Das Grindel Filmtheater
Das legendäre Hamburger Cinerama Kino
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Von: Gerhard Witte, Berlin |
Date:
26.07.2009 |
Das Grindel Filmtheater in all seiner Pracht mit einer 27x10 Meter großen gekrümmten Leinwand in den 1960er Jahren.
Bild aus der Sammlung vom Autor
"Das Grindel" nannten die Hamburger einst liebevoll das Grindel Filmtheater, das am 25.11.1959, nahe der Grindel-Hochhäuser, am Grindelberg 7a seine Pforten öffnete. Der Eröffnungsfilm war damals der Film “Im Zeichen Roms/Nel Segno di Roma/Sign of Rome/Sign of the Gladiator” in Eastmancolor und Dyaliscope mit Anita Ekberg.
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in 70mm reading:
The Grindel Filmtheater
DP70s in Germany
Internet link:
Save the Grindel
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Das Grindel Filmtheater in den 1960er Jahren.
Bild aus der Sammlung vom Autor
Der Architekt war der renommierte Joachim Glüer (damals auch in
Zusammenarbeit mit Gerd W. Blaettchen), der zuvor auch das erste TODD-AO Filmtheater Europas entwarf, nämlich das "Savoy" - ebenso in Hamburg. Es wurde am 14.03.1957 mit dem Film "Roter Staub (The Brave One)" eröffnet. Nachfolgend kam dann später der erste TODD-AO Film "Oklahoma!" ins Savoy-Kino.
Die Leinwandgröße war damals mit 20x8,4 m außergewöhnlich groß gewesen. Vom
August 2008 bis Ende Oktober 2011 diente das Savoy als Ausweichstätte für
ein Kino der Hamburger Kinemathek e.V. mit dem Namen "Metropolis". Danach
wurde der Filmpalast geschlossen und hat nun eine unsichere Zukunft.
Das Grindel Filmtheater hatte 753 Sitze und man erzählte, daß bereits 77 777 Besucher bis zum 13.11.1960 in dem Kino gezählt wurden.
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Memories
When I was a little boy, I saw nearly every film in this wonderful cinema. Great experiences which I remember to this day. Many greetings from Berlin
Gerhard Witte
Berlin, 24.07.2009
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Das Grindel Filmtheater mit seinen Cinerama-Filmprojektoren.
Bild aus der Sammlung vom Autor
Im Januar 1963 wurde das Kino zwecks Veränderung kurzfristig geschlossen. Im Februar 1963 fand hier dann anschließend die Deutschlandpremiere von "Das war der Wilde Westen (How the West Was Won)" in Cinerama statt - mit einer neuen eingebauten riesigen gebogenen Leinwand mit einer Größe von 27x10 m. Es handelte sich dabei um eine sog. "louvered screen". Sie bestand aus Hunderten von einem Zoll breiten Streifen reißfesten Kunststoffs, die senkrecht in einen starken Rahmen gespannt sind.
Genauere Erklärung dazu siehe bei Wikipedia
Das Grindel Filmtheater nannte sich nun "Cinerama Grindel Filmtheater"
Später waren 6 Projektoren im Filmvorführerraum fähig, alle Filmformate zu zeigen, auch Sensurround.
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70mm Premieren
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Premierenannonce
des Films "Khartoum" (UK, 1966) vom 22. September 1966 im Grindel
Filmtheater. Alle Annoncen in diesem Report sind aus Gerhard Wittes Sammlung.
Unter dem Kino befand sich damals ein Restaurant mit dem Namen "Nürnberger Bratwurstglöckl". Wenn "oben" ein Sensurround-Film gezeigt wurde, kam es ab und an vor, daß sich durch die Vibrationen an der Decke des Restaurants Putz löste und ins Essen der Gäste fiel. Das gab natürlich Ärger mit dem Restaurantbesitzer.
Viele norddeutsche Filmpremieren fanden in dem Kino statt.
