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Grant's Blow-Up-Tagebuch
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in70mm.com
The 70mm Newsletter
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Written
by: Grant Lobban, London, England, Übersetzung von Melanie
Hoffmann und Clemens Scherer |
Date:
05.10.2007 |
"Doktor
Schiwago" wurde in 35mm gefilmt, aber hochkopiert auf 70mm und eine sehr
weite Verbreitung ermöglicht. MGM 1965.
Nur für den Fall, dass einer unter der Lesern nicht wissen sollte, was ein
Blow-up ist, so möchte ich doch vorwegschicken, dass ein Blow-up Film
keineswegs sein Dasein beendet, indem er im Projektor explodiert. Es ist
traurigerweise vielmehr so, dass die meisten alten 70mm-Kopien –
zumindest jene, die vor den 80ern gezogen wurden – einfach verblassen
und jeder Schauspieler einen mehr oder weniger magentafarbenen Teint
bekommt. Mit Beginn der 80er wurden endlich stabilere Farben verwendet.
Als Blow-up bezeichnet man eine Kopie, die durch Techniken der
Vergrößerung beziehungsweise des „Aufblasens“ von kleineren Formaten
hergestellt wird. Dies wurde zumeist von 35mm-Filmen gemacht, aber auch
16mm oder gar 8mm-Filme dienten als Ausgangsmaterial für 70mm. Als die
Blow-up Technik aufkam, war ich zunächst recht skeptisch und betrachtete
diese Filme nicht als „richtiges“ 70mm. Das musste schon, wie bei
Todd-AO üblich, auf ein 65mm-Kameranegativ mit identisch großer
Bildfläche aufgenommen worden sein. Nun, obwohl es keine Liebe auf den
ersten Blick war, so muss ich nun zugeben, dass ich die Blow-ups später
zu schätzen gelernt habe.
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in 70mm reading:
Who is Grant Lobban
In English
The Technirama
Story
In the
Splendour of 70mm
Come Back D-150
Todd-AO
Distortion Correcting Printing Process
70mm Blow ups
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Das erste Blow-Up
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Anders als die 70mm-Filme vom 65mm-Negativ, die durch Kontaktabzug
hergestellt werden können, werden Blow-ups mittels einer optischen
Kopiermaschine erzeugt. Im Grunde ist das nicht mehr als ein Projektor,
der den Film in die Bildbühne einer Kamera projiziert. Abgesehen von der
Bildvergrößerung kann dabei auch noch ein Anamorphot zum Einsatz kommen,
der das Bild entzerrt.
Wann aber wurden die ersten Blow-ups in den Kinos eingesetzt? Ganz
streng genommen, sollte man zuerst die 70mm-Abzüge von
Technirama
der Technicolor nennen, mit horizontalem 35mm-Negativ und
8-Loch-Schaltung.
Die Höhe des Negativs passte bereits auf die des 70mm-Bildes, deshalb
wurde lediglich eine horizontale Vergrößerung von 50% benötigt, um das
Bild zu entzerren und die 70mm-Kopie herzustellen. Die ursprüngliche
Verzerrung geschieht systembedingt durch den x1,5 anamorphotischen
Vorsatz der Technirama-Kamera.
Die Geschichte von Technirama begann im Jahr 1956 mit “The Monte Carlo Story”
("Die Monte Carlo Story", 1957). Der erste britische Film, der
diesen Prozess verwendete, ist die inzwischen in Vergessenheit geratene
Ealing-Komödie "Davy" (1957), doch für mich war der erste
"The Vikings" ("Die Wikinger", 1958). Ein fabelhaftes Plakat lenkte meine
Aufmerksamkeit auf sich: Kirk Douglas und Tony Curtis kamen mit
Schwertern auf mich zu und sahen wirklich aus, als wollten sie gleich
eine Stadt plündern. Alles was dann passierte, war in horizontbreitem
Technirama zu sehen. Später erfuhr ich dann, dass ich nur 35mm sehen
durfte, da der Mangel an 70mm-Projektoren eine lange Wartezeit von etwa
einem Jahr bedeutet hätte. Tatsächlich war dann 1959 der Film in Super
Technirama 70 zu sehen und so umso beeindruckender. Die ersten Filme,
die richtig mit dem 70mm-Format umzugehen wussten waren Disney’s
Zeichentrickfilm
“Sleeping Beauty” ("Dornröschen", 1959) und der
Bibel-Monumentalfilm “Solomon and Sheba” ("Salomon Und Die
Königin Von Saba", 1959). Diese und einige andere frühe 70mm-Filme wie “Barabas”
(1960) wurden zwar damit beworben, das „neue“ Verfahren zu verwenden,
zeigten jedoch nicht die magische „70“ bei dem Wörtchen Technirama auf
der Leinwand.
Technirama
Kamera während Aufnahme von "El Cid"
Technirama war in Europa zum Teil als Alternative zur 65mm-Kamera recht
beliebt. Da es weiterhin 35mm verwendete, war es leichter zu entwickeln
und falls notwendig, konnte Technicolor zur Unterstützung eines
örtlichen Entwicklungslabors eine mobile Kopiermaschine in einem
Anhänger zur Verfügung stellen, um 35mm-Abzüge im Standardformat aus den
breiten, horizontalen 8-Loch-Bildern herzustellen. Es gab über 50
Technirama
Filme, bevor das Verfahren mit “Custer of the West” ("Big horn
– ein Tag zum Kämpfen", 1967) ein Ende nahm. Nicht all diese Filme wurden
mit 70mm Kopien gestartet, doch das System sollte eines meiner liebsten
Breitwand-Verfahren werden. Ich bin ein Fan von Monumentalfilmen,
Höhepunkte sind sicherlich
“Spartacus” (1960) und
“El Cid” (1961) wobei letzterer ein
Blockbuster von Produzent Samuel Bronston ist, der gerne Technirama für
seine Filme verwendete.
Gerade "El Cid" zeigt Sophia Loren in großartigen
70mm-Bildern. Ich war in einem leicht zu beeindruckenden Alter, doch
habe ich sie immer 'verehrt', nachdem ich sie in “Boy on a Dolphin”
("Der knabe auf dem delphin", 1957) ganz nass aus dem Meer auftauchen sah.
