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Zur Erinnerung an William Wylers monumentales Epos
"BEN-HUR", gefilmt in MGMs Camera 65
Ein großes Ereignis verdient Ihre Aufmerksamkeit
THE EPIC THAT CHANGED CINEMA |
Read more at in70mm.com The 70mm Newsletter
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Von: Gerhard Witte, Berlin,
Germany. Gestaltet vom Editor. Gerhards Originalbericht ist in dem
PDF. |
Date:
28.06.2015 |
Das Loew's State Theatre am Broadway zur Weltpremiere von MGMs großartigem
Film am 18. November 1959. Im Jahr zuvor wurde das Filmtheater wegen
Umgestaltung geschlossen und am 28. März 1959 mit der Weltpremiere von Billy
Wilders Film "Manche mögen's heiß" (Some Like It Hot, USA, 1959)
wiedereröffnet. Bei der "Ben-Hur"- Premiere stand der Fußgängerverkehr
still, als Hunderte von Neugierigen sich vor dem Theater drängten, um zu
sehen, wer unter den Eintrittskartenbesitzern war. Der Film war ein großer
Erfolg und lief 74 Wochen lang. (Bild aus "Motion Picture HERALD" vom 28.
November 1959)
"We at MGM feel pride, a justifiable one we believe, in placing this great
'Tale of the Christ´ before the public", sagte Joseph R. Vogel, Präsident
von MGM.
Am 18. November 1959 fand die von Metro-Goldwyn-Mayer mit Stolz angekündigte
Road-Show-Premiere von William Wylers Film "Ben-Hur" in New Yorks Loew's
State Theater am Broadway statt.
Über diesen phantastischen und sehr erfolgreichen Film ist bereits sehr viel
berichtet worden. Darüber hinaus bieten die im Handel erhältlichen DVD /
Blu-Ray-Editionen des Films neues umfangreiches und interessantes
Zusatzmaterial.
Mit diesem Bericht versuche ich über weniger bekannte oder vielleicht auch
bereits vergessene Details von dem Film zu berichten.
In den Zeitungen, hier vor allem in der "New York VARIETY", wurde zur Zeit
der Welt-Premiere des Films unter anderem folgendes geschrieben:
Der Höhepunkt von 5 Jahren Vorbereitung, 10 monatiger Drehzeit und 2 Jahren
intensivem Reklamerummel wird heute Abend erreicht, wenn der etwa 15.000.000
Dollar (von MGM geschätzt) Film "Ben Hur" offiziell im Loew's State Theatre
am Broadway seine Uraufführung feiert.
Bei der offiziellen Premiere des Films "Ben-Hur" war in der Umgebung des
New Yorker Loew's State Theatre am Mittwochabend (18.11.1959) kein Streitwagen
zu sehen. Keine schmetternden Hörner, kein Zirkusdrumherum, keine
Glamourgirls, die in der Lobby des Kinos interviewt wurden.
Auf Geheiß von Joseph R. Vogel, Präsident von MGMs Muttergesellschaft Loew's,
Inc., verbeugte sich "Ben-Hur" mit Würde. Es war ein vornehmes, von der
Natur her hochintelligentes Premierenpublikum. Es war MGMs große Nacht, in
der Bedeutung rivalisierend mit Jahre zurückliegenden Großereignissen, wie:
Griffiths "Die Geburt einer Nation" (The Birth of a Nation, USA, 1915),
Croslands "Der Jazzsänger" (The Jazz Singer, USA, 1927), die Eröffnung der
Radio City Music Hall (1932), Flemings "Vom Winde verweht" (Gone with the
Wind, USA, 1939) und Cinerama (1952).
Komplimente
A.) Ein Leitartikel im "New York World Telegram & Sun" ehrte MGM damals mit
einem seltenen Lob für "Ben-Hur":
Vierunddreißig Jahre sind vergangen, seit Ramón Novarro und Francis X.
Bushmann die Kinobesucher mit dem Stummfilm "Ben-Hur" (USA, 1925)
begeisterten. Achtzig Jahre (1880) sind vergangen, als der berühmte Roman
von Lewis Wallace erstmals veröffentlicht wurde.
MGMs großartige Neuverfilmung von "Ben-Hur" im Loew's State Theatre zeigt,
dass das Drama über das frühe Christentum zeitlos ist. Regisseur William
Wyler drückte es gut aus: "Dies ist immer noch eine zeitgenössische
Geschichte - eine biblische Geschichte von einer Zeit ohne Mitleid, ohne
Mitgefühl, die auch viele Parallelen zu heute hat."
B.) Selten kommt ein Tribut von einem Konkurrenten, besonders im
Film-Business - aber es kommt vor:
"RKO Theatres" setzte am 16. November 1959 auf eigene Kosten eine 10 cm
große, zweispaltige Anzeige mit folgendem Text in die New York Times: "Wir gratulieren MGM für ihre großartige Produktion "Ben-Hur". Es ist ein
Verdienst der gesamten Filmindustrie und einer der großen
Unterhaltungserlebnisse aller Zeiten. Wir fordern jedermann auf, sich den
Film anzusehen." (Sol Schwartz, Präsident von RKO Pictures / Harry Mandel,
Vize-Präsident - zuständig für den Theaterbetrieb)
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“Ben-Hur” 50th Anniversary
To commemorate William Wyler's monumental epic
"BEN-HUR" shot in MGM's Camera 65
Gallery: "BEN-HUR" shot in MGM's
Camera 65
PDF: To
commemorate William Wyler's monumental epic "BEN-HUR" shot in MGM's
Camera 65
PDF: Zur
Erinnerung an William Wylers monumentales Epos "BEN-HUR", gefilmt in
MGMs Camera 65
Gerhard Witte's
in70mm.com Library
Internet link:
The Loew's State Theatre
Ben Hur's premiere in New York
Egyptian Theatre
The Empire
Gaumont-Palace, Paris:
salles-cinema.com
paris-louxor.fr
fr.wikipedia.org
Musée Gaumont
American Widescreen Museum
"Ben-Hur" Trailer in HD
Ben Hur's Tokyo premiere
Benjamin A. Stahl
Reynold Brown
William Wyler accepts the AFI
Life Achievement Award in 1976
11 Oscars for Ben-Hur
Charlton Heston's last Interview
blu-ray.com
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Die Produktion
A spectacle of sight and sound such as the screen has never seen!
Eine kurze Beschreibung
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Zeichnung aus der Sammlung des Autors.
