Hölscher. Image Heinz Höelscher Collection

Im deutschen Presseheft tritt die Firma als »M.C.S-Filmverleih« auf. Die deutsche Auswertung von "Windjammer" erweist sich als großer Erfolg, allein in Berlin sehen in den ersten 30 Wochen über 400.000 Besucher den Film, in Essen über 370.000.
 
 

Kapitel 2: Der Erfinder

 
Jan Jacobsen in his work  shop. Image Gerhard Fromm  Collection

Anfang der 1960er Jahre haben sich nach einem Jahrzehnt dramatischer filmtechnischen Entwicklung die Wogen ein wenig geglättet. Neben dem international genormten anamorphotischen Scope (1: 2,35) und den Kasch-Breitbildformaten (1:1,66 und 1:1,85) wird weiterhin das klassische »Academy«-Format 1:1,37 genutzt, und nur die Amerikaner drehen ausgewählte Großfilme in Todd-AO oder Super Panavision.

Zu dieser Zeit wird der Kinomarkt für europäische Produktionen enger, die nur im eigenen Land bzw. Sprachraum auswertbar sind, und viele Produzenten sehen Koproduktionen als einzigen Ausweg, bei denen Stargagen und Produktionsetats auf mehrere Länder und Produktionsfirmen aufgeteilt werden. Das 70-mm-Format mit seinem äußerst scharfen und detailreichen Bild bietet sich als ideales Medium für weltweit vermarktbare Stoffe mit beeindruckenden Schauwerten an. Allerdings gibt es keine eigene europäische 65/70-mm-Technik, es stehen nur amerikanische Kamerasysteme zur Verfügung, deren hohe Leihmieten und Lizenzgebühren europäische Produzenten nicht bezahlen wollen oder können. Lediglich Technirama, ein auf Vistavision basierendes Verfahren mit querlaufendem 35-mm-Film, hat sich in Europa als hochwertiges Großformatsystem etablieren können. Bei der Entwicklung und Kopienfertigung bleibt der Produzent gleichwohl an die Technicolor-Kopierwerke in Rom oder London gebunden.

Der europäische Film tritt gewissermaßen die Flucht nach vorn an, man will herauskommen aus der zersplitterten nationalen Produktion und hinein in die Arena der multinationalen Großproduktionen, um dem dominanten US-Kino wieder etwas entgegenzusetzen. Es gibt also einen Bedarf an einer europäischen 65/70mm-Aufnahmetechnik, die wiedergabeseitig mit dem eingeführten Todd-AO kompatibel ist.
 
 
Jan Jacobsen with his "Dual screen-front projection" for VistaVision format. Image by Gerhard Fromm Collection

Ein Zufall bringt die Modern Cinema System K.G. mit einem genialen Erfinder und Filmtechniker zusammen: Der Norweger Jan W. Jacobsen (1916-1998), hat verschiedene Optiken zur Aufnahme von CinemaScope-Filmen entwickelt, darunter auch das von Arnold & Richter vertriebene UltraScope, mit dem viele Karl-May- und Edgar-Wallace-Filme gedreht werden. Jacobsen konstruiert auch eine Technirama-Versuchskamera mit horizontalem Filmlauf, zahlreiche Breitfilmkameras für verschiedene 65/70-mm-Verfahren und macht später die IMAX Corporation mit dem bis heute verwendeten Prinzip des »Rolling-Loop«-Filmtransports bekannt, ohne das die Vorführung des IMAX-Filmbandes gar nicht möglich wäre. Neben Auftragsarbeiten – so baut er für MGM eine kompakte 65-mm-Kamera – arbeitet Jacobsen stets an neuen Ideen und unkonventionellen Lösungen, die das Filmerlebnis eindrucksvoller und die Arbeit der Filmemacher leichter machen sollen. Der Filmtechniker und –historiker Gerhard Fromm berichtet, wie das M.C.S.-System als Variante des erfolgreichen Todd-AO-Verfahren entstand:
 