Ein Film den ich nur sehen wollte, weil er in
CinemaScope lief. Da habe ich
eine Weile das Format der Leinwand vergessen, wo ich eine Frau von
solchem Format bewundern durfte. Soweit mir bekannt ist, wurde dieser
Film allerdings nie in 70mm gezeigt, doch haben mich meine glücklichen
Erinnerungen ein bisschen vom Thema der Blow-ups abgebracht. Auch wenn
70mm-Filme von Technirama-Negativen eigentlich in die Kategorie der
Blow-ups gehören, so habe ich sie doch immer für so gut wie „richtiges“
70mm vom 65mm Negativ gehalten. Zu einer Zeit, in der nur recht wenige
70mm Kopien gemacht wurden, konnten diese direkt vom originalen
Kameranegativ gezogen werden. Dieses wurde speziell entwickelt, um die
Kontraste für den optischen Kopiervorgang zu verbessern, so wurden die
Kopien umso schöner.
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Eigentliches Blow-Up
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Was im
Allgemeinen als Blow-up bezeichnet wird, sind die 70mm-Kopien von
gewöhnlichen anamorphen Negativen mit 4-Loch-Schaltung (CinemaScope-Variante),
später begleitet von Vergrößerungen verschiedenster Bildbereiche von
normalen „flachen“, also sphärischen 35mm-Originalen.
Abgesehen vom ersten Todd-AO
film
“Oklahoma” (1955), der parallel auch auf
35mm CinemaScope gedreht wurde, wurden die 35mm-Veröffentlichungen der Filme,
die mit der 65mm-Kamera gedreht wurden, durch Verkleinern und Stauchen der
größeren Negativfläche gefertigt, um eine anamorphe Kopie zu erhalten, die
dem CinemaScope-Verfahren entsprach, allerdings mit der möglicherweise
höheren Qualität, die durch das Verkleinerungsverfahren erreicht werden kann.
(Wie bei Verkleinerungskopien von großflächigen VistaVision- und
Technirama-Negativen.)
Im Jahr 1963 dann, mit immer weiter verbesserten Emulsionen, wurde diese
optische Umwandlung umgekehrt in eine Vergrößerung und Entzerrung anamorpher
Negative - nun zunehmend 35mm Panavision - auf eine 70mm Filmkopie. Trotz
der kleineren Negativfläche wurden die Kopien mit mehr als befriedigend
beurteilt, was insgesamt bei einer größeren Verbreitung von
70mm-Projektionsanlagen half.
Den 70mm-Filmlisten zufolge – wir alle schätzen die Arbeit der Listen-Ersteller
sehr – war das erste Blow-up, welches in London gezeigt wurde, "Taras
Bulba"
(1962). Diesen habe ich leider verpasst, und so war mein erster "The
Cardinal"
("Der Kardinal", 1963). In einer Zeit, in der ich immer noch von der visuellen
Pracht von "Cleopatra" (1963) schwärmte, welcher im 65mm Negativ-Verfahren
aufgenommen wurde, sahen die Blow-ups in meinen Augen wie sehr gutes
CinemaScope aus. Obwohl sie ein weniger weiches und auch ein merklich
körnigeres Bild aufwiesen als „echtes“ 70mm, waren sie zugegebenermaßen
heller und ruhiger im Bildstand und ohne das oftmals vergrößerte horizontale
Bildschwimmen, welches ich immer öfter bei Vorstellungen der
CinemaScope-Variante bemerkte. Der Film selbst war ein recht langes Drama
von Otto Preminger über die Politik hinter den Kulissen des Vatikans und
zeigte überhaupt keine Kämpfe oder gar Schlachten, er war also im Grunde
nicht so mein Ding.
Ich vermute es wäre für uns 70mm-Historiker schon wichtig zu wissen, welches
nun das erste Blow-up ist, jedoch bin ich nicht sicher, ob schon jemand die
Antwort heraus gefunden hat. Ich besitze ein paar Einzelbilder von einem der
möglichen Kandidaten, "Bye Bye Birdie" (1963) (wie bei antikem Silber hat
Eastman die Datumsangabe versteckt angebracht), doch leider habe ich diesen
Film auch noch nie in 70mm gesehen.
Blow-ups scheinen doch eher verstohlen
daherzukommen ohne das übliche Tamtam, das mit der Einführung eines neuen
Breitbild-Verfahrens einhergeht. Ich genoss mein zweites Blow-up, "Becket"
(1964), weitaus mehr. Jedoch wurde auch hier die Bildqualität von einem
meiner Lieblingsmonumentalfilme überschattet: "The Fall Of The Roman
Empire" ("Der Untergang Des Römischen Reiches", 1964). Ich nenne ihn auch gerne „Den
Untergang von Samuel Bronston“, da es beinahe sein letzter Film war. Nach
dem Film mit dem treffenden Titel "The Magnificent Showman" ("Zirkuswelt
Oder Helden Der Arena", 1964) beendete er sein Schaffen. Auf jeden Fall
produzierte er "The Fall Of The Roman Empire" nicht in dem für ihn üblichen
Technirama, sondern ließ ihn in anamorphem 65mm Ultra Panavision drehen. So
kann man die Kopie, die ich im Astoria, in der Charing Cross Road, zu sehen
bekam als ein 70mm-Blow-up bezeichnen. Sie zeigten eine sphärische Kopie mit
einem Seitenverhältnis von 2,2:1, welche in der Herstellung eine
25prozentige horizontale Vergrößerung benötigte. Dadurch verlor sie leider
ein wenig des Originalbildes, welches ein Seitenverhältnis von 2,7:1 aufwies.
Wie dem auch sei, dieser Film verlor dadurch nicht an bestechendem Eindruck,
was übrig blieb sah immer noch phantastisch aus, ganz besonders Sophia
Loren!
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Der Durchbruch
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"in
70mm“ Plakataufkleber
Trotz
meines eher mäßigen Verhältnisses zu Blow-ups, machte einer so richtig
Eindruck sowohl auf das Publikum, als auch auf die Filmschaffenden: MGMs
"Doctor Zhivago" ("Doktor Schiwago", 1965). Obschon David Lean und Freddie Young
eben erst "Lawrence Of Arabia" ("Lawrence Von Arabien", 1962) mit 65mm Super
Panavision (ähnlich Todd-AO) gedreht hatten, benutzten sie diesmal nur
gewöhnliches 35mm anamorphes Panavision. Dennoch wurde der Film als
70mm-Film beworben und auch von den Zuschauern als solcher akzeptiert. Die
meisten hätten den Unterschied ohnehin kaum wahrgenommen, auch nicht, wenn
wir leidenschaftlichen 70mm-Fans es ihnen erklärt hätten. Die Produzenten
sahen hierin den Vorteil, ihren Filmen den ganzen Roadshow-Trubel zukommen
zu lassen, ohne die zusätzlichen Kosten für die 65mm-Kamera und das
Negativ-Filmmaterial zu tragen. Ich war darüber so verärgert, dass ich
wirklich eine Beschwerde an MGM geschrieben habe, sie hätten der Tatsache,
dass es sich nur um ein Blow-up handle, in der Werbung nicht genügend
Ausdruck verliehen. Zu dieser Zeit arbeitete ich übrigens als Vorführer bei
den Ealing Studios in der BBC Film Abteilung und das Briefpapier, welches
mir für meinen Brief an MGM dienlich war, ließ den Brief nicht vorzeitig im
Papierkorb enden. Es bereitete mir auch besonderen Spaß die Aufkleber „in
70mm“ von den Plakaten abzumachen, während ich auf den Zug wartete.