Als Metro-Goldwyn-Mayer das "Ben-Hur"-Projekt annahm, befand sich das Studio
in einer schwierigen finanziellen Lage. In der erfolgreichen Phase der
religiösen Breitfilm-Epen in den 1950er Jahren setzte MGM mit diesem Film
alles auf eine Karte - er bedeutete entweder die Rettung oder den Untergang
des Studios. Da das Produzieren von Filmen in Hollywood immer
kostenaufwändiger wurde, erkannte MGM, dass man eine Menge Geld einsparen
könnte, wenn man die Dreharbeiten des gesamten Films nach Italien verlegen
würde. "Ben-Hur" ist ein Werk der Superlative. Man brauchte etwa 5 Jahre
Vorbereitungszeit - es war bislang der teuerste Hollywood-Film, der je
produziert wurde. Gedreht wurde hauptsächlich in den Cinecittà Studios (am
Stadtrand von Rom) und in dem italienischen Bergdorf Arcinazzo Romano,
östlich von Rom gelegen (mit dem Auto etwa 80 km), das sich in den Ort
Nazareth verwandelte. Weitere Drehorte waren z.B.: die Sandstrände in der
Nähe von Anzio (Wüstenoasen-Sequenzen) und sogar Arizona (USA), wo
zusätzlich kurze Wüstenpanoramen aufgenommen wurden (aus Wikipedia)*. Höhlen
südlich von Rom dienten als Leprakolonie. Anfangs war es auch geplant,
einige Szenen in Libyen (Nord-Afrika) zu drehen. Die Genehmigung dafür wurde
dann jedoch aus religiösen Gründen von der libyschen Regierung nicht
erteilt. Die ersten Sequenzen, die für den Film gedreht wurden, waren die
"See-Kampf-Szenen". Das war im November und Dezember 1957. Man arbeitete mit
Miniaturschiffen in einem Wassertank auf dem Studiogelände von MGM in Culver
City (Kalifornien).
* Hier nur als Information: In Europa gibt es nur eine echte große
Wüstenlandschaft, die man als Drehort für Filme, besonders für Western,
verwenden kann. Es handelt sich um die Wüste von Tabernas (Desierto de
Tabernas), in Andalusien (Spanien), in der Provinz Almeria gelegen. Das
Naturschutzgebiet ist 11625 Hektar (116.25 km²) groß und ist eine bizarre
Welt aus Stein und Lehm - keine großen Sanddünen. Dort wurden einst auch
Szenen für David Leans "Lawrence von Arabien" (Lawrence of Arabia, UK, 1962) oder auch für den Film "Spiel mir das Lied vom Tod" (Once Upon a Time in the
West, Italien / USA, 1968) gedreht.
Charlton Heston gibt in seinem Tagebuch an, dass die Dreharbeiten des Films
in Italien am 20. Mai 1958 anfingen und am 07. Januar 1959 ihr
hauptsächliches Ende fanden. Die Vor- und Nachproduktionen nahmen zusätzlich
jeweils ungefähr 6 bis 7 Monate in Anspruch.
Die Statistiken über die Filmherstellung sind beeindruckend. Sie beinhalten
z.B: sechs Camera 65 - Einheiten zum Stückpreis von 100.000 Dollar, mehr als
15.000 Skizzen und Zeichnungen von Kostümen, Kulissen und Requisiten. Mehr
als 300 Bauten (film sets) wurden in den Cinecittà-Studios errichtet.
Verstreut auf eine Fläche von 148 acres (0,6 km²) entstanden hier die
Herrlichkeiten und Größen von Rom und Jerusalem. Die künstlerischen Leiter
(Art Directors) William A. Horning und Edward C. Carfagno zeigten sich dafür
verantwortlich. Es gab über eine Million nummerierte Requisiten: rund
100.000 Kostüme, 3400 Paar Schuhe, 3000 Schwerter, 2600 Schilde, Tonnen von
besonders designten Keramikfliesen, etc., etc. Darüber hinaus z.B.: 78
speziell für das Wagenrennen ausgebildete Pferde, 12 Kamele aus Nordafrika,
hunderte von anderen Pferden, Schafen und anderen Tieren.
Während der Produktion besuchten ungefähr 25.500 Touristen die Filmbauten in
Rom. Zusätzlich kamen etwa 500 akkreditierte Pressemitglieder - davon auch
15 aus der Sowjetunion.
Das ungefähr 381 km (1.250.000 Fuß) lange, mit der Camera 65 aufgenommene
Filmmaterial, wurde auf die endgültige Version des Films, die um 5790 Meter
(19.000 Fuß) lang ist, gekürzt. Eine vollständige Kopie des Films wiegt etwa
218 kg (480 lbs). (Quelle: "New York VARIETY").
Anmerkung vom Autor: Höchstwahrscheinlich entspricht 5790 Meter (19.000 Fuß)
ungefähr der Länge der 35mm-Version des Films. Ich denke, dass die
70mm-Version etwa 7270 Meter (23.850 Fuß) lang ist - berechnet bei einer
Filmlaufzeit von 212 Minuten. Ein traditioneller 70mm-Film läuft mit 34,3
Meter (112,5 Fuß) pro Minute durch den Projektor, ein 35mm-Film mit 27,4
Meter (90 Fuß) pro Minute.
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Der weltweite Vertrieb (Quelle: "New York VARIETY")
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Morton A. Spring, Präsident von Metro-Goldwyn-Mayer International, kündigte
Ende 1959 an, dass die Lateinamerika-Premiere von
“Ben-Hur” am 30.03.1960 in
San Juan sattfinden würde, in Lima am 06. April und in Caracas am 13. April.
Santiago war für den 04. Mai vorgesehen.
Weitere weltweite Orte wären: Singapur am 05. Mai 1960, Montevideo am 11.
Mai und Sydney am 15. Mai. Melbourne würde seine Premiere am 01. Juni 1960
haben und darauffolgend Bombay am 15. Juni und Kalkutta am 22. Juni.
Metro-Goldwyn-Mayers Vize-Präsident von Süd-Amerika und von Nah- und
Fernost, Seymour Mayer, gab im November 1959 bekannt, dass "Ben-Hur" in
Tokio (東京) am 01. April 1960 anlaufen würde, Mitte April in Osaka (大阪市) und
Ende April oder Anfang Mai in Nagoya (名古屋市).
Seymour Mayer erwartete, dass der Film in Tokio 2 Jahre lang laufen würde.
