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Victor Young 1900 - 1956
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Written
by: Udo Heimansberg,
Düsseldorf, Germany, September
2012 |
Date:
02.11.2012 |
Udo Heimansberg
introducing "Around the World in 80 Days"
Victor Young wurde in Chicago in eine musikalische Familie hineingeboren-
seine Eltern waren viel auf Tournee und schickten den kleinen Victor
1906 nach Warschau zu den Großeltern. Mit 6 Jahren spielte er bereits
Vioiine, später Klavier und nach seinem Abschluß am Warschauer
Kaiserlichen Konservatorium (mit Auszeichnung!) war er erster Geiger bei
den Warschauer Philharmonikern unter Julius Wertheim. Nachdem er
zunächst von den Russen, dann von den Deutschen inhaftiert wurde, kehrte
er 1920 in die U.S.A. zuruck. Nach einem Jahr ohne Arbeit wurde er
Konzertmeister bei Sid Grauman's Million Dollar Theatre Orchestra,
anschliessend bei Paramount-Publix- Theatres. Er begleitete Stummfilme,
arbeitete aber auch als Bandleader und wurde so schnell ein Radio- und
Schallplattenstar.
Mitte der 30er Jahre ging er nach Hollywood und wandte sich der noch
jungen Kunst der Filmkomposition zu. Mit umwerfendem Erfolg! Mehr als
350 Filme, darunter Klassiker wie JOHNNY GUITAR (mit dem
berühmten Titelsong, gesungen und getextet von Peggy Lee), WEM DIE
STUNDE SCHLAGT, DER SIEGER, ROTER STAUB, MEIN
GROSSER FREUND SHANE u.v.a. Daneben produzierte er weiter
Schallplatten, Songs („Stella by Starlight“)und Broadway-Shows. Die
erste Aufnahme von ,,0ver The Rainbow" mit Judy Garland war mit dem
Orchester Victor Young. Die Filmthemen seiner Kollegen und eigene
Kompositionen veröffentlichte er mit seinem Orchester: „Victor Young and
his Singing Strings".
Sein Freund Henry Mancini: "Vic liebte das Leben in allen Variationen.
Er war ein ganzer Mann, geradeheraus, ohne Umschweife. Ein großartiger
Mensch, der hart arbeitete und damit-wie ich glaube- seinen frühen Tod
herbeiführte"*.
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Und Victor Youngs Humor war gefürchtet
Einmal belauschte er die Musikaufnahmen seines Freundes und Kollegen Max
Steiner bei Warner Bros., notierte das Thema, orchestrierte es neu und
nahm es mit seinem Orchester bei Paramountauf. Beim nächsten gemeinsamen
Pokerabend ließ er diese Aufnahme über Tonband im Radio laufen. Max
wurde kreidebleich und fragte ,,Was ist das"? Victor antwortete: ,,Ach
das? Keine Ahnung, läuft jeden Tag im Radio!" Max Steiner verließ
daraufhin fluchtartig die Pokerrunde! (Ob er rechtzeitig aufgeklart
wurde, ist nicht überliefert...)
Victor Youngs Musik zu IN 80 TAGEN UM DIE WELT ist die wohl
ungenierteste Sammlung von Klischees in der Filmmusikgeschichte: von
,,Rule Britannia" über ,,Maxixe" (Der Maxixe (gelegentlich auch Machiche
oder Matchiche geschrieben) ist ein brasilianischer Tanz im 2/4-Takt,
der auch als Brasilianischer Tango bekannt geworden ist und vom Samba
verdrängt wurde) und pseudo-indische Folklore (die man heute in der
Bollywood-Musik wiederfindet- mit ähnlicher Ornamentik) bis zu den
unvermeidlichen Indianer-Kriegstanz-Trommelrhythmen! Am Anfang in der
Ouvertüre und zum SchluB noch einmal alles vereint im herrlichen Abspann
von Saul Bass: Das ist Hollywood-Musik ,,At it's Best" zu einer Zeit,
als andere Komponisten wie Alex North, Leonard Rosenman, Bernard
Herrmann oder Elmer Bernstein gerade fleißig dabei waren, diese Art der
musikalischen ,,Untermalung" zu Grabe zu tragen, bevor sie 1977 mit John
Williams und STAR WARS, auf andere Art natürlich, glorreich wieder
auferstehen sollte! Auch stand sie im Gegensatz zu den Kompositionen von
Franz Waxman, David Raksin, Jerome Moross oder Miklós Rózsa, wo hingegen
Alfred Newman, Dimitri Tiomkin oder Bronislau Kaper gelegentlich hin-
und hersprangen.
IN 80 TAGEN UM DIE WELT- was wäre das Technicolor-Todd-AO-Meisterwerk
ohne diese Musik von Victor Young mit über 100 Musikern (+ Chor) in
vollem 6-Kanal-Ton unter der dynamischen Leitung des Komponisten? Da
kann niemand weghören, diese Filmmusik ist präsent ohne aufdringlich zu
sein, kaum eine Szene ohne sie und dennoch niemals überflüssig, etwas,
was im heutigen Mainstream-Kino eher selten der Fall ist! Denn Youngs
Musik sollte nicht dramaturgische Schwachen übertünchen oder
inszenatorische Mängel mit Lautstarke korrigieren- sie war einer der
Stars des Films, natürlich in einer Hauprolle!
