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Das "Savoy" in Hamburg
Das erste Todd-AO Kino Europas

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VonGerhard Witte, Berlin Date: 07.11.2009
"Oklahoma!" (1955) , der erste Todd-AO Film im Savoy im Jahre 1957. Bild entnommen aus dem Buch "Filmstars im Schaukasten“ von Manfred Christ.

Wenige Minuten vom Hamburger Hauptbahnhof entfernt, am Steindamm 54, wurde am 14.03.1957 das von den renommierten Kinoarchitekten Joachim Glüer und Paul Schlüter entworfene "modernste Kino Europas" eröffnet. Dem Kino war auch ein Hotel mit dem Namen "Savoy" angegliedert - ferner gab es im Souterrain eine Tiefgarage mit 60 Stellplätzen.
 
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Ein Jahr später, 1958, lief im Savoy mit großem Erfolg der Film "South Pacific" (1958). Bild aus der Sammlung von Gerhard Witte.

Das Foyer des Kinos war großzügig ausgestattet. Neben der Kasse und einer gemütlichen Sitzecke gab es eine Bar und auch zwei verschiedene Garderoben.
 
 
Das Foyer vom Savoy-Kino. Bild von Herbert Wedemeyer.

Besitzer des Kinos war der Filmkaufmann Herbert Steppan. Herr Steppan reiste einige Zeit vor dem Bau des Kinos extra in die USA, um sich dort über das neue Todd-AO (American Optical Company) Breitwand-Vorführsystem in einem Kino in Syosset auf Long Island zu informieren.

Das Savoy verfügte bei der Eröffnung über 957 Sitzplätze und war bereits mit zwei der neu entwickelten Philips-6-Kanal-Magnetton-Projektoren vom Typ DP70 ausgestattet. Fünf große Bühnenkombinationslautsprecher und 12 weitere - im Raum verteilt - sorgten für einen erstklassigen Raumton.
 
 
Alleine für die Anschaffung der technischen Anlage mußte Herr Steppan damals an die
150 000 DM ( ~ 76 700 EUR) bezahlen - z. B. kostete ein Todd-AO Objektiv bereits 10 125 DM ( ~ 5170 EUR).

Hamburg war die erste Stadt in Europa, die in der Lage war, Todd-AO-Filme in einem neuen Kino zu zeigen, das nach Todd-AO-Spezifikationen gebaut wurde. Deutsche Philips Gmbh. lieferte die neue gebogenen Perlux-Leinwand, die 17,4 x 7,6 m maß. Zur Zeit der Eröffnung des Savoy informierte die Fachpresse über eine höchst wahrscheinlich übertriebene Leinwandgröße von 20 x 8,4 Metern.

 Er benutzte bei diesem Verfahren einen 70mm breiten Film, an dem auch ein 6-Kanal-Magnetton fixiert war.
 
 
Der Kinosaal vom Savoy. Bilder von Herbert Wedemeyer.

Der Premierenfilm war damals allerdings "nur" ein CinemaScope Film mit dem Titel: "Roter Staub/The Brave One/Les clameurs se sont tués/El Bravo/La più grande corrida" (1956) von dem US-Regisseur Irving Rapper
 
 
Der Kinosaal vom Savoy. Bilder von Herbert Wedemeyer.

Ein kleiner Junge rettet das Leben seines Lieblingsstiers vor dem Tod in der Arena, in der bei den Kämpfen "Roter Staub" aufgewirbelt wird. Oscar 1956 für das beste Drehbuch von Dalton Trumbo. Die herrliche Filmmusik komponierte Victor Young. Es war eine seiner letzten Arbeiten. Der Kameramann Jack Cardiff erfasste Mexikos Landschaften in den schönsten Farbkompositionen.

Michel Rays letzte Filmrolle war die des Jungen "Farraj" in "Lawrence von Arabien" (1962).
 
 
Todd-AO in all seiner Pracht. Bild entnommen aus dem Buch: „Mach dir ein paar schöne Stunden - Das Hamburger Kinobuch" von Michael Töteberg und Volker Reißmann.

Im Vorprogramm wurde das Publikum jedoch bereits mit dem 70mm Film "Das Wunder von Todd-AO" / "The Miracle of Todd-AO" (1956) auf das neue Filmverfahren eingestimmt.

Bei 4 Filmvorstellungen pro Tag zählte man seit der Eröffnung des Kinos bereits in der ersten Woche an die 15 000 Besucher.

Einige Wochen später kam es dann endlich zur Aufführung eines ersten richtigen 70mm Todd-AO Spielfilms mit dem Titel "Oklahoma!" (1955), später gefolgt von Mike Todds Erfolgsfilm "In 80 Tagen um die Welt" / "Around the World in Eighty Days" (1956) - allerdings hier nicht in 70mm, sondern nur in 35mm - höchstwahrscheinlich in einer CineStage (1:2.21)/4-Kanal-Stereo Magnetton mit 3-Kanal Perspecta im Surround Fassung.