Das Ablaufschema sollte sein: Alle Sitzplätze müssen reserviert werden, mit
täglich zwei Vorstellungen in der Woche und am Wochenende und zu
Urlaubszeiten drei Vorstellungen täglich.
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Keine Erlaubnis für den Film in der Vereinigten Arabischen Republik (VAR)
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In der "New York VARIETY" wurde im Mai 1960 berichtet:
"Ben-Hur" in der VAR (Vereinigten Arabischen Republik) verboten.
(Anmerkung vom Autor: Die VAR war ein Zusammenschluss der arabischen Staaten
Ägypten und Syrien in dem Zeitraum von 1958 bis 1961)
William Wyler gab bekannt, dass die Vorführung von "Ben-Hur" in allen
Ländern der VAR untersagt wurde, weil die Hauptdarstellerin Haya Harareet
aus Israel stammt. Er fand das Vorgehen ziemlich engstirnig und wies darauf
hin, dass der Film für die Freundschaft aller Völker stünde und Araber und
Juden in dem Film Freunde seien und sich gegenseitig unterstützen. Der Film
wurde in anderen muslimischen Ländern angenommen, wie auch von Christen und
Juden in Amerika und Großbritannien. Hugh Griffith spielt in dem Film einen
hochsympathischen Araber und für die Rolle bekam er sogar einen Oscar.
Selbst in Japan ist der Film ein großer Erfolg, wo Shintoismus und
Buddhismus die Hauptreligionen sind.
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Metro-Goldwyn-Mayer's Camera 65
Window of the World
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Zeichnung vom Schallplattencover. (LP Album Somerset P-16400 / The Majesty
of Scores composed by Miklos Rozsa)
Sir Sydney Samuelson, Englands erster' Film-Commissioner´, berichtete über
seinen verstorbenen Freund und Kollegen, den berühmten amerikanischen
Kamera-Techniker und Gründer der "Panavision, Inc.",
Robert E, Gottschalk
(12.03.1918 - 03.06.1982), dass dieser unbedingt der Meinung war, dass die
wahre Bildqualität eines Films von der Größe des Kameranegativs abhinge - je
größer, umso besser.
Lange Zeit hatte man an dem 35mm-Film-Format um jeden Preis festgehalten -
man denke nur an Cinerama (3 x 35mm, 1952) oder auch CinemaScope (1 x 35mm,
1953). Aber bereits hier wurde natürlich sofort erkannt, dass die
Filmwiedergabe auf besonders breiten Großleinwänden einen deutlich stärkeren
Eindruck hinterlässt. Ein 35mm-Filmbild hat eine nutzbare Fläche von etwa
320mm² - ein 70mm-Filmbild von fast 1100mm². Bei gleicher Bildqualität lässt
sich somit der 70mm-Film auf eine etwa 3 1/2 größere Leinwand projizieren.
Das ist der Sinn und die Aufgabe der 70mm-Technik - eine Projektion mit
einem scharfen brillanten Bild zu schaffen, die das Gesichtsfeld des
Publikums nahezu ausfüllt, die Zuschauer also praktisch auf allen Plätzen in
das Filmgeschehen "hineinzieht". Dabei spielt natürlich das Verhältnis zur
Bildwandgröße, auch gekrümmt, und zur Saallänge des Kinos eine entscheidende
Rolle. Theater, die eine Bildwand aufstellen können, deren Breite mindestens
die Hälfte der Saallänge beträgt, besser noch drei Fünftel davon, eignen
sich besonders für den 70mm-Film.
Im Oktober 1955 kam erstmals Michael Todds 70mm-Todd-AO-Film
"Oklahoma"
(Oklahoma!, USA), aufgenommen mit einer sphärischen Linse, 30 Bildern pro
Sekunde und einem maximalen Bildseitenverhältnis von 2.21:1, in die Kinos.
Er hatte / hat mit diesem Bildseitenverhältnis für näher und weiter
entfernte Zuschauerplätze recht günstige Abmessungen.
Bereits im Frühjahr 1955 kündigte MGM an, dass zukünftig geplante
"Big-Budget-Filme" mit 65mm-Negativfilm gedreht werden sollten. Panavision,
Inc. (Robert E. Gottschalk) wurde beauftragt, dafür neue anamorphotische
Kamera-Objektive (Linsen) herzustellen, die verschiedenen Ansprüchen, gemäß
einer MGM-Wunschliste, gerecht sein sollten.
Daraus resultierte 1956 für MGM eine ähnliche Variante, wie es zuvor beim
Todd-AO-Verfahren von Michael Todd der Fall war. Man arbeitete auch mit
65mm-Negativfilm, allerdings mit dem Unterschied, dass hier mit 24 Bildern
pro Sekunde und auch anamorphotisch gefilmt wurde. Die Kameras, die man
anfangs benutzte waren alte 70mm Mitchell Fox Kameras, die Ende der 1920er
Jahre entwickelt wurden - bereits zu dieser Zeit wurde mit Breitfilm
gearbeitet. Für das neue Projekt wurden die Kameras von der Mitchell Camera
Corporation von 70mm- auf 65mm-Negativfilm umgebaut.
Einst wurde mit diesen Kameras z.B. King Vidors Film
"Billy
the Kid" (USA,
1930) in dem damals von MGM neu entwickelten 70mm-Realife-Verfahren gedreht.
Parallel dazu nahm man auch noch zusätzlich eine "alternate regular version"
von dem Film in 35mm auf. Die 70mm-Version kam jedoch nur mit 35mm
Reduktionskopien (Reduction-Prints) in einem Bildseitenverhältnis von 1.75:1
in die Kinos. Realife wurde niemals in 70mm vorgeführt. Der Ton lief von
Schallplatten.
Gefilmt wurde nun mit einem von Panavision, Inc. neu entwickelten
Prismen-Anamorphot, genannt "APO Panatar" (eine hochwertige
Festbrennweiten-Optik, die in einem Gehäuse eingebaut ist, das auch ein
Prismen-Paar enthält). Das Objektiv streckte das aufgenommene Kamerabild auf
dem 65mm-Film vertikal um einen geringen Faktor von 1.25.
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Schematische Darstellung: Links das Objektiv und davor zwei Prismen, die das
Bild verzerren.
Diese so genannten "Gottschalk"-Systeme beruhen darauf, dass bei der
Brechung eines Strahlenbündels durch ein Prisma eine Bildverzerrung
eintritt. Durch zwei Prismen lässt sich diese anamorphotische Dehnung noch
erhöhen.