 
»Jan wollte damals etwas erfinden, das er ›Dynamic Frame‹ nannte, und zwar mit 70mm, wobei Blenden an der Leinwand den Ausschnitt enger oder weiter machten, je nachdem ob einzelne Personen zu sehen sind oder ein Panoramabild. Er hat dann mit einer kleinen selbstgebauten 65/70mm-Kamera Experimente gemacht, und da mußte er natürlich seine Muster anschauen und ging [in den ›Royal-Palast‹] zu [Rudolf] Englberth. Der hat sich das ein paarmal mit angeguckt. Irgendwann ist ihm der Kragen geplatzt und er hat gesagt: › Wissen Sie, Jacobsen, lassen sie doch die Spielerei, lassen sie uns lieber eine deutsche 70mm-Kamera bauen. ‹ – Dann hat er den [Rudolf] Travnicek ins Gespräch gebracht, und der war mit [der Schauspielerin] Hannelore Bollmann verheiratet und hatte ein bißchen Filmambitionen. Travnicek hatte damals hat damals mit der Vertretung für Caterpillar irrsinnig Geld verdient, und hat das dann finanziert.«
 
 
Filming "Uncle Tom's Cabin". Image Dieter Gaebler's Collection

Nach Jan Jacobsens Entwürfen entsteht zunächst die M.C.S. Field Camera, ein kompaktes und hochpräzises Aufnahmegerät, das nur etwa 12 Kilogramm wiegt. Keine Handkamera, aber doch erheblich leichter als die gewaltigen Mitchell-Geräte, wie sie bei Todd-AO und Super Panavision üblich sind. Jacobsen wählt hochwertige, für das 6x6cm Mittelformat gedachte Objektive aus, die auch das 52x23mm große 65-mm-Kamerabildfenster einwandfrei auszeichnen. Später, um 1966, kommt ein von Jacobsen neu entwickeltes 17,5mm-Weitwinkel hinzu, welches ähnliche Aufnahmen wie das berühmte Todd-AO »Bugeye«-Objektiv mit 128º-Bildwinkel erlaubt, dabei aber so klein ist, daß es mühelos bei Action-Aufnahmen aller Art eingesetzt werden kann.

Die Field Camera nimmt Kassetten für 150 oder 300 Meter Filmmaterial auf, so daß etwa 8 Minuten Drehzeit ohne Magazinwechsel möglich sind. Die maximale Bildfrequenz beträgt 40 Bilder pro Sekunde, es stehen ein Synchronmotor sowie ein frei regelbarer Motor zur Verfügung.

Die Fachwelt ist beeindruckt vom Spiegelreflex-Suchersystem, das exakt das aufzunehmende Bild zeigt. Andere Breitfilm- und »Large-Format«-Kameras verfügen nur über »Rack-Over« oder parallaxenkorrigierte Zusatzsucher, die während der Aufnahme keine hundertprozentige Kontrolle von Ausschnitt und Schärfe gestatten.
 
 
Filming "Uncle Tom's Cabin". Image Dieter Gaebler's Collection

Die vergleichsweise leichten 65-mm-Field Cameras sind in vielen Aufnahmesituationen den massiveren amerikanischen Geräten überlegen , und die hohe Präzision des von Jacobsen entwickelten Greiferwerks und optischen Systems gestattet problemloses Zusammenschneiden mit Szenen, die in anderen 65-mm-Verfahren gedreht worden sind.

Als Zwischenlösung für synchrone Tonaufnahmen entsteht zunächst ein einfaches Blimpgehäuse, um das Laufgeräusch der Field Camera (vergleichbar etwa dem einer 35-mm-Arriflex IIB) zu dämpfen. Die Bedienung der Kamera im Blimp erweist sich aber als zu umständlich, weshalb dieser nur selten zum Einsatz kommt. Jan Jacobsen arbeitet inzwischen an einer selbstgeblimpten M.C.S. Studiokamera, die erstmalig für bei Aufnahmen zu von "Onkel Toms Hütte" erprobt wird und bei "Der Kongres Amüsiert Sich" als reguläre Hauptkamera Verwendung findet. Das Greiferwerk der Studiokamera ist mit dem der Field Camera identisch, nur sorgt das gedämmte Gehäuse für nahezu lautlosen Betrieb.Insgesamt wurden drei dieser M.C.S.-Studiokameras gebaut.

Nahezu alle in M.C.S.-70 gedrehten Filme sind multinationale Koproduktionen, bei denen Schauspieler aus verschiedenen Ländern in ihrer eigenen Landessprache spielen oder nur akzentbehaftetes Englisch sprechen. Deshalb wird in der Regel nachsynchronisiert, wobei man dann der beweglicheren Field Camera den Vorzug gibt. Durchgehend mit (englischem) Originalton und mit den Studiokameras gedreht wird selten, beispielsweise bei "Savage Pampas".
 