Einige
Wochen später fühlte ich mich geehrt, als ich einen Brief von den Metrocolor
Labs in Culver City bekam. Sie schrieben mir, ihr Ziel sei es, dem Publikum
die bestmögliche Bildqualität zu präsentieren. Selbst wenn das
Originalnegativ auf 35mm sei, so ist eine aufgeblasene 70mm-Filmkopie, auch
auf einer großen Leinwand doch einer weniger starken Vergrößerung durch die
Projektion unterlegen und daher sei das Bild heller und ruhiger. Das Negativ,
manchmal sogar das Kameranegativ, wird mittels einer hochqualitativen
Kopieroptik (Micro-Panatar) vergrößert und entzerrt; hochqualitativ
verglichen mit den möglicherweise nicht ganz perfekten anamorphotischen
Vorsätzen der Kino-Projektoren, die für die 35mm CinemaScope-Projektion zum
Einsatz kommen. CinemaScope-Kopien werden übrigens inzwischen immer von
einem Negativ-Duplikat gezogen. Natürlich wollen wir hier den anderen großen
Vorteil von 70mm nicht vergessen, den Mehrkanal-Magnetton zu einer Zeit als
die 35mm-Kopien lediglich mit optischen Mono-Tonspuren ausgestattet waren.
Diese zusätzliche Attraktion machte Musicals wie "Funny Girl" (1968),
"Camelot" ("Camelot – Am Hofe König Arthurs", 1967),
"Sweet Charity" (1969) und "Paint Your Wagon" ("Westwärts
Zieht Der Wind", 1969) zu idealen Kandidaten für ein
Blow-up. Obwohl ich kein großer Musical-Liebhaber bin, so begann ich mit dem
Sehen und Hören des Songs „Who Will Buy“ in "Oliver!" (1968) die Vorteile von
Blow-ups zu schätzen. Ich bin sicher, ich habe selbst nichts damit zu tun,
aber nun bezeugten die Plakate und Anzeigen viel eher, dass der Film „in
70mm präsentiert“ wird. Diese Formulierung wollte jeden zukünftigen Ärger
bezüglich der Warenbeschreibung vermeiden, doch leider wurden auch echte
65mm-Produktionen fortan damit beworben.
Wie kann man denn nun beurteilen, ob es nur ein Blow-up ist? Abgesehen vom
körnigeren Bild, habe ich versucht spezielle Merkmale herauszufinden, die
belegen, dass ein Film mit einer anamorphotischen Optik aufgenommen wurde.
Eines der Merkmale ist, wenn helle Lichtpunkte in den unscharfen Bereichen
am Rand des Bildes, eher Ellipsen bilden, statt, wie sonst üblich, Kreise.
Obschon sowohl 65mm
Ultra Panavision als auch Technirama Anamorphote in
ihren Kameraoptiken verwenden, lässt der kleinere Kompressionsfaktor dieses
spezielle Merkmal weit weniger in Erscheinung treten. Wahrscheinlich ist es
viel einfacher die Angaben im Film über das Kameraverfahren zu erhaschen.
Alle 70mm Blow-ups behielten die Angaben über das ursprüngliche
35mm-Aufnahmeverfahren bei, also bedeutete „Filmed in Panavision“, dass es
sich um ein Blow-up handelte. Manchmal stand auf dem Werbematerial
„Panavision 70“. Als zuvor das neue Panavision 65mm System – dem Todd-AO
nachempfunden – eingeführt wurde, stellte es sich zunächst unter dieser
Bezeichnung vor, beispielsweise "West Side Story" (1961), doch bald wurde der
Zusatz „Super“ vorangestellt, um es von den Blow-ups zu unterscheiden und
wahrscheinlich auch, um nicht von Super Technirama namentlich übertrumpft zu
werden.
Durch den zusätzlichen Reiz für das Publikum, inzwischen ja auch für mich
selbst, zahlte sich die 70mm Auswertung auch an den Kinokassen aus, weshalb
auch frühere Filme anderer Formate eine Wiederaufführung in 70mm erfahren
durften. Dies waren unter anderem die CinemaScope-Filme "Seven Brides for
Seven Brothers" ("Eine Braut für Sieben Brüder", 1954),
"The Longest Day" ("Der Längste Tag", 1962) und "The
Bridge on the River Kwai" ("Die Brücke am Kwai", 1957) und
die VistaVision-filme "War and Peace" ("Krieg und Frieden",
1956) und "The Ten Commandments" ("Die Zehn Gebote",1956) mit ihren großformatigen
Negativen. 70mm-Kopien wurden auch von Filmen des kurzlebigen
CinemaScope-55-Verfahrens gezogen, so kam mit "The King and I" ("Der König Und Ich", 1956) in „Grandeur 70“ auch der Name des alten Fox-70mm-Systems aus den
20er Jahren wieder in die Kinos. Beim letztgenannten waren die 70mm-Kopien
sogar Verkleinerungen, da der Bildbereich des 55mm-Negativs mit
8-Loch-Schaltung sogar noch größer als der von 65mm war. Dies war auch der
Fall, als von
“How the West
was Won” ("Das war der Wilde Westen", 1962) und
“This is
Cinerama” ("Das Ist Cinerama", 1952) aus dem 3-Streifen-Cinerama-Negativ
70mm-Kopien gezogen wurden.
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Ein kontroverses Blow-Up
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Anzeige
von „Film Effects Inc.“ zur Hochkopierung von „ Concert for Bangladesh“
von 16mm auf 70mm. Bild anklicken für größere Darstellung.