MGM gab dem neuen Aufnahmeverfahren den Namen "Camera 65" (marketing brand).
Der erste, der in diesem Breitfilm-Verfahren gedrehten Filme bekam noch die
Zusatzbezeichnung "Window of the World".
Es handelt sich um den Film "Das Land des Regenbaums" (Raintree County, USA,
1957). Von ihm wurden nach Fertigstellung für den Vertrieb jedoch leider nur
35mm Reduktions-Kopien (CinemaScope) angefertigt, die so auch nur in die
Kinos kamen.
"Ben-Hur" folgte als nächstes Projekt. Nach Fertigstellung wurde er mit
70mm-Kopien (Prints) und mit 6-Kanal-Magnetton vertrieben. Mit einem
passenden anamorphotischen Projektionsobjektiv erreichte man mit dem neuen
Camera-65-Verfahren ein besonders breites, beeindruckendes maximales
Bildseitenverhältnis von 2.21:1 x 1.25 = 2.76:1 auf den Kinoleinwänden.
MGM verkaufte Anfang der 1960er Jahre ihre Kamerabestände an Panavision,
Inc. Damit wurde auch die Produktbezeichnung "MGM Camera 65" (marketing
brand) aufgegeben. Panavision, Inc. gab dem Aufnahmeverfahren, nun mit neu
entwickelten Objektiven (Linsen) und vor allem leichteren Kameras, den Namen
"Ultra Panavision 70". Das Bildseitenverhältnis von 2.76:1 wurde
beibehalten.
Für MGMs nächsten großen 70mm-Film, Lewis Milestones "Meuterei auf der
Bounty" (Mutiny on the Bounty, USA, 1962), mietete MGM die verbesserten
Kameras und Objektive von Panavision, Inc. zurück und der Film kam mit der
Bezeichnung "…gefilmt in Ultra Panavision 70" in die Kinos. MGMs "Camera 65"
und Panavisions "Ultra Panavision 70“ entsprachen somit letztlich dem
gleichen Aufnahmeverfahren.
Robert E. Gottschalk wurde dafür 1959 mit einem "Scientific or Technical
Award " (Class II = eine Tafel) ausgezeichnet: "…for the development of a
system of producing and exhibiting wide-film motion pictures known as Camera
65", den er sich mit Douglas Shearer (MGM-Chef für Forschung und
Entwicklung) und John R. Moore (Mitbegründer (1953/54) von Panavision, Inc.)
teilte.
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Kein früher 35mm-Vertrieb von "Ben-Hur"
Der Film muss wie ein Tiffany Juwel behandelt werden
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MGMs Strategie basierte damals weitgehend auch auf der Erforschung von
Treffern und Fehlern der beiden vorherigen Roadshow Filme "In 80 Tagen um
die Welt" (Around the World in 80 Days, USA, 1956) und "Die Zehn Gebote"
(The Ten Commandments, USA, 1956). Die Führungskräfte von MGM, die für den
Vertrieb von Filmen zuständig waren, hatten die Herausgabemuster dieser
beiden Filme sorgfältig studiert und auch Erfahrung aus Daten gewonnen, als
die Filme damals ihre Anziehungskraft verloren.
MGM hielt den Termin über die Herausgabe einer 35mm-Version des Films
solange zurück, bis man sich sicher war, dass die Vorzüge der 70mm-Version
voll ausgekostet waren. Dann und nur dann sollte "Ben-Hur" in 35mm in die
Kinos kommen. Bevor ein Kino in den USA oder im Ausland hoffen konnte, ihn
in 35mm zu erhalten, war frühestens der Juni 1960, besser sogar später,
vorgesehen.
Bei 15 Millionen Dollar "Ben-Hur"- Herstellungskosten musste MGM äußerst
vorsichtig sein, dass der Film nicht zu schnell verwertet wurde. MGM war
sich sicher, dass eine zu frühe Herausgabe der 35mm-Version das Potenzial
des Films zerstören würde und dass, unter diesen Umständen, dann nicht
einmal die Kosten für die Herstellung der Kopien abgeglichen wären.
Im Juni 1960 wurde berichtet: Die erste 35mm-Vorführung wird am 16. Juni 1960 im Albert Aarons
600-sitzigen Capitol Theatre in Charlestown (West-Virginia) stattfinden.
Nachfolgend wird der Film in 35mm im Juni in Dayton (Ohio), in Providence
(Rhode Island), in Grand Rapids (Michigan), in Wichita (Kansas) und in El
Paso (Texas) gezeigt.
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Die Auszeichnungen
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Die mit dem Oscar prämierten Filme des Jahres 1959 wurden am 04. April 1960
im RKO Pantages Theatre in Los Angeles vergeben.
Großartig! 11 Oscars für den epischen Film. (Eine herrliche zweiseitige
Anzeige in "New Yorks VARIETY" vom 06. April 1960)
"Ben-Hur" (USA, 1959) war der erste Film, dem 1960 unglaubliche 11 Oscars
verliehen wurden - "…the greatest number of awards ever received by a
picture in the history of the Academy of Motion Picture Arts and Sciences."
Das blieb für fast 4 Jahrzehnte unübertroffen. Erst in den Jahren 1998 und
2004 wurden die Filme "Titanic" (USA, 1997) und "Herr der Ringe: Die
Rückkehr des Königs" (The Lord of the Rings: The Return of the King, USA,
2003) ebenfalls mit je 11 Oscars ausgezeichnet.
Darüber hinaus gewann "Ben-Hur" als bester Film des Jahres 1959 u.a. auch
den Golden Globe (Drama) und den europäischen "Oscar", den britischen
"BAFTA-Award" der "British Academy of Film and Television Arts", der damals
noch "British Film Academy Award" genannt wurde.
"Ben-Hur" ging damals in eine Weltpremieren-Erfolgs-Laufbahn, wie sie nur
selten in der Filmgeschichte zu verzeichnen war. Bereits sechs Wochen nach
der New Yorker Galapremiere spielte der Film in den USA in zwölf Theatern
eine Million Dollar ein. Mitte Februar 1960 betrugen die Einnahmen aus sechs
Schlüsselstädten der USA und Kanadas schon drei Millionen Dollar.
