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70MM in Varnsdorf – eine neue Hoffnung? |
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Von: Ulrich
Rostek, Germany |
Date:
17.05.2015 |
Pavel
Nejtek dirigiert
Was
macht der Abhängige, wenn ihm das Suchtmittel ausgeht? Er sucht sich neue
Quellen. Nachdem das traditionelle Widescreen Weekend in Bradford auf den
Herbst verschoben wurde und ich das 70mm-Event in Krnov aus terminlichen
Gründen leider nicht wahrnehmen konnte, war ich froh, auf „In70mm.com“ die
Ankündigung eines bislang noch nicht in Erscheinung getretenen
70-mm-Festivals im tschechischen
Varnsdorf zu entdecken. Gespannt machte ich
mich auf einen wieder einmal weiten Weg.
Eingebettet in die wunderschöne Landschaft des Zittauer Gebirges im
Dreiländereck Deutschland-Polen-Tschechien gibt die Kleinstadt Varnsdorf
selber touristisch vergleichsweise wenig her.
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70MM in Varnsdorf - a new hope?
70mm Film Festival in
Centrum Panorama Varnsdorf
Warum sollte man 700 km
fahren um Hamlet in 70mm zu sehen?
Internet link: |
Frank
Burkhard Habel und Übersetzerin
Die
erste Annäherung an das Kino „Centrum Panorama“ stimmte mich ein wenig
skeptisch, sieht doch das angebaute Hotelgebäude mit den zerschlagenen
Fenstern wenig einladend aus. Aber manchmal täuscht der erste Eindruck.
Unter der unscheinbaren äußeren Schale verbirgt sich eine wahre Perle, die
Eigentümer Pavel Nejtek gerne jedem Interessierten zeigt: Der renovierte
Kinosaal mit über 500 Sitzplätzen, einer 7,2 * 16,5 m messenden Leinwand,
ausgestattet mit 2 maintained
Meopta
UM3570 Doppelformatmaschinen und einem kräftigen Soundsystem machen
Appetit auf ein langes 70-mm-Wochenende
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Vortrag
über Filmformate
Pavel
Nejtek ist ein Kino-Enthusiast. Letztendlich war es seine Sammelleidenschaft
für Kinoprojektoren aller Art, die ihn dazu brachte, die seit 1991
geschlossene Kinoruine einschließlich aller enthaltenen Projektoren im Jahre
2001 für den symbolischen Preis einer tschechischen Krone von der Stadt
Varnsdorf zu kaufen. Was folgte war eine aufwendige und kostspielige
Renovierung und die Wiedereröffnung des „“Centrum
Panorama” im Jahre 2007. Die Sammlung zahlreicher Filmprojektoren für
die verschiedensten Formate aus unterschiedlichsten Epochen ziert heute das
Foyer.
Im Rahmen des Neisse-Film-Festivals, einer länderübergreifenden
Filmkulturveranstaltung, wurde dem „Centrum Panorama“ Gelegenheit gegeben,
drei Tage lang 70-mm-Filme zu zelebrieren. Der Berliner Filmhistoriker
Frank-Burkhard Habel als Vertreter der Festival-Leitung hielt eine kurze
Einführung mit einigen Anmerkungen zu dem DEFA-Film "Goya", welcher
als erster 70mm-Streifen den Filmreigen eröffnete.
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Meopta
UM3570 bei der Arbeit
Die
Filmkopien, von denen die meisten vom Kinomuseum Berlin beigesteuert wurden,
waren - abgesehen vom unvermeidlichen Colorfading - in einem durchweg guten
Zustand, "Spartakus" gab es sogar als neue Kopie in voller Farbe.
Sehr komfortabel für deutsche Zuschauer: Da Filme sehr selten tschechisch
synchronisiert werden, gab es fast alle Filme in deutscher Sprachfassung.
Tschechische Untertitel wurden per Digitalprojektor eingeblendet.
Einer meiner persönlichen Favoriten war die Aufführung von „Hello,
Dolly!“. Hier gab es einen besonderen Leckerbissen. Nach einem
Kurzvortrag über Filmformate von Jean-Pierre Gutzeit vom Kinomuseum Berlin
gab es praktischen Anschauungsunterricht: Der Prolog von „Hello, Dolly!“
wurde gleich in drei verschiedenen Filmformaten gezeigt: 16 mm CS,
35-mm-CinemaScope und schließlich 70-mm Todd-AO - keine Körnung, exzellente
Schärfe, ein erfreulicherweise nur leichtes Colorfading und ein warmer
voller Sound - so, wie es sein soll.
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Prager
Schinken
Aber
es war nicht nur ein Fest auf der Leinwand. Alle, die auch gerne mal einen
Blick hinter die Kulissen werfen, kamen auf ihre Kosten. Pavel Nejtec und
sein Team haben gerne jeden Filmbegeisterten einen Blick in den
Prokjektionsraum werfen und sich bei der Filmvorführung in Überblendtechnik
auf die Finger schauen lassen.
Mit "In 80 Tagen um die Welt" endete das Festival offiziell. Als
Zugabe durfte die Tonanlage bei einem 70mm-Blow-Up von Hal Ashbys
Rolling-Stones-Doku "Let's Spend The Night Together" noch einmal
richtig zeigen, was sie kann.
Zum Abschluss wartete auf die Filmbegeisterten in der dem Kino
angeschlossenen Bar "Film Point" noch ein üppiges Büffet mit gutem
böhmischen Bier und exzellentem Prager Schinken.
Ist das Centrum Panorama nun eine neue Hoffnung für schwerstabhängige
70-mm-Begeisterte? Aus meiner Sicht ja. Es war ein überaus gelungenes Debüt
und es bleibt zu wünschen, das sich hier eine weitere Spielstätte für dieses
von uns so geschätzte Filmformat etabliert und sich Sponsoren finden, die
Festivals wie dieses auch in Zukunft möglich machen. Die Technik und ein
begeistertes Projektionsteam stehen bereit. Weiterhin bleibt zu wünschen,
dass dann ein paar mehr Film-Fans den Weg ins „Centrum Panorama“ finden und
die Mannschaftsstärke der diesmal etwa 40 -50 Zuschauer pro Vorstellung
gehörig aufstocken.
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28-07-24 |
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