Ein
umstritteneres Blow-up war das immer wieder aufgeführte "Gone With The
Wind" ("Vom Winde Verweht", 1939), welches nun in der vollen Pracht von 70mm, Metrocolor
und Stereoton gesehen und gehört werden konnte. Um das Seitenverhältnis des
Bildes vom früher üblichen Normalformat 1,37:1 auf das Breite
70mm-Verhältnis von 2,2:1 zu bringen, wurde der Film jedoch stark
beschnitten und in einem aufwendigen Verfahren der jeweils beste
Bildausschnitt für die Vergrößerung ausgewählt. Ich hatte zwar ein
beklemmendes Gefühl dabei, wollte aber dennoch das Ergebnis sehen. Und ich
muss sagen, aus der Sicht eines durchschnittlichen Zuschauers und das
Originalerlebnis im 4:3-Format von 1939 vor dem Genuss von CinemaScope außer
Acht gelassen, war ich doch recht beeindruckt. Wenn man bedenkt, welch
kleiner Bildbereich aus dem ursprünglichen 3-Streifen-Technicolor-Negativ
verwendet wurde, sah das Bild ganz annehmbar aus und was man an Bildqualität
einzubüßen hatte, machte der Ton mit neu eingefügten Stereo-Effekten wieder
wett. Das war den Kinobesuch wirklich wert, doch diesen Film wird es wohl
nicht mehr auf der breiten Leinwand zu sehen geben.
Ted Turner, der MGM vor
allem des großen Filmbestandes wegen kaufte, restaurierte "Gone With The
Wind" wieder in der originalen Normalformat-Fassung. Inzwischen liegen die Rechte
an diesem Film bei Sony, die weitaus größeres Interesse an digitaler
Restauration haben. Das 65mm Blow-up-Negativ existiert noch, aber davon
werden wahrscheinlich keine neuen Kopien gezogen. Alte Kopien, die noch
existieren, werden inzwischen wohl so pink wie alle älteren Kopien geworden
sein, da die Farben damals noch nicht stabil waren; und diese pinkfarbenen
Kopien kann man ja nur noch 70mm-Enthusiasten zeigen, deren Augen darauf
spezialisiert sind, die fehlenden Farben zu ersetzen.
Kürzlich erst habe ich
einen sehr verblassten Film gemeinsam mit einer netten Dame gesehen, die
sich technisch nicht sonderlich auskannte. Sie dachte, es müsste so aussehen
und fand die Optik des Films sehr angenehm und nicht so grell und bunt (wohl
digital) wie bei heutigen Filmen. Man sollte es in Betracht ziehen, den
alten, verblassten 70mm-Kopien noch eine Chance zu geben und sie mit dem
Zusatz „in augenfreundlichem PinkVision“ bewerben. Auf alle Fälle werden
sich wohl die Puristen und Kritiker, welche den schlechten Umgang mit dem
Klassiker "Gone With The Wind" verurteilten, darüber freuen, dass die
70mm-Kopien in Breitwand sich aus Schamgefühl selbst zerstört haben.
Nach dem Erfolg des verbreiterten "Gone With The Wind" hat MGM einem anderen
seiner früheren Filme eine 70mm-Wiederaufführung angedeihen lassen: Marlon
Brandos "Julius Caesar" (1953). Es sollte einer der wenigen 70mm-Blow-ups in
schwarz-weiß bleiben. In diesem Fall wurde der Film allerdings auf
Farbmaterial gezogen, um ihm ein getöntes Aussehen zu verpassen. Andere
schwarz-weiß Blow-ups an die ich mich erinnere sind der bereits erwähnte
"The Longest Day", "In Harms Way" ("Erster
Sieg", 1965) und
"Is Paris Burning" ("Brennt Paris?", 1966), der am Ende farbig wird. Columbia zog mit 70mm-Versionen
ihrer alten 4:3-Klassiker nach: "The Jolson Story" ("Der Jazzsänger") 1946) und
"The Great Caruso" ("Der Große Caruso", 1951). Ich hoffte immer, MGM würde noch
ein paar andere ihrer frühen Monumentalfilme, wie "Quo Vadis" (1951) und
"Ivanhoe" ("Ivanhoe – Der Schwarze Ritter", 1952) wiederaufführen, doch ich
hatte kein Glück. Ein gutes Blow-up, aus verschiedenen Formaten
zusammengestellt, war "That´s Entertainment" ("Das Gibt’s Nur Einmal", 1974).
Dann gab es auch noch einige Pop-Konzertfilme, die von 16mm auf 70mm
aufgeblasen wurden, oft mit Bildteilung, aber manchmal auch als
beschnittenes Vollbild. Beispiele hierfür sind "Woodstock" (1970) und
"Concert for Bangladesh" (1972).
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Hauptakteur: 70mm Blow-Up
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"Todd-AO
35" nutzte 35mm - siehe Logo auf der Kamera
Glücklicherweise wurde meine Einstellung Blow-ups gegenüber besser, da diese
gegen Ende der 60er daran gingen die Zahl der echten
65mm-Kameranegativ-Filme zu übertreffen, und letztere waren nicht mehr immer
mein Fall. Vorbei waren die Zeiten in denen ich einen Film sehen wollte, nur
weil er 'in Irgendwas' einschließlich 70mm präsentiert wurde. Abgesehen von
einigen wenigen wie "2001: A Space Odyssey" ("2001: Odyssee Im Weltraum", 1968)
und "Chitty Chitty Bang Bang" ("Tschitty Tschitty Bäng Bäng", 1968), der
wirklich Spaß machte, gefielen mir viele Blow-ups besser. Wie die meisten
Cinerama-Begeisterten war ich von deren neuer Technik mit nur einer Kamera
weniger beeindruckt. Meine Loyalität bekam einen zweiten Schlag als diese
ihr erstes Blow-up "The Great Race" ("Das Große Rennen Rund Um Die Welt", 1965)
herausbrachten und litt noch mehr als ich versuchte während "Song of
Norway"
(1970) nicht einzuschlafen. Auf jeden Fall war während der exzellenten
Blow-ups von "The Wild Bunch" ("The Wild Bunch – Sie Kannten
Kein Gesetz",
1969), "Where Eagles Dare" ("Agenten Sterben Einsam", 1968) und
"Tora! Tora! Tora!"
(1970) von Müdigkeit keine Spur.