Kapitel 3: Rund ums Mittelmeer

 
Filming "Flying Clipper". Image Dieter Gaebler's Collection

Im Jahr 1961 sind Filmbilder aus fernen Ländern und mit exotischem Flair noch eine Attraktion im Kino. Kultur- und Reisefilme wie etwa Hans Domnicks zweiteiliger "Traumstrasse" (1958/61) sorgen für volle Kassen. Bereits Cinerama transportierte die Amerikaner virtuell zu den Sehenswürdigkeiten der Alten Welt, bevor der Fern- und Massentourismus das real übernahm: "This is Cinerama" hakte sozusagen alle verbindlichen Stationen einer „Europa-in-sechs-Tagen“-Pauschalreise ab: Rom, Venedig, Wien – dabei waren Verdi-Oper, Papstaudienz und die Wiener Sängerknaben inbegriffen.
 
 
Ein Reisefilm kommt nicht nur ohne teure Stars aus, sondern bietet auch zahllose visuelle Gelegenheiten , die 70-mm-Technik dem Publikum ebenso wie anderen Produzenten und Filmemachern eindrucksvoll zu demonstrieren. Angekündigt wird das Vorhaben unter dem Arbeitstitel "Windjammer - 2. Reise", womit die M.C.S. an den Erfolg des Cinemiracle-Streifens anzuknüpfen gedenkt. Bei Cinemiracle Productions Inc. ist man darüber nicht erbaut und geht gerichtlich gegen die Münchner vor:
 
 
»Flying Clipper in England gestoppt

Die amerikanische Cinemiracle International Picture Inc. hat in London eine bis zum 2. Oktober 1962 befristete Verfügung erwirkt, die es der MCS-Film KG, München und Rudolf Travnicek gerichtlich untersagt, den Film ‹›Flying Clipper‹ weiter zu produzieren, zu kopieren oder aufzuführen. Durch die Verfügung werden vor allem die Kopierarbeiten bei Technicolor in London unterbrochen. Die Cinemiracle, eine Tochterfirma der Cinerama Inc., wirft Rudolf Travnicek vor, er habe mit seinem Projekt ›Flying Clipper‹ vertragliche Vereinbarungen gebrochen, die er bei Übernahme des Films ›Windjammer‹ vor einigen Jahren eingegangen sei.«

(FILM-ECHO/FILMWOCHE 70/1962, S. 5)
 
 
Bob Gaffney filming "Fortress of Peace". Image Dieter Gaebler's Collection

Bald darauf kommt es zu einem Vergleich, wobei M.C.S. den Filmtitel in "Flying Clipper – Traumreise Unter Weissen Segeln" ändert und Cinemiracle bzw. National Theatres Inc. stillschweigend die US-Auswertungsrechte überläßt. Im englischsprachigen Raum läuft die M.C.S.-Traumreise als "Mediterranean Holiday", Der Entertainer Burl Ives spricht den Kommentar der englischen Fassung und singt verschiedene »Ballads of the Sea«.

Jacobsens Field Camera, in sechs Exemplaren an verschiedenen Drehorten im Einsatz, erweist sich während der achtmonatigen Drehzeit als robust und zuverlässig.Jeder denkbare Bewegungseffekt wird ausgekostet: Die Kamera fährt mit einem Damen-Motorrollerclub über kurvige Küstenstraßen Dalmatiens, brettert auf Gokarts montiert über Betonpisten und fängt, unter die Tragflächen einer »Do 27«-Propellermaschine montiert, eine Vielzahl eindrucksvoller Luftaufnahmen ein. Gerade diese von Heinz Hölscher gedrehten Luftbilder machen den Film heute sehenswert, denn sie zeigen Landschaften rund ums Mittelmeer, die sich mittlerweile durch Besiedelung, neue Verkehrswege und nicht zuletzt durch den Massentourismus völlig verändert darstellen.

Ein ausgesprochen pathetischer »Voiceover«-Kommentar verbindet die einzelnen Episoden – der Schauspieler Hans Clarin ist bereits Sprecher des deutschen "Windjammer" -Kommentars gewesen. Die Parallelen zum ersten Film sind mehr als auffällig: Wie die norwegischen Kadetten der »Christian Radich« besucht auch die Besatzung der »Flying Clipper« einen US-Flugzeugträger und bestaunt die »schwimmende Festung« .