Am 31.12.1960 lag der Film mit einer 33 Millionen Dollar
Brutto-Kinokassen-Einspielsumme bereits an dritter Stelle der absoluten
Welt-Bestliste, und zwar hinter "Die Zehn Gebote" (The Ten Commandments,
USA, 1956) mit 34,2 und "Vom Winde verweht" (Gone with the Wind, USA, 1939)
mit 33,5 Millionen Dollar Umsatz. (Quelle: "Berliner Filmblätter")
Damals hatten die MGM-Disponenten nach neunmonatiger Spielzeit von "Ben-Hur"
in den Vereinigten Staaten und Großbritannien ein simples Schema für die
Kassen-Einkünfte errechnet: Vorerst alle vierzehn Tage eine Million Dollar.
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In der Arena
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Judah Ben-Hur und seine vier weißen Pferde mit den Namen: Altair, Antares,
Aldebaran und Rigel. Das ganze Rennen wurde in echten Größenverhältnissen
(full-scale) und live gefilmt. Keine Miniaturnachbildungen oder so genannte
"process shots" fanden Anwendung.
Wenn man sich das Bild in einer höheren Auflösung anschaut wird man
erkennen, dass es nicht Charlton Heston ist, der den Streitwagen mit den
weißen Pferden lenkt. Es ist Joe Canutt, der Sohn vom Regisseur des zweiten
Stabes des Wagenrennens - Yakima Canutt. Joe doubelte Heston in riskanten
Szenen und wenn gefilmt wurde trug er eine Gesichtsmaske. Diese Maske wurde
extra von Charlton Hestons Kopf angefertigt (siehe Bilder). "Joe Canutt ist
einer der besten Athleten, die ich je gesehen habe - schnell und stark wie
ein Leopard", sagte Heston.
Aufgrund seiner Western-Erfahrungen war "Chuck" Heston bereits ein
geschickter Reiter. Er kam am 13 April 1958 in Rom an und bereits 2 Tage
später begann er mit den Pferden zu arbeiten. Nachdem er einige Wochen
trainiert hatte, konnte er einen Streitwagen genauso gut steuern, wie ein
Experte. "Streitwagen-Gespanne haben nur drei Geschwindigkeiten: schreiten,
traben und 'totrennen´", sagte Heston. Damals brauchten die Regisseure des
zweiten Stabes, Andrew Marton und Yakima Canutt, fast 3 Monate, um das etwa
1 Million Dollar teure Wagenrennen zu drehen. Mehr als 36.000 Tonnen Sand
wurden von den Stränden des Mittelmeeres herangekarrt, um den Boden im
'Stadion von Antiochia' zu bedecken, das auf dem Studiogelände von Cinecittà
erbaut wurde. Die Arena war damals die größte Einzelanlage (film set), die
jemals für einen Film hergestellt wurde. Sie war ungefähr 72.843 m² (18
acres) groß. Während der Dreharbeiten wurde eine der 100.000 Dollar teuren
Camera 65 zerstört - niedergetrampelt von einem Pferdegespann. Übrigens,
eine reine Hollywood-Erfindung sind die teuflischen, schnabelförmigen
rotierenden Sägemesser an den Rädern von Messalas "griechischem"
Streitwagen.
In ganz Europa und Vorderasien suchte man für das Wagenrennen nach den
rassigsten und schnellsten Pferden. Bereits 6 Monate vor dem ersten Drehtag
des Films trainierte Glenn H. Randall Sr., Hollywoods berühmter Tiertrainer,
78 Pferde, die für das spektakuläre Wagenrennen angeschafft wurden. Speziell
4 "aristokratische" arabische Hengste - die schönsten und gelehrigsten -
mussten üben, ihren Meister (Scheich Ilderim) liebevoll zu küssen und zu
schubsen. 70 (75)* Pferde, meist arabischer Rasse, einschließlich einer
Reihe reiner Lipizzaner, kamen von dem berühmten Gestüt "Lipica" in
Slowenien. Weitere 8 (3)* wurden aus Sizilien importiert. Nach Beendigung
der Dreharbeiten wurden die Tiere an Zirkusse, Ställe oder einfach nur an
Tierliebhaber verkauft. (* von einer anderen Quelle)
In der "Süddeutschen Zeitung" (München) stand damals zur Premiere des Films:
"Die neun Minuten des Wagenrennens verdienen unsere Bewunderung. Sie gehören
nicht nur zum Besten, was die Kamera jemals an Wagenrennen zeigte, sondern
auch zum Besten, was die Kamera überhaupt jemals zeigte." (Roos)
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Festliche europäische Premiere des epischen Films in Großbritannien (London)
Sie fand am 16. Dezember 1959 im alten Empire Theatre am Leicester Square
statt, wo er nachfolgend 76 Wochen lang lief
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Dank einer Werbekampagne von bisher unbekannten Ausmaßen war "Ben- Hur"
schon Wochen vorher das Tagesgespräch in der 12-Millionen-Stadt.
Das Empire Theatre hatte man zuvor extra für die große "Ben-Hur"- Premiere
ausführlich saniert. Die Sitzplatzkapazität wurde um mehr als 1000
Sitzplätze reduziert - auf nun knapp über 1700.
Ein neuer Vorverkaufsrekord wurde für "Ben-Hur" erzielt. Morton A. Spring,
Präsident von Metro-Goldwyn-Mayer International, berichtete damals aus New
York, dass die Premiere in London alle Kassenrekorde brechen würde. Der
Vorverkauf sei etwa zehnmal höher als je zuvor bei einem Film in Londons
Geschichte. Als die Theaterkasse am 8. November 1959 aufmachte, waren
bereits um 15.000 Sitzplätze gebucht, am Premierenabend waren es sogar rund
30.000.
An der Gala-Premiere nahmen über 1000 mehr oder weniger prominente Gäste
teil. Neben dem Regisseur William Wyler und den Hauptdarstellern Charlton
Heston, Haya Hararret, Jack Hawkins und Hugh Griffith befand sich auch der
Schriftsteller Christopher Fry - ein angesehener britischer Dichter und
Theaterautor - der mit seiner Arbeit an "Ben-Hur" zum ersten Mal an einem
Film mitgewirkt hatte. Er war bei den Dreharbeiten in Rom von Anfang bis
Ende mit seiner Unterstützung dabei. Sein Beitrag war es, der Karl Tunbergs
Drehbuch die Politur gab - "…the dialogues sometimes sing with good rhetoric
and quiet poetry". Weitere Schriftsteller, die an dem Drehbuch arbeiteten,
waren: Gore Vidal, Maxwell Anderson und Samuel Nathaniel Behrman.