Obwohl man das zu dieser Zeit noch nicht wusste, so waren es die Blow-ups,
welche 70mm am Leben hielten, als die Ära des 65mm-Negativs für den Kino-Spielfilm,
mit dem für mich irgendwie enttäuschenden "Ryan's Daughter" ("Ryan's
Tochter",
1970) und "The Last Walley" ("Das Vergessene Tal", 1970) in Todd-AO, zu Ende
ging. Todd-AO blieb im Breitbild-Geschäft indem sie anamorphotische Optiken
für 35mm zur Verfügung stellten. Die Bezeichnung „Todd-AO 35“ wurde von den
meisten richtig im Abspann genannt, doch einige waren frech genug die „35“
wegzulassen. Einer derer war "Logan's Run" ("Flucht Ins 23. Jahrhundert", 1976),
der auch in 70mm gezeigt wurde. Als man dann „Filmed in Todd-AO“ sah, dachte
man schon, 65mm sei zurückgekehrt aber bedauerlicherweise war es doch nur
ein Blow-up. Das 65mm-Kameranegativ versuchte hin und wieder ein Comeback
mit Filmen wie "Tron" (1982), "Baraka" (1992), "Far
and Away" ("In Einem Fernen Land", 1992) und "Hamlet" (1996). Sogar Technirama tauchte wieder auf. Disney
verwendete das Verfahren für den Zeichentrickfilm "The Black
Cauldron" ("Taran Und Der Zauberkessel", 1985).
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Sphärisches 35mm ebenfalls hochkopiert
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Obwohl die anamorphen 35mm-Negative am besten
für ein Blow-up geeignet waren, da die geringste Bildfläche weggeschnitten
wurde (2,35:1 im Vergleich zu 70mm 2,2:1), wurden doch immer mehr sphärische
1,85:1 Breitwandfilme aufgeblasen. Frühe Beispiele waren Robert Aldrichs
Kriegsfilme bei MGM: "The Dirty Dozen" ("Das Dreckige Dutzend", 1967) und
"Too
Late the Hero" ("Himmelfahrtskommando Okinnawa", 1970). Zunächst wurde so
vergrößert, dass sie den gesamten Bildraum des 70mm-Formats ausfüllten,
dabei verloren sie aber auch Teile des oberen und unteren Bildrandes. Ein
weiteres Beispiel für diese Technik ist "Man of La Mancha" ("Der Mann Von La Mancha", 1972), den ich nicht verpassen wollte, da Sophia Loren endlich
wieder zu sehen war. Die Bescheidung des Bildes machte mir Sorge: Würde ich
Sophia Loren auch wirklich in allen attraktiven Einzelheiten bewundern
können? (Entschuldigen Sie bitte, ich versuche sie nicht mehr zu erwähnen.)
Schon bald gaben Regisseure und Kameraleute ihre Zustimmung zu einem Blow-up
nur noch, wenn man ihnen zusicherte, dass das ursprüngliche Seitenverhältnis
von 1,85:1 beibehalten werden würde. Auch sie waren besorgt um ihre
Bildkomposition. Die Kopiermaschine bekam eine Optik mit geringerer
Vergrößerung und ließ damit Bildfläche auf beiden Seiten der 70mm-Kopie
ungenutzt. Das erste Mal fiel mir das bei Barbra Streisands "A Star
Is Born"
(1976) auf.
"E.T.
- Der Außerirdische" 70mm Filmbild aus dem Palladium in Malmo, Schweden
Obwohl ich diese Filme 70mm-1,85:1-Kopien nenne, variiert die
Bildbreite doch von Film zu Film. Manche, wie "Cocoon" (1985) füllten mehr des
zur Verfügung stehenden Bildes als andere, wie "E.T. - The
Extra Terrestrial" ("E.T. – Der
Außerirdische", 1982).
Nun denn,
wenn schon das Bild beschnitten war, so hatten wir doch wenigstens das volle
Klangerlebnis. Unglücklicherweise haben uns einige frühe Vorstellungen aber
auch das vorenthalten. In der guten Absicht dem Publikum eine bestmögliche
Präsentation zu zeigen, wurde die Seitenkaschierung ein wenig nach innen
gefahren, damit ein sauberer Seitenrand zu sehen ist. In vielen
Lichtspieltheatern war diese Seitenkaschierung aus schwerem
lichtschluckendem Stoff, der leider auch den Ton der äußeren Lautsprecher
geschluckt hat. Diese waren eben so aufgestellt, das die ganze
Leinwandbreite abgedeckt ist. Dies war jedoch nur ein Problem von kurzer
Dauer, denn die Industrie stellte schon bald akustisch durchlässigen
Maskierungsstoff her. Ich habe es sehr genossen Ridley Scotts "Alien" (1979)
in voller 70mm-Breite von einer anamorphen 35mm-Panavision-Aufnahme zu sehen,
doch war ich enttäuscht, dass der Nachfolger "Aliens" (1986) nur eine seitlich
kaschierte 70mm-Kopie vom sphärischen 1,85:1 war. Ich sah diesen Film,
nachdem ich eine Menschenmenge vor dem Odeon Marble Arch bemerkt und mich
dann mit denen in eine Mitarbeiter-Vorstellung reingeschlichen hatte. Wie
sich später herausstellte, sollte "Aliens" der letzte Film sein, den ich auf
dieser riesigen stark gekrümmten
D-150
Leinwand sehen sollte. Es war schade,
dass ich sie nicht in voller Breite sehen durfte, dieses letzte Mal, bevor
David Lean sie entfernen und durch eine flachere ersetzten ließ, bevor er
dem Theater gestattete, seinen restaurierten "Lawrence of Arabia" zu zeigen.
Das
allerbreiteste Seitenverhältnis aus "Napoleon"
Man sieht sie zwar sehr selten, aber es gibt auch einige 70mm-Kopien, die
vertikal kaschiert werden, um das ursprünglich breitere Seitenverhältnis
beizubehalten. Einige Blow-ups von anamorphem 35mm behielten die 2,35:1 bei,
zum Beispiel "The Deer Hunter" ("Die Durch Die Hölle Gehen", 1978),
"Hook" (1991)
und "Big Trouble in Little China" (1986). "Seven Brides
for Seven Brothers" hatte noch mehr vertikale Kaschierung, da dieser Film das alte
4-Kanal-Magnetton CinemaScope mit seinem 2,55:1-Seitenverhältnis wieder
auferstehen ließ. Der Preis für das breiteste Seitenverhältnis auf einem
70mm-Film geht wohl an Abel Gance’ "Napoleon" (1927), der für die
Tryptichon-Sequenzen nur noch einen schmalen Streifen im Format 4:1 zeigte.
Nebenbei bemerkt ist NAPOLEON wohl auch das älteste Original, welches je auf
70mm kopiert wurde. Auch diese ist eigentlich eine Verkleinerungskopierung,
betrachtet man das ursprüngliche Filmbandmaterial. Dann gab es noch einige
Filme, die eine Mischung aus 35mm und 65mm waren. "Brainstorm" ("Projekt
Brainstorm", 1983) war in weiten Teilen 1,85:1, aber für die
nur-im-Kopf-stattfindenden, virtuellen Bilder reißt die 70mm-Kopie ihre
ganze 65mm-Negativ-Pracht auf. Regie führte der Effekte-Zauberer Douglas
Trumbull, der auf Archivmaterial in Showscan (65mm, 60 Bilder pro Sekunde)
zurückgreifen konnte. "Little Buddha" (1993) wurde ebenfalls sowohl mit 35mm,
als auch mit 65mm-Kameras gedreht um die Optik bestimmter Szenen für die
unterschiedlichen Teile der Geschichte zu verändern.