Zum Beispiel:
”Die Wunderwelt der Gebrüder Grimm (The Wonderful World of the Brothers Grimm)”
“Eine total total verrückte Welt ( It´s a Mad Mad Mad Mad World)”
“Cheyenne (Cheyenne Autumn)”
“Goldbgräber Molly (The unsinkable Molly Brown)”
“Ryan's Tochter (Ryan's Daughter)”
“Die größte Geschichte aller Zeiten (The Greatest Story ever Told)”
.....und natürlich "Doktor Schiwago (Doctor Zhivago)". Dieser Film lief dort damals sage und schreibe 2 1/2 Jahre.
Im April 1965 fand hier auch die Weltpremiere des Films "Dschingis Khan (Genghis Khan)", mit einer extra für die Premiere hergestellten 70mm "Blow Up" Kopie, zu der auch die Hauptdarsteller anwesend waren, statt.
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Doktor
Schiwago (USA/Italien, 1965) - Die Premiere des Films ereignete sich am 18.
November 1966. "Die Revolution liefert nur den Hintergrund, vor dem sich
eine sehr bewegende und ganz persönliche Liebesgeschichte entrollt". (David
Lean)
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Neue Besitzer, neue Namen
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Das Grindel Filmtheater an einem verschneiten Wintertag.
Bild aus der Sammlung vom Autor
Zuallerst war das Grindel Filmtheater ein freistehendes, einige Meter an der
Seite der "Grindelberg- Strasse" liegendes, gut zu sehendes Gebäude. 1970/71
wurde dem Kino ein Bürogebäude sozusagen "vor die Nase" gesetzt. Somit war
der Filmpalast leider nicht mehr zu sehen. In den Eingangsbereich (Foyer)
kam man dann nur noch, indem man durch das Erdgschoß des nun davorstehenden
Bürogebäudes ging.
1975 wurde die "Universum Film AG" (UFA) Besitzer des Kinos.
Der neue Name des Kinos lautete nun "Ufa Grindel Filmtheater".
Herr Heinz Riech, der neue Prinzipal vieler Kinos in Deutschland, verkleinerte das Foyer des Kinos, indem er dort zwei neue sog. "Schachtel-Kinos" einbaute. Der alte Charme des Foyers war somit verloren gegangen.
Das Hauptkino blieb unberührt. 1989 wurde dort das THX-Ton-System installiert.
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Mehrere Leinwände
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Das alte Foyer vom Grindel Filmtheater.
Bild aus der Sammlung vom Autor
Mitte 1995 fanden weitere Veränderungen statt.
Man entfernte die beiden kleinen Kinos im Foyer. Die gebogene 27x10m große
Leinwand im alten Hauptkino wurde bereits zuvor gegen eine kleinere flache
Leinwand (20x11m) ausgetauscht - eigentlich wurde damals die flache Leinwand
der gebogenen einfach vorgebaut.
Auch das Innere des Kinos wurde deutlich umgestaltet.
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Weitere 5 Kinos wurden am Kopfende des Hauptkinos angebaut:
Kino 1 : 653 Sitze (Haupt-Kino) Dolby Digital, DTS, SDDS, THX, 70mm Leinwandgröße: 20 x 11 m
Kino 2 : 205 Sitze Dolby Digital Leinwandgröße: 13 x 8 m
Kino 3 : 227 Sitze Dolby Digital Leinwandgröße: 13 x 8 m
Kino 4 : 283 Sitze Dolby Digital, DTS Leinwandgröße: 13 x 8 m
Kino 5 : 257 Sitze Dolby Digital Leinwandgröße: 10 x 7 m
Kino 6: 285 Sitze Dolby Digital, DTS Leinwandgröße: 13,5x8 m
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Am 24.11.1995 wurde das erste Hamburger Multiplex Kino, jetzt mit dem Namen "Ufa Grindel Palast", mit insgesamt 1910 Sitzplätzen eröffnet.
Nach Schließung des Hamburger "City Filmtheaters" im Jahre 2001, gingen von dort die gezeigten original englischen Filmversionen und auch die allgemein beliebten "Sneak Previews" an den Ufa Grindel Palast.