"Flying Clipper" wurde ohne Synchronton aufgenommen, die wenigen Dialogpassagen sind stumm gedreht und nachsynchronisiert. Für einige Einstellungen, zum Beispiel im ägyptischen »Tal der Könige«, kam auch Jan Jacobsens ultraleichte 65-mm-Prototypkamera noch einmal zum Einsatz. Eine Field Camera kehrte übrigens von der Reise nicht zurück: Sie fiel über Bord und liegt wohl bis heute auf dem Grund des Mittelmeers– hier zahlte sich die Geräteversicherung einmal aus.
 
 

Kapitel 4: Das Paket wird geschnürt

 
Dieter Gaebler working with a blimped ARRI 35mm camera. Image Dieter Gaebler's Collection

"Flying Clipper"
findet nicht nur beim Publikum Anklang, sondern überzeugt auch als eindrucksvolle Demonstration des Kamerasystems. Rudolf Englberth erklärt, man müsse das Filmerlebnis so überwältigend machen, »daß der Zuschauer gar nicht mehr auf die Idee kommt, Kino und Fernsehen in einem Atemzug zu nennen.«

Der nächste logische Schritt besteht darin, Produzenten eine technische Gesamtlösung für die Breitfilmproduktion anzubieten. In Deutschland gibt es damals (wie heute) keine Entwicklungs- und Kopiermöglichkeit für 65-mm-Negativ und 70-mm-Kopien, da kein Kopierwerk die zusätzlichen Investitionen tätigen will. Entwicklung und Kopierung von "Flying Clipper" (»Eastman Color«-Farbnegativ) findet also zunächst bei Technicolor Ltd. in London statt, wo man sämtliche Sonderformate verarbeiten und umkopieren kann. Spätere M.C.S.-Produktionen werden auf dem Kontinent bearbeitet: Eine Arbeitsgemeinschaft mehrerer französischer Kopierwerke und Tonstudios bietet unter dem Namen »Les Laboratoires Français« und dem Markennamen SUPER PANORAMA alle zur Breitfilmbearbeitung nötigen Dienstleistungen an. Später richtet auch Fotofilm S.A. in Madrid 65-mm-Entwicklung und 70-mm-Positivkopierung und Magnetbespurung ein.

Das Kopierwerk fertigt vom entwickelten 65-mm- Kameranegativ verkleinerte 35-mm-Kopien im CinemaScope-Format, die als Bildmuster und Arbeitskopie dienen. Die spätere Licht- und Farbkorrektur erfolgt durch kurze Kopierproben. Für ausgewählte Großkinos entstehen 70-mm-Positive (1:2,21) als Kontaktkopien vom Kameraoriginal, für die normalen 35-mm-Theater reduziert man das Breitfilmbild über ein 35-mm-Internegativ mit seitlicher Pressung und leichtem Beschnitt auf das verbreitete CinemaScope-Format (1:2,35).
 
 
Wer das M.C.S.-System für seine Produktion mietet, bekommt nicht etwa nur die Kameras, sondern auch ein Team versierter Kameratechniker und –assistenten, welches nicht nur die Jacobsen-Technik bis zur letzten Schraube kennt, die Technik am Drehort bedient und wartet, sondern nach Vorgaben des jeweiligen Chefkameramanns auch eigenverantwortlich Second-Unit-Material drehen kann.

Als erste Spielfilme entstehen der Märchenfilm "Shéhérazade" (F/I/E 1963), der Mantel-und-Degen-Stoff "La Tulipe Noire" (F/I/E 1963) und nach Karl-May-Motiven der Euro-Western "Old Shatterhand" (BRD/F/I 1963/64) unter Beteiligung von Artur Brauners CCC-Film.