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Super 35 auf 70mm
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Eine
Möglichkeit das ganze 70mm-Bild mit sphärischem 35mm-Negativ zu füllen ohne
die Vergrößerung zu erhöhen oder die ursprüngliche Bildkomposition zu
verderben, kam mit der Einführung dessen, was unter dem Namen Super 35
bekannt werden würde.
Mitte der 80er Jahre wollte Hugh Hudson seinen Film "Greystoke: The
Legend of Tarzan, Lord of the Apes" ("Greystoke – Die Legende
Von Tarzan, Herr den Affen",
1984) im Format 2,35:1 drehen. Sein Kameramann, der erfahrene John Alcott,
wollte keine anamorphotischen Optiken verwenden, deshalb brachte Technicolor
die alte Idee wieder auf, den Film sphärisch aufzunehmen und dabei die ganze
Breite des 35mm-Films zwischen der Perforation zu verwenden. Normalerweise
wird nämlich Platz für die Tonspur gelassen, die beim Kontaktabzug der
Aufführungskopien noch zwischen Bild und Perforation passen muss. Dieses
größere Vollbild ist derart fotografiert, dass ein Ausschnitt im
Seitenverhältnis 2,35:1 auf einer optischen Kopiermaschine in eine reguläre
anamorphotische Kopie überführt werden kann. Bei "Greystoke" kann eine
70mm-Kopie gezogen werden, indem das ein bisschen höhere Bild aus dem
Negativ auf den Film gebracht wird.
Diese Methode war nicht ganz neu, Bereiche eines sphärischen Bildes zu
vergrößern und zu stauchen war die Grundlage von Superscope in den 50ern.
Außerdem wurde dies auch schon bei 4:3 Archivmaterial gemacht, das in
CinemaScope-Filmen verwendet wurde. Das hatte sich schon früher als
dankbares Verfahren erwiesen als 1982 das Vorhaben, die
Fußball-Weltmeisterschaft mittels des alten Techniscope-Prozesses von
Technicolor festzuhalten, von einem Mangel an Kameras mit 2-Loch-Schaltung
bedroht war. Joe Dunton hatte damals das gleiche Verfahren, das komplette
Bild zu nutzen, vorgeschlagen. Wenngleich es nicht so sparsam wie das
2-Loch-Negativ war, so war das Bild, das man daraus gewinnen konnte, doch
etwas größer und wurde dann als Super Techniscope bekannt. Andere Labore und
Kamerafirmen brachten andere Namen, wie Super Panavision 35, System35 und
Super 35, auf. Letzteres blieb und wurde allgemein angenommen, so dass man
sich auch bald auf den Bildbereich, der aus dem 4-Loch-Negativ gewonnen
werden sollte, einigen konnte. Obwohl die Negativbildgröße nur zwei Drittel
eines anamorphen Negativs entspricht, so sind doch die Qualitätseinbußen
kaum bemerkbar. Dieses alternative 2,35:1-Format wurde daher recht beliebt,
so dass 50% der Filme bald auf diese Art gedreht wurden. Unter denen die auf
70mm hochkopiert wurden, sind James Camerons "The Abyss" ("Abyss
- Abgrund Des Todes", 1989), "Terminator 2: Judgement Day" ("Terminator
2 – Tag Der Abrechnung",
1992) und "Titanic" (1996) gute Beispiele für die hervorragenden Ergebnisse
die man damit erzielte. Zu den anderen gehört "Howards End" ("Wiedersehen
in Howards End", 1992), "Remains of the Day" ("Was Vom Tage Übrig Blieb", 1993) und
"Independence Day" (1996), eines der letzten 70mm Blow-ups.
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Die größte Anzahl an Kopien
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Für viele
ist die Blütezeit der 70mm-Filme die Zeit der Monumentalfilme und der großen
Musicals der 50er und 60er. Jedoch waren es die 70er und 80er, in denen die
meisten Kopien gezogen wurden. Vor dieser Zeit war das Vertriebsschema der
Verleiher ein anderes. Die großen Roadshows – nur wenige im ganzen Land –
benötigten auch nur eine kleine Anzahl an Kopien mit langer Haltbarkeit.
Einer Anzeige für die
DP70 zufolge lief eine einzige Kopie von
"South Pacific"
("Süd Pazifik", 1958) über zwei Jahre lang im Dominion in London. Von
"The Fall of the Roman Empire" wurden überhaupt nur zwei Kopien für die britische
Auswertung gezogen. Diese zogen dann für viele Jahre durch das ganze Land
bis sie im Nationalen Filmarchiv endeten, dort aber schon einige Male im
National Film Theatre wieder zum Leben erweckt wurden. Glücklicherweise
blieben die Farben länger stabil und verblichen, anders als bei den meisten
gleich alten Filmen, erst kürzlich. Die Anzahl der Kopien stieg mit
“Star Wars” ("Krieg Der
Sterne", 1977) auf ungefähr 30 an. Als in den 80ern
landesweite Starts zur Norm wurden, benötigten Blow-ups wie
“The Empire Strikes Back” ("Das Imperium Schlägt Zurück", 1980) über 100 Kopien. Dies stieg
mit "Return of the Jedi" ("Rückkehr Der Jedi-Ritter", 1983) weiter auf 150 an
und schließlich war die Rekordzahl mit über 240 Kopien für "Indiana
Jones Aand the Temple of Doom" ("Indiana Jones und der Tempel
des Todes", 1984) erreicht.
Mit den zunehmenden Stückzahlen, wurde bei der Herstellung der Filmkopien
immer auch ein 65mm Blow-up Negativ-Duplikat hergestellt um die
Massenanfertigung der Kontaktkopien mit Hochgeschwindigkeit zu gewährleisten.
Und das alles mit einem immer geringer werdenden Qualitätsverlust mit
ständig sich verbesserndem Duplikatmaterial.