Nach dem von Scheinwerfern bestrahlten Empfang in der Halle des Theaters
füllten viele weitere bekannte Persönlichkeiten die Sitzreihen des
Empire
Theatre, wie z.B.:
Sir Carol Reed, Graham Greene, Leslie Caron, Stanley Baker, David Farrar,
Léo Genn, Kenneth More, Robert Morley, Heather Sears, Richard Todd, Anna
Neagle, Prinz Georg von Dänemark und Regierungsmitglieder, Herzöge, Lords
und Gesandte von verschiedenen Nationen. (Quelle: "Österreichische Film- und
Kinozeitung" und "La Cinématographie Francaise")
In der "New York VARIETY" wurde damals geschrieben: "Nachdem Ben-Hur sein London West-End Engagement beendet hat, wird das
Grundstück des 'Empire Theatre´ von Mecca Cafés völlig umgebaut. Geplant ist
ein großer Tanzsaal (Festsaal). Das Projekt beinhaltet auch ein kleineres
Kino, das von MGM dann gemietet werden wird."
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Festliche Premiere in Japan - Japans Kaiser geht ins Kino
Sie fand am 30. März 1960 im Tokio-Theater statt
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Das Tokio-Theater zur Zeit von "Ben-Hur" (ベン・ハー), damals das größte
Erstaufführungstheater in der japanischen Hauptstadt. (Bild aus der Sammlung
des Autors)
Eine denkwürdige Filmnacht in Tokio. Kaiser Hirohito (裕仁) (29.04.1901 -
07.01.1989) und Kaiserin Nagako (香淳皇后) (06.03.1903 - 16.06.2000) besuchten
die "Ben-Hur"- Premiere.
Zum ersten Mal in der Geschichte verließ ein japanisches Kaiser-Ehepaar den
"Tokyo Imperial Palace", um einer Filmpremiere beizuwohnen. Zur Galapremiere
des MGM Films "Ben-Hur" erschienen im Tokio-Theater auch die jüngste der
fünf Töchter des Kaisers, die ehemalige Prinzessin Suga, nun durch Heirat
Takako Shimazu (島津貴子) genannt, zusammen mit ihrem Ehemann Hisanaga Shimazu.
Ferner kamen zur Premiere Prinz (高松宮宣仁親王) und Prinzessin Takamatsu, der
Prinz Yoshi (Masahito Hitachi (常陸宮正仁親王)) und das gesamte diplomatische
Corps. Die Veranstaltung kam der größten japanischen Wohlfahrtsorganisation
zugute.
Prinz Takamatsu (03.01.1905 - 03.02.1987) war der jüngere Bruder von Kaiser
Hirohito. Masahito Hitachi (Prinz Yoshi), geb. am 28.11.1935, ist das
sechste von den insgesamt sieben Kindern des Kaiser-Ehepaars.
Charlton Heston und seine Gattin waren zur Begrüßung des Kaisers und der
Kaiserin und zur Präsentation des Films im Tokio-Theater nach Japan
angereist. (Quelle: "Österreichische Film- und Kinozeitung").
Zur festlichen Premiere des Films wurde das Theater rundum renoviert und es
bekam auch neue Projektoren für den 70mm Film in den Vorführraum eingebaut.
Charlton Heston berichtet in seiner Autobiographie "In the Arena" (1995) von
dem sehr unangenehmen Vorfall, dass die Vorführung während der ersten 10
Minuten kurzfristig öfters unterbrochen werden musste, weil der Film
mehrmals riss. Der Filmvorführer, ergriffen durch Kaiser Hirohitos
physischer Präsenz, hatte vor Aufregung die Spannung des Films am Projektor
zu stramm eingestellt.
Der Kaiser verhielt sich während des ganzen Vorfalls verständnisvoll ruhig
und die Vorstellung lief im Weiteren ohne weitere Zwischenfälle ab.
Am Folgetag besuchten Vorsitzende der lokalen Filmvorführer-Vereinigung, von
der Gesellschaft, die das Theater besaß und hohe japanische MGM-Funktionäre
den Kaiser im Palast und baten ihn um Verzeihung.
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"Ben-Hur" zu den Filmfestspielen in Cannes
am 04. Mai 1960
MGM est fière de présenter le film le plus honoré de son histoire
… et de toute l´histoire du Cinema
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"Ben-Hur" wurde zu den 13. Filmfestspielen in Cannes (04.05.1960 - 20.
05.1960) aufgeführt – Bild links: Titelseite "La Cinématographie Francaise"
vom 16 April 1960 und rechts: Metro-Goldwyn-Mayers Ankündigung zur
gesamteuropäischen Premiere des Films im September 1960. (Anzeige vom Januar
1960)
Metro-Goldwyn-Mayers Riesenspektakel hatte am 04. Mai 1960 die 13.
Internationalen Filmfestspiele in Cannes, Frankreich, festlich eröffnet. Die
Aufführung des Films, der außerhalb des Wettbewerbs lief, war somit zugleich
eine Vorpremiere auf dem europäischen Festland, denn der eigentliche Start
des Films war hier erst für den Herbst vorgesehen.
Der Eröffnungsabend an der berühmten Croisette in Cannes stand ganz unter
dem Eindruck der bejubelten, glanzvollen "Ben-Hur"-Premiere, die MGM mit
einem monströsen Empfang krönte. Im Mittelpunkt des Abends standen der
Regisseur William Wyler und die bezaubernde Haya Harareet. MGM baute zu
diesem Ereignis eine extra große Hollywood-Filiale in Cannes auf. Führende
Häuser der Pariser Haute-Couture führten den Festival-Gästen Modelle vor,
die von "Ben-Hur" inspiriert waren - ja, es wurden sogar
Ben-Hur-Filterzigaretten angeboten.
Der offizielle Wettbewerbsbeitrag zu den Festspielen aus den USA war der
MGM-Film "Das Erbe des Blutes" (Home from the Hill, USA, 1960) vom Regisseur
Vincente Minnelli.
Die "Goldene Palme" (Palme d'Or) des Festivals gewann damals der umstrittene
und stark diskutierte italienische Film "Das süße Leben" (La Dolce Vita,
Italien / Frankreich, 1960) vom Regisseur Federico Fellini.
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Große Premiere in Frankreich
Sie fand am 06. Oktober 1960 im Pariser Gaumont-Palast statt
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Bild links: Der Gaumont-Palast in Paris, einst Europas größtes Kino (Foto
aus der Sammlung des Autors) und rechts: Eine Zeitungsannonce zur
Weihnachtszeit 1960. Die Gala-Premiere von "Ben-Hur" gab es am 06.10.1960 -
Charlton Heston war dabei anwesend.