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Clemens
& Udo
Dafür spricht nicht zuletzt die typische
Victor-Young-Themenvielfalt, vom unvergesslichen Hauptthema (Vorsicht:
Ohrwurm!) bis zur Selbstparodie (Western-Thema!). Überhaupt war das
melodische komponieren Youngs Stärke. Er verfügte über eine scheinbar
nie versiegende Quelle, aus der die Themen und Melodien nur so
heraussprudelten. Offensichtlich eine Gabe der Meister der Goldenen
Hollywoodzeit, zu denen ja auch ein George Gershwin gehörte. Das ist
heute eher selten geworden. Die Könner sterben langsam aus (Jerry
Goldsmith, Elmer Bernstein), John Williams (der in Victor Youngs
Orchester gelegentlich Klavier spielte) ist über 80. Bleiben vielleicht
Talente wie Howard Shore, Danny Elfman, John Newton Howard, Carter
Burwell oder Alan Silvestri, die in der Lage sind, so man sie lässt,
starke Themen zu komponieren (z.B. „Herr der Ringe“).
Zurück zu IN 80 TAGEN UM DIE WELT: Die erste Garde der
Orchestratoren und Studiomusiker (darunter,,Pink-Panther/Ted Nash, die
späteren Komponisten Dominic Frontiere (Akkordeon) und Jimmie Haskell,
der Gitarrist Tommy Tedesco u.v.a.) sind hier am Werk- und man erlebt
die Spielfreude! Hier geben alle ihrem „Affen Zucker“- und obwohl diese
Partitur vielleicht die letzte ihrer Art war, bleibt sie als positives
Beispiel für einfache (aber nicht einfältige), wirkungsvolle Hollywood-Filmmusik
in Erinnerung.
Victor Young bekam dafür seinen einzigen Oscar- die Verleihung erlebte
er nicht mehr, der Workaholic starb kurz vor der Oscarverleihung mit nur
56 Jahren an einem Herzinfarkt. Den Auftrag für Cecil B. DeMilles
„DIE 10 GEBOTE“ vermittelte er an den jungen Kollegen Elmer
Bernstein, der ,,in Victor-Young-Manier" dieses Epos vertonte (sein
eigener Personalstil war eher dem MANN MIT DEM GOLDENEN ARM
geschuldet, unmittelbar davor!). Einen Themenentwurf schrieb Young noch,
daraus entstand die ,,0uvertüre", arrangiert und dirigiert von
Bernstein, die keinen weiteren thematischen Bezug zum Rest der Musik
hat. Sie ist eine Verbeugung vor Victor Young, dem Elmer Bernstein
seinen Karrieresprung verdankte und dem er "auf ewig dankbar" war.
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Lassen wir VY zu Wort kommen:
"Wenn mich Musikerkollegen aus gesetzteren musikalischen Bereichen fragen,
weshalb ich mich als Filmkomponist betätige, bin ich um eine Antwort
zunächst verlegen. Warum läßt sich ein ausgebildeter Musiker auf eine
Laufbahn ein, die Einsteins Genauigkeit, Churchills Diplomatiegeschick und
die Geduldigkeit eines Märtyrers voraussetzt? Nach ungefahr350
Filmkompositionen, die ich geschaffen habe, kann ich mir keine andere
musikalische Betätigung vorstellen, die so viel Herausforderung, Erregung
und Schöpfertum beinhaltet. Der Filmkomponist muss mit einem nimmer
ermüdenden Interesse für alles Menschliche ausgestattet sein und eine
gigantische Kenntnis der musikalischen Formen besitzen!
Ich arbeite nach einem bestimmten System....weder lese ich das Filmscript,
noch schaue ich mir die täglichen Muster der abgedrehten Szenen an, sondern
ich warte, bis die Filmarbeiten abgeschlossen sind. Danach schaue ich mir
den ganzen Film an und verlasse schnellstens den Vorführraum, um mich nach
Hause zu begeben und-weit weg von der Hektik Hollywoods- Brahms- und
Prokofieff-Aufnahmen anzuhören, was wie eine Art musikalische ,,Gehirnwasche"
wirkt und mich sehr stimuliert. Vielleicht kommt mir schon am nächsten Tag
das Thema in den Sinn. Dann geht es zurück in den Vorfuhrraum, wo ich mir
den Film mehrmals anschaue und reichlich Notizen mache...
Vor ein paar Jahren führte mich ein Regisseur, der mich gerade für seinen
jüngsten Film verpflichtet hatte, in das Büro von David O'Selznick. ,,Dieser
Mensch soll Musik komponieren? Er sieht ja eher wie ein Preisboxer aus!" An
seiner Beschreibung war was dran. Ich bin oft für einen Ex-Bantam-Gewichtler
gehalten worden und habe es seit meiner Langhaarperiode am Warschauer
Kaiserlichen Konservatorium aufgegeben, wie ein Musiker auszusehen!"**
-Victor Young
(* & **Tony Thomas ,,Filmmusik- Die großen Filmkomponisten, ihre Kunst und
ihreTechnik", Heyne Filmbibliothek Nr. 32/322, Copyright 1995 deutsche
Ausgabe by Wilhelm Heyne Verlag GmbH & Co.KG. München. ISBN 3-453-09007-1,
Übersetzung Peter Glaser)
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Updated
28-07-24 |
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