Bei M.C.S. hat man inzwischen den Musik- und Filmproduzenten Aldo von Pinelli ins Boot geholt, der die Finanzierung der nächsten Eigenproduktionen übernimmt. Seit den dreißiger Jahren ist Pinelli nicht nur gefragter Drehbuchautor und Textdichter, sondern hat mit seiner Firma Melodie-Film auch Kinofilme mit Freddy Quinn und den Wolfgang-Staudte-Film "Madeleine Und Der Legionär" (1954) hergestellt. Die eigentliche Überwachung der M.C.S.-Produktionen übernimmt Georg M. Reuther, der bereits Erfahrungen mit Koproduktionen hat. Wie man in diesen Jahren die Möglichkeiten des deutschen Kinofilms sieht, illustriert dieser Auszug aus einem Interview mit Aldo v. Pinelli:
 
 
»Ich bin der Auffassung, daß kleine deutsche Filme keine Chancen mehr haben und weder im In- noch im Ausland als Konkurrenz gegen das Fernsehen bestehen können. Damit ergibt sich die Notwendigkeit, größer einzusteigen und einen nach jeder Richtung interessanten Film zu machen. [...] Das 70-mm-Verfahren wird der Weite des Films und dem Volumen seiner Schauplätze hervorragend gerecht, es drückt die Weite des Films aus und vermittelt eine Impression, die das Fernsehen nie erreichen kann.«
 
 
70mm frame blow-up from "Der Kongress Amüsiert Sich". Image from Schauburg Kino.

"Onkel Toms Hütte"
(BRD/I/YU 1965) ist ein solcher Versuch, durch Bündelung europäischer Ressourcen der Übermacht des amerikanischen Kinos etwas entgegenzusetzen. Gedreht wird der Südstaaten-Stoff vornehmlich in Jugoslawien, dessen Landschaften hier echter wirken als der »Wilde Westen vom Balkan« in den Karl-May-Filmen . Regie führt Géza von Radvanyi, der neben vielerlei Routinejobs auch die gelungene Neuverfilmung von "Mädchen in Uniform" (BRD/F 1958) inszeniert hat. Die 70-mm-Kameraarbeit liegt in den Händen von Heinz Hölscher, dank dessen durchdachter Licht- und Bildgestaltung der Film Aufnahmen von bemerkenswerter Raumtiefe und Plastizität aufweist, die der Wirkung des amerikanischen Todd-AO-Systems in nichts nachstehen. Auch das konzentrierte, stark zurückgenommene Spiel von Herbert Lom und O.W. Fischer nimmt für den Film ein. Dem positiven Gesamteindruck wirkt allerdings die uninspirierte und effekthascherische Musik von Peter Thomas entgegen, die für heutiges Publikum nur unfreiwillig komisch und befremdlich wirkt. Produzent Pinelli scheint sich nicht darüber im Klaren gewesen zu sein, wie sehr schlagerartige Arrangements und Gesangseinlagen mit groteskem Studiohall die Qualität eines dramatischen Film beschädigen.
 
 
Auch der nächste von Pinelli produzierte Film "Der Kongress Amüsiert Sich" (1966) versucht, möglichst alle Schichten des Publikum durch Kombination verschiedenster Stilelemente anzusprechen, die sich nicht immer nahtlos zusammenfügen. Es sei noch einmal daran erinnert, daß die 1960er Jahre auf der Produktionsseite von größter Verunsicherung darüber geprägt sind, was das Publikum eigentlich sehen will – ein Teil der Zuschauer wendet sich ganz vom Kino ab, dessen »Brot-und-Butter«-Unterhaltung zunehmend das Fernsehen übernimmt, der Geschmack jüngerer oder anspruchsvollerer Zuschauer scheint unberechenbar. Auf sichere Rezepte und Genres der Vergangenheit ist kein Verlaß mehr, so daß man sich bemüht, es nach Möglichkeit allen recht zu machen: Eine Kombination aus traditionellem Erzählkino mit »sicheren«, also populären Stoffen auf internationalem Niveau, möglichst angereichert mit jugendorientierten Versatzstücken, das schien eine gangbare Lösung zu sein.

Dieses Dilemma wird auch in "Der Kongress Amüsiert Sich" spürbar: Eine Rahmenhandlung im Wachsfigurenkabinett distanziert sich gleichsam ironisch vom herkömmlichen Historien- und Kostümfilm und erlaubt es ganz nebenbei auch, den Zuschauer auf die seit Cinerama und Todd-AO unvermeidliche Achterbahnfahrt mitzunehmen. Gleichzeitig wird mit Stoffwahl und Besetzung auf jene Zuschauer spekuliert, die gehobene Unterhaltung à la "Katja, Die Ungekrönte Kaiserin" (F 1959) oder "Das Glass Wasser" (BRD 1960) schätzen.