In dem Inserat steht geschrieben:
Zum Weihnachtsfest das schönste Geschenk: 2 Eintrittskarten für "Ben- Hur".
William Wylers Meisterwerk triumphiert aktuell in Paris. Zum Fest als
Geschenk 2 Sitzplätze für den Film von Metro-Goldwyn-Mayer. Die Karten sind
z. Zt. im Gaumont-Palast, 1 Rue Caulaincourt, von 12 Uhr bis 19 Uhr und in
den Reisebüros "Une Semaine de Paris" erhältlich. Für Post an
Familienangehörige und Freunde wird Ihnen eine luxuriöse Weihnachtskarte
zugegeben.
Filmvorführungen: Nachmittags um 14.45 Uhr und abends um 20.00 Uhr.
Sitzplatzpreise: 6 NF, 8NF, 10NF und 12NF (nur hier ist eine
Platzreservierung möglich).
NF = Nouveaux Francs
Kurz vor der Premiere des Films stand in der "La Cinématographie Francaise"
geschrieben:
Für "Ben-Hur" eine Neuerung auf dem Gebiet der Kartenvorbestellung:
Man sagt, dass William Wylers Meisterwerk "Ben-Hur" mit einem Donnerschlag
die neue Kinosaison am 7. Oktober 1960 im Pariser Gaumont-Palast eröffnen
wird. Seit dem 15. September weist eine prächtige Werbegraphik auf den Film
und seinen Starttermin, dieser in Leuchtbuchstaben, am Kino hin (siehe Bild
in der Galerie). Seit dem 15. September kann man dort auch offiziell Eintrittskarten
käuflich erwerben.
In den Wochen zuvor hatten die Theaterbesucher in den 17 Kinos des Pariser
Gaumont-Kreises Gelegenheit, sich ihre Karten im Voraus sichern zu lassen.
Hierfür wurde ein Werbeblatt über den Film verteilt, an dem ein abtrennbarer
Kupon auszufüllen war, den man dann in einen "Kupon-Kasten" (siehe Bild
in der Galerie) im Foyer der jeweiligen Kinos einwerfen konnte. Auf diese Weise war
es möglich, dass man bereits vor dem offiziellen Kartenvorverkauf des Films
tausende Anfragen bearbeiten konnte.
Laut Information aus den "Berliner Filmblätter" brachte der Film in den
ersten 15 Wochen seines Einsatzes in dem Premierentheater Gaumont-Palast,
mit 2 Vorstellungen täglich, 3,27 Millionen NF Nouveaux Francs (= 650.000
Dollar) bei 372.264 Besuchern ein.
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Der Gaumont-Palast
Erst 70mm, dann Cinerama
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Der Cinerama-Gaumont-Palast. (Zeichnung aus "La Cinématographie Francaise" /
Spécial Cannes 1963)
Der Gaumont-Palast war einst, mit ungefähr 6000 Sitzplätzen, Europas größtes
Filmtheater "La plus grande salle d'Europe". Nach dem Zweiten Weltkrieg
wurden sie auf rund 4600 reduziert.
1959 kehrte mit der Installation von 2
Philips DP70-Projektoren in den Vorführraum und dem zusätzlichen Einbau einer neuen Leinwand mit einer Größe
von 24 x 13 Metern die 70mm-Ära in dem Kino ein. Die Anzahl der Sitzplätze
wurde um weitere 400, auf nun rund 4200 reduziert (das habe ich vom
Hörensagen).
1962 wurde das Kino in ein Cinerama-Theater umgewandelt, nun mit einer
kolossalen, stark gekrümmten Streifenleinwand mit einer Größe von 40 x 14
Metern - andere Quellen geben eine Leinwandgröße von 38,6 x 15 Metern an.
3 neue Vorführkabinen wurden hinten an der Wand des ersten Rangs (Mezzanine)
eingebaut, um die möglichst beste Cinerama-Projektion zu erhalten (eine
nahezu geradlinige Projektion). Darüber hinaus bekam das Kino einen großen
Seidenvorhang - man spricht von einem "goldfarbenen"- mit einer Größe von 60
x 15 Metern. Cinerama-Filme wurden mit Century JJ-1 Film-Projektoren
vorgeführt. Die Anzahl der Sitzplätze jetzt? Leider konnte ich darüber
nichts in Erfahrung bringen.
1963 bestand Cinerama, Inc. darauf, den zweiten Rang des Theaters zu
schließen - " pour le confort des spectateurs." Somit verfügte das Theater
nur noch über insgesamt 2400 Sitzplätze - 550 im ersten Rang und 1850 im
Parterre.
1967 endete der Vertrag mit der Cinerama, Inc. und man baute alles auf den
Vor-Cinerama-Zustand zurück. Der Gaumont-Palast wurde 1973 abgerissen.
(Quellen: Wikipedia Frankreich und "La Cinématographie Francaise").
Der französische Filmkonzern "Gaumont" wurde 1895, wie in Amerika im
gleichen Jahr die "American Mutoscope Company" (ab 1909 in "Biograph
Company" umbenannt), von dem französischen Filmpionier Léon Gaumont mit dem
Unternehmen "Léon Gaumont et compagnie" gegründet. Das tat er anfangs, um
fotographische Apparate zu bauen und zu vertreiben. "Gaumont" ist heute das
älteste noch tätige Filmproduktionsunternehmen der Welt.
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Premiere in Italien am 21. Oktober 1960 - Zuvor wurde in einer Zeitung
geschrieben: “Ben-Hur” setzt auf eine große Premiere in Rom
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"Ben-Hur" wird einen mitreißenden Start in der Stadt haben, in der das Epos
produziert wurde. Alle Kritiker sagen einen Erfolg voraus und die
anfänglichen Kassenerfolge bestätigen es. Zur Gala-Premiere im "Capitol
Theater", der Film wird auch in einem begrenzten Engagement im "Rivoli" in
englischer Sprache vorgeführt, wird eine beispiellose Menge an Prominenz aus
dem Show-Business und der Regierung erwartet. Als Ehrengäste haben zugesagt:
Prima Signora Carla Gronchi, die Frau des italienischen Präsidenten Giovanni
Gronchi, und Italiens Ministerpräsident, Amintore Fanfani, und viele weitere
hohe Regierungsbeamte.