Herr Steppan, der Kinobesitzer, war damals sogar so rührend, indem er seine eigene Filmtrophäe, den sog. “Hummel“-Filmpreis kreierte. Den bekam dann Maria Schell, die Schwester von Maximilian Schell, anlässlich einer Galavorstellung des Films “South Pacific“, im Jahre 1958 von Ihm überreicht. Maria Schell reiste anschließend in die USA, um den Preis dann an George P. Skouras für den von Ihm mitproduzierten Film “South Pacific” (1958) weiterzuleiten.
 
 

70mm Premieren

 
Marika Rökk zu Besuch im Savoy-Kino. Bild entnommen aus dem Buch: "Mach dir ein paar schöne Stunden – Das Hamburger Kinobuch" von Michael Töteberg und Volker Reißmann.

Mit Filmen wie z.B.: "Ben Hur" (1959), "Barabbas" (1961), "Lawrence von Arabien" (1962), "Cleopatra" (1963), "Das große Rennen" (1965), "The Bible" (1966), "Kanonenboot am Yangtse Kiang" (1966), “Krieg und Frieden“ (1967), "Doktor Dolittle" (1967), "STAR!" (1968), "Hello, Dolly!“ (1969), "Patton" (1970) etc. setzte das Theater weitere 70mm Langlauffilme internationalen Ranges auf seinen Spielplan.
 
 
Die Königin von Saba verzauberte die Hamburger im Jahre 1960 "Salomon und die Königin von Saba" (1959). Bild aus der Sammlung von Volker Reißmann.

Anfang 1963 fand die Premiere des Monumental-Films "Spartacus" (1960) statt.
 
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Ein Auto fliegt im Winter 1968/69 über die Stadt "Tschitty Tschitty Bäng Bäng" (1968).

Aber auch die liebenswerte amüsante "Fair Lady" Audrey Hepburn "My Fair Lady" (1964) stand ein ganzes Jahr mit großem Erfolg auf dem Programm.

Den Rekord hielt jedoch William Wylers Monumentalepos "Ben Hur" (1959), mit einer Gesamtlaufzeit von 118 Wochen.
 
 

Geschichte

 
Bilder aus der Sammlung von Volker Reißmann.

1960 erkrankte der Kinogründer Herbert Steppan schwer und gab die Geschäftsführung an Walter Jonigkeit in dem Zeitraum von 1960 bis 1978 ab.

Herr Jonigkeit war eine "Berliner Kino-Institution" und Chef des berühmten Berliner "Delphi Filmpalast am Zoo", der im November 2009 sein sechzigstes Jubiläum feierte. Herr Jonigkeit wachte auch im stolzen Alter von 102 noch über sein "Kind", dem "Delphi". Er verstarb am 25. Dezember 2009.

Seine Berufslaufbahn begann noch in der Stummfilmzeit als Filmkaufmann und er gründete 1932 sein erstes Kino, Berlins erstes Programmkino mit dem Namen “Kamera“ in der Straße
“Unter den Linden“. Als zweites Kino kam 1937 “Die Kurbel“ hinzu.

Im Januar 1974, im Alter von nur 59 Jahren, verstarb Herbert Steppan.
 
 

Mehrere Leinwände

 
Bilder aus der Sammlung von Volker Reißmann.

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1978 pachtete Ufa-Chef Heinz Riech das Kino und ließ es 1980 in fünf "Schachtel-Kinos" umbauen.

Saal 1 mit 461 Plätzen
Saal 2 mit 218 Plätzen
Saal 3 mit 138 Plätzen
Saal 4 mit 89 Plätzen
Saal 5 mit 76 Plätzen

Der Umbau fand in nur 21 Tagen statt. Dabei wurde der große Kinosaal aufgeteilt und die Bar sowie Teile des Foyers geopfert.

Saal 1 und 3 bekamen eine moderne Dolby-Tonanlage.

Herr Riech sorgte damals auch dafür, dass die Witwe von Herrn Steppan, Ingeborg Steppan-Herzog, von der Zeit nach dem Umbau bis 1992 die Theaterführung und den Kassendienst im "Savoy" übernahm. Heinz Riech verstarb am 11. Januar 1992. Zuletzt standen 453 Kinos in 67 deutschen Städten unter seiner Verwaltung.
Die Geschäftsführung der Ufa-Theater AG übernahm anschließend sein einziger Sohn Volker Riech.
 
 
Bilder aus der Sammlung von Volker Reißmann.