Natürlich war die Herstellung
einer 70mm-Kopie immer noch eine aufwändige Sache und dauerte länger als bei
35mm. Nach der Entwicklung musste jeder Film mit den Magnettonpisten
versehen und einzeln bespielt werden. Dies blieb das führende Tonformat des
Kinos, selbst nachdem Dolbys Stereo-Lichttonspuren besseren Mehrkanalton auf
35mm-Film brachten. 4-Kanal-Magnetton auf 35mm blieb nur begrenzt in
Verwendung, fand auch keine allgemeine Akzeptanz bei den Kinobetreibern, so
dass man in den meisten Kinos nur Mono-Lichtton hören konnte. Dolby hatte
aber auch auf den 6-Kanalton von 70mm Einfluss. Dessen
Rauschunterdrückungssystem wurde angewendet und die Spuren neu verteilt. Die
ursprünglichen fünf Frontkanäle wurden auf drei Kanäle reduziert. Der obere
Frequenzbereich der zwei freigewordenen wurde für gerichtete Surroundeffekte
benutzt und der untere für den Zusatz niederfrequenter Sub-Bass-Effekte
(baby boom), was besonders nach dem Erfolg von „Sensurround“ in Mode kam.
Man konnte Sensurround als erstes mit dem erfolgreichen Blow-up "Earthquake" ("Erdbeben",
1974) „fühlen“, auf der 70mm-Kopie war ein zusätzliches Steuersignal
angebracht, um den Erdbeben-Generator zu entfesseln. (Es gab aber auch
Kopien, die die niedrigen Frequenzen auf den normalen Tonspuren hatten.)
Der inzwischen weitverbreitete Dolby-Stereo-Lichtton schloss die
Qualitäts-Lücke zwischen dem 70mm und dem 35mm-Filmton und holte Anfang der
90er noch weiter auf, als verschiedene digitale Systeme auf den Markt kamen.
Deren erstes
CDS (Cinema Digital Sound) hatte auch an 70mm gedacht. Obwohl
es von Disney unterstützt wurde, fiel es dennoch durch, da es die üblichen
analogen Tonspuren sowohl auf 35mm als auch auf 70mm-Film ersetzte, weswegen
dann unterschiedliche Kopien hätten angefertigt werden müssen. Die letztlich
erfolgreichen Digitaltonverfahren konnten ihre Tonspuren alle auf den
35mm-Film bringen, ohne die analoge Tonspur zu verdrängen: Dolby, SDDS und
DTS.
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Rückgang von 70mm Aufführungen
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70mm-Veröffentlichungen gingen in den 90ern rapide zurück und bekamen den
finalen Schlag als das Magnetton-Verfahren zu einer Gefahr für den Planeten
erklärt wurde. Wenn es bereits auf dem Träger ist, stellt es keine Gefahr
mehr dar, aber die Paste aus „flüssigem Magnetband“ enthält Lösungsmittel
und andere umweltfeindliche Chemikalien, während sie aufgebracht wird. Ich
wusste, irgendwas ist passiert, als am anderen Ende der Filmbandbreitenskala
Kodak den Bestand aus bereits mit Magnetband versehenem Filmmaterial aus dem
Handel nahm, den ich für meine Super-8-Kamera verwendete. Die letzten
70mm-Kopien, die von Technicolor in London mit Magnettonstreifen versehen
wurden waren die von Kenneth Branaghs "Hamlet". Ich denke die wenigen Labore,
die diese Arbeit noch anboten, waren froh, dass es vorüber war. Im digitalen
Zeitalter war das eine zeitraubende und veraltete Technik. Manchmal ging es
schief und man musste das Magnetband wieder abwaschen und es nochmals
versuchen. Wenn das Magnetband erstmal auf dem Film ist, muss der Ton
aufgespielt und überprüft werden. Jeder Aussetzer bedeutet natürlich, dass
man die Spur neu aufspielen muss. All das hat die Lieferzeit erhöht und auch
zu den hohen Kosten von 70mm-Filmen beigetragen, von denen manchmal bis zu
drei Viertel für den Ton draufgingen.
Aber es war noch nicht alles verloren, Hilfe nahte in Form des digitalen
DTS-Systems. Dieses hat nur eine Kontrollspur auf der Kopie und den
eigentlichen Ton auf einer separaten CD. Abgesehen von ein paar Premieren,
die einen zugeschalteten Dolbyton verwendeten, hatten die letzten wenigen
70mm-Veröffentlichungen und die neu gezogenen Wiederaufführungen eine
optische Codespur auf der linken Innenseite der Perforation aufgebracht und
können so, falls notwendig, mit der gleichen CD-ROM wie die entsprechende
35mm-Kopie gespielt werden.
Wie viele andere 70mm-Fans kann ich so gut wie alle „echten“ auf
65mm-Negativ gedrehten abendfüllenden Spielfilme aufzählen. Schwierig wird
es, mit den über 400
blow-ups mitzukommen. Es ist natürlich reine
Geschmacksache, aber wenn ich mir die Liste so ansehe, dann erscheint der
ein oder andere wie eine Verschwendung von 70mm-Material. Meiner Meinung
nach hätte man "Howard the Duck" ("Howard – Ein Tierischer Held", 1986) bleiben
lassen sollen, wohingegen SPEED (1994) mit seinen vielen subjektiven
Kameraeinstellungen aus dem fahrenden Bus recht gut auf der großen
gekrümmten Leinwand ausgesehen hätte. Blow-ups haben viele große Action-Filme
beeinflusst, unter meinen liebsten sind "Die Hard" ("Stirb
Langsam", 1988),
"Predator" (1987) und "Terminator 2: Judgement Day". Von den sanfteren
70mm-Filmen hat mir der gegen Ende ein wenig traurige "Remains of
the Day" gut gefallen. Traurig werde ich auch, wenn ich die Zukunft von 70mm betrachte,
so war ich manches Mal enttäuscht, dass ein Film als 70mm-Veröffentlichung
geplant war, dann aber doch nur auf 35 rauskam. Einer jener war "The
Private Life of Sherlock Holmes" ("Das Privatleben Des
Sherlock Holmes", 1970). Er war
viel länger geplant, sollte eine Pause haben und eine richtige
Roadshow-Präsentation in 70mm bekommen. Sogar das Bühnenbild in den
Pinewood-Studios war schon mit mehr Details erstellt worden, um der größeren
Leinwand Rechnung zu tragen. Leider war es für 70mm nicht hilfreich, dass
Filme wie "STAR!" (1968) und "Doctor Dolittle" (1967) an den Kassen floppten, daher
bekamen die Produzenten es mit der Angst zu tun, kürzten den Film um über
eine Stunde und strichen auch die 70mm-Veröffentlichung. Ein aktueller Film,
der ein idealer Kandidat für ein Blow-up gewesen wäre, ist "Gladiator" (2000), doch inzwischen ist es einfach schon zu spät, der 70mm-Zug ist abgefahren.