2007 hielt auch der 3-D-Digital-Film seinen Einzug in das Kino.
Es wurden anfangs Besucheranstiege verzeichnet, aber im Weiteren erhöhten sich auch die Mieten und das Kino kam dann letzlich doch durch fehlende Besucher in Bedrängnis.
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Rettet das Grindel - ein verlorener Kampf
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Ein erschreckendes Bild vom Abriss des Grindel Filmtheaters im April 2009. Bild von Herrn Stefan Reich
Ein Verein mit dem Namen "Save the Grindel" wurde gegründet. Trotz einer großen Unterschriftensammlung und intensivem Kontakt mit Politikern fiel die Rettung des Kinos letztlich leider negativ aus.
Nach fast 50 jährigem Bestehen, am 26.03.2008, wurde es geschlossen, um
Platz für eine neue Wohnraumbesiedelung zu schaffen.
R.I.P.
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Alamo
(USA, 1960) - John Waynes epischer Western hatte in Todd-AO Premiere am 16.
Februar 1961. Das Missionshaus, das zur Festung wurde... Die Festung, die
ein Denkmal wurde.
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Süd
Pazifik (USA, 1958) - am 10. September 1964 erstmals in Todd-AO auf der
stark gekrümmten 27 x 10 Meter großen Leinwand im Grindel zu sehen. Rogers
und Hammersteins ergreifende Bühnenshow nun in brillanten Farben und mit
6-Kanal Magnetton auch im Kino.
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Vom
Winde verweht (USA, 1939) - hatte am 02. Oktober 1969 in einer 70mm Version
im Cinerama Grindel Filmtheater Premiere. Der Film erschien 1939 mit dem
Anspruch in der Filmwelt, der größte Film aller Zeiten zu sein.
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Ben
Hur (USA, 1959) - zuvor lief William Wylers Meisterwerk fortlaufend für mehr
als zwei Jahre im Hamburger Savoy-Kino. Nun im Grindel vom 30. Januar 1970
für 8 Wochen auf der großen Leinwand.
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Bestuhlungsplan.
Bild entnommen aus der Broschüre “Filmtheater in der Freien und Hansestadt
Hamburg“.
Die 753 Sitze des Filmtheaters waren bei seiner Eröffnung 1959 mit
orangefarbenen und blaugrünem Dralon bezogen. Die Wände des Zuschauerraumes
erhielten eine Senn-Eschen- und Makassar-Holztäfelung versehen mit
Putzler-Leuchten. Der Fußbodenbelag bestand aus grünschwarzem
Girnowa-Teppich. Im Foyer wurden die Wände mit gebeizten Ahorn belegt.
Bauherr des Filmtheaters war die Grundstücksgesellschaft “Hamburger Haus
m.b.H“. (Quelle: Filmjournal "Hamburger Flimmern")
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Der
UFA Grindel Palast an der Grindelberg-Straße (hier Haupteingang) wurde im
März 2008 für immer geschlossen. Das ehemalige Kino-Foyer ist erhalten
geblieben. Dort ist heute ein Drogeriemarkt untergebracht. Bild vom Autor
aufgenommen.
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Das
ehemalige Cinerama-Kino wurde zuletzt abgerissen. Bild von Stefan Reich.
Die Abrissbirne sorgte im April 2009 für das Ende des Grindel
Filmtheaters. Nach fast einem halben Jahrhundert hatten die Kinosäle nun
ausgedient und an ihrer Stelle wurden lukrativere Mietwohnungen gebaut.
Sitze, Leinwände und Projektoren zogen nach Serbien (Belgrad) um. Der
Regisseur Emir Kusturica, er wurde berühmt durch seine Filme “Arizona Dream“
(USA/Frankreich, 1993) und “Das Leben ist ein Wunder“ (Serbien/Montenegro/Frankreich/Italien,
2004), fand mit einem neuen Kino-Projekt dafür Verwendung.
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Informationen vom Hamburger Film- und
Fernsehmuseum sind zu erhalten unter:
www.filmmuseum-hamburg.de |
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Updated
28-07-24 |
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