Ob und wie Aldo von Pinelli bei der Produktion weiterer 70-mm-Stoffe vorgegangen wäre, ist eine interessante Frage, doch dazu kommt es nicht mehr: Ende 1967 erliegt er im Alter von nur 55 Jahren einer langwierigen Krankheit, M.C.S.-Eigentümer Rudolf Travnicek war bereits 1965 verstorben. Seine Frau Hannelore Bollmann führt die Firma weiter, doch trotz vieler Bemühungen produzierte die M.C.S. keine Spielfilme mehr.
 
 

Kapitel 5: Unter fremder Flagge

 
Dieter Gaebler working on "Grand Prix", note Super Panavision 70 camera. Image Dieter Gaebler's Collection

Die M.C.S.-Kameras sind von Anfang an auch bei Produzenten beliebt, die in anderen Breitfilmformaten drehen. Manchmal benötigt eine Großproduktion mehr Kameras, als vom Geräteverleiher gestellt werden können, manchmal geben das geringe Gewicht und die kompakte Bauweise den Ausschlag, und zuweilen existiert gar keine Alternative. In einer Todd-AO-Produktion kann man beispielsweise nicht die 1960/61 eingeführte kompakte Panavision 65mm Handheld bzw. Field Camera einsetzen, weil Panavision grundsätzlich auf einer exklusiven Nennung im Nachspann besteht.
 
 
Dieter Gaebler working on "Grand Prix" with the MCS 70 field camera. Image Dieter Gaebler's Collection

Jene M.C.S.-Bilder, die wohl weltweit von den meisten Kinobesuchern gesehen werden, entstehen 1965 für THE SOUND OF MUSIC (1965) unter Aufsicht des M.C.S.-Technikers Peter Rohe. Ähnlich wie in der ebenfalls von Robert Wise inszenierten "West Side Story" (1960) beginnt das Musical zunächst ganz ohne Musik und in ruhigen, majestätischen Luftaufnahmen. Die Kamera gleitet zunächst über die österreichische Berglandschaft oberhalb Salzburgs, dann nähert sie sich im Sinkflug einer Wiese, auf der Julie Andrews tanzt und »The Sound of Music« singt. Gedreht wird in Todd-AO, für die Luftaufnahmen mit einem leichten »Alouette-II«-Helikopter kommt aber nur die kompakte M.C.S. Field Camera in Frage und wird auch korrekt im Vorspann genannt.

Ohne Credit bleibt der Einsatz hingegen bei der Todd-AO-Produktion "Those Magnificent Men in Their Flying Machines" (1964) sowie bei dem Rennfahrerfilm "Grand Prix" (1966), der den M.C.S.-Spezialisten Dieter Gäbler und zwei Field Cameras zum Formel-1-Rennen nach Monte Carlo (wie schon in "Flying Clipper") bringt. In der damaligen »Featurette«-Dokumentation sind neben den Super-Panavision-Kameras deutlich die M.C.S. Field Cameras erkennbar. Die restriktive Markenpolitik von Panavision Inc. untersagt es den Produzenten allerdings strikt, verwendete Technik anderer Hersteller zu nennen.
 
 
Bob Gaffney filming "Fortress of Peace". Image Dieter Gaebler's Collection

Technisch und künstlerisch bemerkenswert sind auch einige Kurzfilme, die abseits der Spielfilmarbeit für nationale und internationale Ausstellungen entstehen. "Fortress of Peace"/"Wehrhafte Schweiz" (1964) beeindruckt durch die visuelle Umsetzung einer militärischen Leistungsschau der Schweizer Armee und wird sogar für einen »Academy Award« nominiert. Auch "Sky over Holland" (1966) und "Motion" (1967) sind fotografisch einzigartig und wahre Demonstrationsfilme für das 65/70-mm-Format. Besonders für "Motion" wird die Field Camera einem wahren Härtetest unterzogen: Kameramann Robert Gaffney begnügt sich nicht damit, sein Aufnahmegerät an allen möglichen Land- und Luftfahrzeugen anzubringen, er dreht auch den atemberaubenden Formationsturz einer Gruppe von Fallschirmspringern, was noch niemand im 65-mm-Format und mit 17-mm-Weitwinkeloptik versucht hatte. Hierfür wird ein eigenes aerodynamisch geformtes »Fallgehäuse« gebaut, das nach der Drehphase am eigenen Fallschirm landet. Als der automatische Fallschirm sich einmal nicht öffnet, bohrt sich die »Eight Ball« getaufte »Kamerakugel« in einen Acker, doch die Field Camera übersteht auch diese grobe Behandlung.
 