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Einige 70mm Anekdoten
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Ich bin
sicher, den meisten von ihnen, habe ich nicht viel Neues erzählt, doch
möchte ich jetzt am Ende ein paar Anekdoten rund um das Blow-up erzählen in
denen ich wohl auch ein wenig mit berühmten Namen angeben werde.
Während
meiner Zeit als Vorführer bei der BBC, kam Sir Richard Attenborough herein
um ein PR-Interview zu seinem neuen Film "A Bridge too Far" ("Die Brücke Von
Arnhem", 1977) vorzubereiten. Er zeigte dem Moderator ein paar Ausschnitte.
Während eines Gesprächs danach erwähnte ich, ich wolle mir den Rest des
Films im West End gerne ansehen. Ich sagte ihm auch, ich habe gehört, er sei
in 70mm, dass dies aber nicht sonderlich in der Werbung erwähnt worden sei.
Da erzählte er mir, der Film sei nur auf 70mm gezogen worden, um die
britische Quote zu umgehen und damit länger im Odeon Marble Arch laufen zu
können. Zu dieser Zeit, das war 1977, war die Quotenregelung noch in Kraft,
die die britische Filmindustrie vor der Übermacht Hollywoods schützen sollte.
Daher war vorgeschrieben, dass für eine gewisse Zeit alle kommerziellen
Kinos (mit Standard-35mm) mindestens 15% ihrer Spielzeit englischen Filmen
widmen müssen. Ausgenommen davon waren 16mm, Cinerama und 70mm. (Ebenfalls
ausgenommen davon war das kleinere
34mm-Format, welches für
"Around the World in 80 Days" ("In Achtzig Tagen Um Die Welt", 1956) verwendet wurde.) Obwohl
mir der Film recht britisch vorkam, war er offenbar nach den strengen
Auflagen dieses Gesetzes nicht britisch genug.
Der Anteil am Filmbudget für
britische Arbeiter war nämlich nicht ausreichend. Bevor die Quote 1983
abgeschafft wurde, half sie nicht nur britischen Arbeitern Geld in der
Filmindustrie zu verdienen, sondern verhalf uns auch zu mehr
70mm-Vorstellungen. Anscheinend kann man in Ländern mit noch mehr
Regulierungen, wie in Südamerika, höhere Eintrittspreise für
70mm-Vorstellungen verlangen. Ich habe gehört, dass sie manchmal nur Monoton
oder einfachen Stereoton (nur die Musik) hatten, wie diese einmalige
besondere Premierenkopie, die spät in der Nacht gezogen wurde. Dies wurde
mir von Produzent Euan Lloyd, der beim diesjährigen Bradford
Widescreen Weekend einen Vortrag hielt, bestätigt. Es war seine Entscheidung ein
Blow-up für die Premiere seines Films "Shalako" ("Man Nennt Mich Shalako", 1968)
zu ziehen, jedoch wurde es hinterher nur noch selten eingesetzt. (Und auch
von den Listenerstellern bislang übersehen.)
Doch zurück zu Sir Richard: Ich
glaube er war nicht immer von 70mm beeindruckt. Auf der Bühne im Odeon
Leicester Square kündigte er die Premiere seines späteren Filmes "A Chorus
Line" (1985) an: Es sei zwar ein 70mm-Film, jedoch „nur ein Blow-up vom
35mm-Film“ (Super-35) und daher sei qualitativ nicht allzu viel zu erwarten.
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Meine
Lieblingsgeschichte über Blow-ups wurde mir von einem befreundeten Kollegen
bei der BBC erzählt. Bei einem Urlaub im Ausland lernte er eine junge Frau
kennen, die ihm erzählte, sie arbeite manchmal als Vorführerin. Sie hatte
einen Freund zu Hause, dessen Ziel es war, das luxuriöseste und qualitativ
beste Porno-Lichtspieltheater Deutschlands zu eröffnen. Zu diesem Zweck, und
mit der finanziellen Hilfe seiner reichen Eltern, bestellte er
70mm-Projektoren von Philips. Leider fand er schon bald heraus, dass sein
bevorzugtes Filmgenre im 70mm-Bereich eher unterrepräsentiert war. In der
Sorge die Projektoren zurückzubekommen, empfahl ihm Philips eine
Vergrößerungskopie von 35mm oder sogar vom 16mm-Film auszutesten. Ein
geeigneter Film wurde zu Technicolor nach London geschickt, die gerne das
Geld für einen schnellen Blow-up-Job einsteckten. Die Frau erzählte, die
Bildqualität, die gesamte Optik, sei furchtbar gewesen, der Ton jedoch
großartig! Kurz danach, aus Mangel an 70mm-Pornos, spielte das Kino auch
Mainstream, zuallererst "Lawrence of Arabia". Mein Kollege erzählte, sie sei
sehr glaubhaft gewesen und die Details zu genau um erfunden zu sein, jedoch
war er nie in der Lage diese Geschichte zu bestätigen. Dies wäre ein nettes
Forschungsprojekt für einen deutschen Enthusiasten, also einen
70mm-Enthusiasten natürlich.
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70mm Nachschub versiegt
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Das
letzte Blow-up mit einer bedeutsamen Anzahl an 70mm-Kopien war "Titanic",
bevor alles mit dem Feuerwerk der speziellen Kopien von "Independence
Day" und
"Armageddon" ("Armageddon – Das Jüngste Gericht", 1998) ein Ende nahm. Die
Zeiten sind wohl vorbei, in denen aktuelle Filme auch auf 70mm herauskommen.
Da die Versorgung mit 70mm nachlässt, bauen auch immer mehr Filmtheater ihre
Anlagen ab. Die heutige Betonung liegt auf dem digitalen Kino, weswegen auch
35mm-Filme bedroht sind.
Positiv gesehen, freue ich mich immer noch sehr auf
70mm Wiederaufführungen wie "Vertigo" (1958) und die herrlichen neuen Kopien
von "Those Magnificent Men in their Flying Machines or how I flew
From London to Paris in 25 Hours and 11 Minutes" ("Die Tollkühnen
Männer In Ihren Fliegenden Kisten", 1965) und "Cleopatra" (1963). Es gibt Diskussion über neu gezogene
Kopien von alten Blow-ups, manche meinen, sei seien ja nie richtiges 70mm
gewesen. Zum Glück gibt es die 70mm-Festivals wie das
Widescreen Weekend
(Bradford) und Todd-AO Festival (Karlsruhe),
die immer noch großartige Blow-ups aus der Vergangenheit ausgraben. Und
wären diese nicht mit im Programm, dann müssten wir wohl alle früher nach
Hause gehen.
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Updated
28-07-24 |
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