Die Zeit der "Schachtelkinos" ging vorüber. 1994 wurden die Kleinstsäle im "Savoy" aufwändig wieder zurückgebaut. Es blieben der große Hauptsaal, sowie ein, dieses Mal im Souterrain gelegener, zweiter Saal mit dem Namen "Savoy-Atelier". Auch das innere Erscheinungsbild des Hauptkinos wurde deutlich verändert (viel Farbe und Stoffverkleidungen). Jedoch gerade war das Kino frisch renoviert, brachen die Besucherzahlen drastisch ein. Der Ufa-Kinokonzern geriet immer mehr in finanzielle Bedrängnisse und fasste Mitte 1998 den Beschluss, das Kino zu schließen. Die letzte Vorstellung fand am 17.12 1998 statt. Damit schien das Ende des Kinos besiegelt. Das Haus war mittlerweile in den Besitz einer Immobiliengesellschaft des "Berliner Delphi-Filmtheater-Betriebs" übergegangen.
 
 

Weitere Verwendungen

 
Hier noch mit einem Kino mit dem Namen "Bollywood Kino Center" (BKC).

1999 wurde das Lichtspieltheater an den Geschäftsmann Harris Patscha vermietet, der nun im Weiteren indische und später auch türkische Filme, meist in Originalversionen ohne Untertitel, in dem Kino offerierte. Die Aufführungstermine wurden in keiner Zeitung ausgedruckt, sondern nur auf Handzetteln in ausländischen Geschäften und Lokalen verteilt.
 
 
Hier mit einem Kino, das nur noch als Warenlager benutzt wurde. Bilder aus der Sammlung von Gerhard Witte.

Diese Ära endete im Sommer 2003, als ein neuer Besitzer im ehemaligen Foyer des Kinos einen sog. "orientalischen Schnäppchen-Markt" eröffnete.

Das Kino war somit nicht mehr, u. a. auch aus bau- und feuerpolizeilichen Gründen, wie es sich später herausstellte, nutzbar und fand nun eine weitere traurige Verwendung als "Warenlager" und das noch in einem relativ guten, etwa vor etwa 10 Jahren renovierten Zustand.
 
 
Ein "neues" Kino mit dem Namen "Metropolis" am Hamburger Steindamm 54. Bilder von Stefan Reich.

Das Gebäude gehörte mittlerweile einem Investment-Unternehmen und ein Abriss zwecks Errichtung von Bürohäusern drohte.
 

Neue Hoffnung, neue Rettung

 
Von 2003 bis 2008 existierte das Savoy nun weiter als, wie die Hamburger es nannten, "Geisterkino" – im Dornröschenschlaf.

Im August 2008 wurde es, nach neuerlichen Renovierungsarbeiten - u. A. auch durch Erfüllung der Brandschutzauflagen - wieder zum Filmpalast, jedoch ohne “Savoy-Atelier“.

Die Kinemathek Hamburg e.V. suchte für vorerst 3 Jahre eine Ausweichstätte für ihr kommunales Kino mit dem Namen: "Metropolis".

Das alte "Metropolis" Kino wurde wegen Umbaumaßnahmen abgerissen. Es soll jedoch, so ist es geplant, in den Jahren 2011/2012 wieder an seinem alten Standort in der Dammtorstraße neu erstehen.
 
 
Im Jahre 2003 gab es laut Hören und Sagen im Savoy noch eine Privatvorführung des Films "Oklahoma!"(1955) in Todd-AO (70mm) - mit einer archivierten Filmkopie von einem begeisterten Sammler.

Mittlerweile ist jedoch im Vorführraum des Kinos kein Philips Projektor vom Typ DP70 mehr vorhanden - sie wurden in den Jahren 2003/2004 entfernt.
 
 
Somit entfällt leider das Zeigen von Filmen im 70mm Format auf die noch vorhandene große gekrümmte Leinwand.

Man erzählt, dass nach dem Umzug des Metropolis Kinos an die ehemalige Wirkungsstätte, das alte "Savoy" als Kino weiter bestehen bleiben soll...

Als Junge hatte ich das Glück in Hamburg zu leben.

Im Savoy "ritt ich auf dem Rücken eines Kamels, Lawrence von Arabien durch die Wüste Nefud folgend, begleitet von der herrlichen Musik von Maurice Jarre".

Das Kino war ein schöner Platz, dem Alltagsleben für eine Zeit zu entrinnen.

Vielen Dank an Stefan Reich und besonders an Volker Reißmann und Thomas Hauerslev
für Ihre freundliche Hilfe, diesen Bericht zu ermöglichen.
 
 

Buch-Quellen

 
Volker Reißmann: "Vom Premierentempel zum Geisterkino"
Hamburger Flimmern, Nr.11 (Sept. 2004)

"Mach dir ein paar schöne Stunden – Das Hamburger Kinobuch" von
Michael Töteberg und Volker Reißmann

und in Gedenken an Manfred Christ, "Filmstars im Schaukasten", der
im Jahr 2005 verstarb. Er veröffentlichte viele herrliche Filmbücher.
 
 
   
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Updated 14-11-09