 
Bob Gaffney filming "Fortress of Peace". Image Dieter Gaebler's Collection

Auch an Stanley Kubrick’s berühmtem Weltraumepos "2001: A Space Odyssey" (1965-68) sind M.C.S.-Kameras und –Techniker beteiligt: Für die Endphase der »Stargate«-Sequenz entstehen Luftbilder eines Sonnenaufgangs im amerikanischen Monument Valley, die in der Postproduktion durch optische Kopierung farbverfremdet werden. Robert Gaffney, der mit Kubrick befreundet ist, hat diesen erst überzeugt, seine Zukunftsvision im 65/70mm Verfahren statt in 1:1,85-Breitwand zu realisieren. Auch seinen im Anschluß geplanten Napoleon-Film möchte Kubrick in 70mm drehen, aber das Projekt scheiterte an der Finanzierung.
 
 

Kapitel 6: Dritte Dimension und Finale

 
70mm frame from "Love in 3D". Image Schauburg Kino

Mit den 1960er Jahren endet auch die große Zeit der Breitbild- und »Large-Format«-Produktion in Europa. Der Zeitgeist steht gegen die Ästhetik des Großformats, denn viele jüngere Filmemacher lehnen überwältigende Bildwirkungen als ideologische Waffe aus dem Arsenal von »Papas Kino«rigoros ab – vermeintliche Authentizität und Naturalismus stehen hoch im Kurs.

Nicht nur im Westen, auch in den sozialistischen Ländern versiegt zu dieser Zeit die Panorama- und Breitbildproduktion; es handelt sich also keineswegs um ein rein wirtschaftlich bedingtes Phänomen. Technirama verschwindet 1967 als Produktionsformat, die Zahl der CinemaScope-Filme geht deutlich zurück, nur das kostensparende Techniscope-II hält sich noch einige Jahre. Die wenigen in den Kinos aufgeführten 70-mm-Kopien neuer Filme sind fast ausschließlich Blowups, also optische Vergrößerungen vom 35-mm-Format.
 
 
Dieter Gaebler filming "Savage Pampas". Image Dieter Gaebler's Collection

Nachdem mit "Savage Pampas" (E/ARG/USA1966) und "Dr Coppelius" (E/USA1968) zwei letzte M.C.S.-Superpanorama-Spielfilme herausgekommen sind, wird es still um das europäische Breitfilmsystem. Nicht sehr lange allerdings, denn Rudolf Englbertht, der Jan Jacobsen seinerzeit mit dem Geldgeber Travnicek zusammengebracht hat, überredet den Erfinder nun, auf Basis der M.C.S.-Kameras ein verbessertes 3-D-Kinoverfahren zu entwickeln.

Jacobsen geht ans Werk und löst mit einem Handstreich sämtliche Probleme der bisherigen stereoskopischen Filmverfahren, indem er die Teilbilder nebeneinander auf einem 65/70mm-Streifen unterbringt. Das gewünschte Breitbild ergibt sich durch seitlich komprimierte Aufzeichnung der Teilbilder, wobei Jacobsen seine früheren Erfahrungen mit anamorphotischen Optiken zugute kommen. Ein spezielles Objektivam 70-mm-Projektor (»Stereo-Kinotar«) hebt die Anamorphose auf, polarisiert die Teilbilder gegenläufig und überlagert sie auf der Silberbildwand, so daß die mit Polarisation-Brillen ausgestatteten Zuschauer ein farbiges, dreidimensionales Bild von hoher Güte erleben. Anders als bei den zweistreifigen 3-D-Filmen der 1950er Jahre gibt es keinerlei Bildstandsschwankungen und Farbunterschiede, und im Gegensatz zu den 35-mm-»Einband«-Stereofilmen kommen trotz Filterverlusten noch genug Auflösung und Licht beim Zuschauer an. Für die stereoskopische Arbeit modifiziert Filmtechnik Fromm in München das Suchersystem von zwei der drei M.C.S.-Studiokameras.
 
 
70mm frame from MCS 70 advert for "Stuyvesant" cigarettes. Image Schauburg Kino

"Operation Taifun"
(E/I/F 1967) – der einzige 70-mm-Auftritt für Vivi Bach und Klausjürgen Wussow – kommt als erste Produktion unter der Bezeichnung »HiFi-Stereo-70« ins Kino . Es folgen einige spanische Horrorfilme wie "La Marca Del Hombre Lobo" (E1967), bearbeitet bei Fotofilm S.A. in Madrid. Am bekanntesten wird aber der deutsche 3-D-Streifen "Liebe In Drei Dimensionen" (BRD 1972), der sich in den verschiedensten Formaten und Umkopierungen international als unglaublicher Erfolg erweist.
 
 
Ole Mads Sirks Vevle working on MCS 70 short film  "Tanakh Bibelen Al-Quran". Image Ole Velve

Anfang der 1970er Jahre ist die Zeit des großformatigen Kinofilms endgültig vorbei, und das HiFi-Stereo-70-System dient in den folgenden Jahren ausschließlich zur Herstellung von »Special-Venue«- und Schaustellerfilmen. Zwei der M.C.S. Field Cameras werden an die NASA verkauft, wo man damit Raketenstarts dokumentiert, eine weitere wird bis heute im 65/70-mm-Speziallabor Gulliver/Arane verwendet und bewährt sich noch 2007 bei der Aufnahme des norwegischen Kurzfilms "Tanakh Bibelen Al-Quran".
 
 
70mm frame from "Fanny's Wedding". Image Olivier Brunet

Im Rückblick wird klar, warum es keinen »Super-Klassiker« im M.C.S.-Format geben konnte, der für den europäischen Film das darstellt, was "Lawrence of Arabia", "Ben Hur", "Around the World in 80 Days", "Spartacus" oder "Ryan's Daughter" für ihre jeweiligen Aufnahmesysteme bedeuten. Die M.C.S.-Technik war zwar ausgereift und bestens bewährt, wie zahlreiche heute noch vorführbare Kopien eindrucksvoll beweisen, doch es fehlte in Europa es an Regisseuren und Produzenten, die den großen Rahmen inhaltlich zu füllen gewußt hätten. Die M.C.S.-Filme sind für uns heute aber auch eine Zeitreise in eine Phase des Umbruchs, der veränderten Produktions- und Rezeptionsweisen in dem vernetzten System, das wir nostalgisch »Kino« nennen. Auch die Filmgeschichte wird von Siegern geschrieben, und doch gibt es jenseits aller kritischen Wertungen im europäischen Genrefilm der 1960er Jahre noch vieles zu entdecken - und nicht zuletzt die handwerkliche Leistung all derer zu würdigen, deren kreative Arbeit vom Zeitgeist pauschal und oft ungerechtfertigt mit dem Urteil »Papas Kino« abgewertet wurde.
 
 

Der Verfasser möchte sich herzlich bedanken bei

 
GERHARD FROMM, München; Erfinder, Fachautor und Filmtechnik-Historiker, der nahezu alle Fakten über Jan W. Jacobsen beisteuerte und bei "Onkel Toms Hütte" selbst an der M.C.S.-Kamera stand. Inhaber der »Filmtechnik Fromm« sowie Außerordentliches Mitglied des B.V.K.

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DIETER GAEBLER, Gräfelfing; Kameramann, als langjähriger Mitarbeiter der »Modern Cinema Systems KG« an vielen M.C.S.-70-Spielfilmen beteiligt, drehte auch für "Grand Prix" und "2001: A Space Odyssey". Ihm ist die Klärung zahlloser technischer Detailfragen zu verdanken.

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HEINZ HÖLSCHER, München; seit 1951 Kameramann von über 80 Kinofilmen, fotografierte die M.C.S.-70-Produktionen "Flying Clipper" und "Der Kongress amüsiert sich", Bundesfilmpreisträger 1966 für die Bildgestaltung von "Onkel Toms Hütte", Ehrenmitglied des B.V.K.

Ohne ihre fachkundigen Erläuterungen und Erinnerungen wäre selbst dieser kurze Überblick über die Geschichte des ersten europäischen Breitfilmverfahrens nicht möglich gewesen. Für freundliche Hilfe bei Recherche und Niederschrift ein ebenso herzlicher Dank an Dr. Ursula von Keitz, Bonn, und Albert H. Knapp, Frankfurt/M.

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Updated 28-07-24