Weitere erwartete bekannte Persönlichkeiten wären: Anna Magnani, Gina
Lollobrigida, Abbe Lane, Tina Louise, Christine Kaufmann, Marcello
Mastroianni, Vittorio Gassman, Luchino Visconti, Alberto Lattuada, Francesco
Rosi, Carlo Ponti, Goffredo Lombardo und Dino De Laurentiis.
Anmerkung vom Autor: Auch Charlton Heston war bei der Gala-Premiere, die
vielleicht einen Tag zuvor, am Donnerstag, dem 20. Oktober 1960 stattfand in
Rom anwesend.
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"Ben-Hur" in Deutschland - Erste Filmaufführungsrechte
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Festliche Vertragsunterzeichnung. Vorne am Tisch: Erich Steinberg (l.), MGMs
Generaldirektor in Deutschland, und Rudolf Englberth (r.), Hausherr des
Münchner Royal-Palasts, unterzeichneten am 27. Oktober 1959 - somit sogar
noch vor der New Yorker Welturaufführung des Films am 18. November - in
München den ersten deutschen "Ben-Hur"-Vertrag. Dahinter: Elias Lapinère
(l.), MGMs Europa-Pressechef und Dr. Otto Schedl (r.), Bayerischer
Staatsminister für Wirtschaft und Verkehr. (Bild aus "Filmwoche")
"Ben-Hur" stand im Mittelpunkt eines Empfangs für MGM, zu dem der Bayerische
Staatsminister für Wirtschaft und Verkehr, Dr. Otto Schedl, in das Foyer des
neuen Herkulessaals in der Münchner Residenz am 27. Oktober 1959 einlud. Im
Beisein führender Vertreter des öffentlichen Lebens, der Filmwirtschaft und
der Fachpresse unterzeichneten Rudolf Englberth, der Hausherr des Münchner
Royal-Palasts, und MGM-Deutschlanddirektor Erich Steinberg den ersten
europäischen Theatervertrag für "Ben-Hur". Laut Aussage von "Filmblätter"
dürfte dieser Vertrag damals die längste Spielzeit und das größte Kapital
beinhalten, die je in einem derartigen Abschluss zu verzeichnen waren. Als
Dank wurde Dr. Schedl vom MGM-Europa-Pressechef, Elias Lapinère, als kleine
Aufmerksamkeit eine antike römische Goldmünze überreicht. Über 130 Gäste
waren zu diesem festlichen Anlass erschienen.
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Erste Werbekampagnen für den Großfilm - Ein Pferderennen in München
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Einen Pokal für das stolze Siegerpaar (Bild aus "Berliner
Filmblätter") und rechts: "Nello splendore del 70mm e con la magia del suono
stereofonico" (In der Pracht von 70mm und mit der Magie des Stereo-Tons),
ein beeindruckendes italienisches Filmplakat. (Foto aufgenommen vom Autor)
Die Schweizer Schauspielerin Liselotte Pulver, assistiert vom Münchner MGM -
Filialleiter K. Schreiber (beide rechts), überreichten dem Siegerpaar den
Gewinnerpokal. Ein Ereignis, über das damals in vielen regionalen Zeitungen
berichtet wurde.
Bereits im Mai 1960 begann eine der lokalen Werbekampagnen für "Ben-Hur".
Metro-Goldwyn-Mayer veranstaltete, um die Münchner bereits auf eines der
Ereignisse des Films "Das große Wagenrennen" einzustimmen, in München-Riem
(Galopprennbahn Riem) ein Pferderennen. Als Trophäe wurde für den Gewinner
ein "Ben-Hur"- Pokal ausgesetzt.
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Hinweise von MGM an die Leiter der Premierenkinos in Deutschland
Ein großes Ereignis verdient Ihre Aufmerksamkeit
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Nun liegt es in Ihren Händen, mit ehrlichem Interesse und Ihrer schon oft
bewiesenen Schaumannserfahrung allen Bewohnern am Platze das
aufsehenerregende Ereignis in der richtigen Weise bekannt zu machen. Darum
vertrauen wir auf Ihre Initiative und Ihre langjährige Erfahrung und
wünschen Ihnen und uns einen guten Erfolg bei der Werbung für BEN-HUR!
Vorwerbung…bis zum Starttag
Stimmen Sie bitte den Einsatz von Dia und Vorspann mit Ihrer MGM-Filiale so
früh wie möglich ab. Der Vorspann sollte mindestens ab 6 Wochen vor der
Premiere laufen. Ihr Foyer muss mit besonderem Glanz auf die Größe und
Bedeutung des Filmwerkes BEN-HUR vorbereitet werden. Die ersten Schaukästen,
Sonderflächen oder dergleichen werden zusammen mit dem Einsatztag des
Werbevorspanns erstellt. Planen Sie die ganze Ausgestaltung Ihres Foyers so
rechtzeitig, dass Sie Ihre erste Dekoration im Laufe der nächsten
Spielwochen weiter ergänzen können, bis Ihr gesamtes Foyer am Premierentag
ausschließlich BEN-HUR gewidmet ist. Vergessen Sie bitte nicht, Ihre
Vorverkaufskasse eine Woche vor dem Start gut zu kennzeichnen.
Die Hausfront
Ehe Sie sich zur Darstellung von Gesichtern, Wagenrennen-Szenen oder
dergleichen entschließen, prüfen Sie bitte noch einmal die voraussichtliche
Reaktion Ihres Publikums.
BEN-HUR hat - ohne Übertreibung - die größte Vorwerbung in der Geschichte
des Films. Millionen Menschen warten auf diesen Film und seine Höhepunkte.
Wahrscheinlich ist es am besten, wenn Sie Ihre Hausfront-Dekoration auf
einen gigantischen Titelschriftzug mit einem Vierergespann beschränken.
Als Schlagzeile auf der Hausfront raten wir Ihnen: NEU - auf der Großbildwand - das größte Werk der Filmgeschichte -
preisgekrönt mit 11 Oscars - in70mm!
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Uraufführung in Deutschland
Sie fand am 14. Oktober 1960 im Münchner Royal-Palast statt
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Eine Münchner Zeitung: Sensationelle Premiere des 63-Millionen-Films
"Ben-Hur".
In den ersten deutschen Kritiken, wie z.B. in den "Berliner Filmblättern",
wurde über den Film folgendes geschrieben:
"Aus der Geschichte um die Romanfigur des Prinzen Judah Ben-Hur schuf die
Regie eine erstaunliche Mischung aus dichter Spannung, aus grandioser
Dramatik, aus erhabener Rührseligkeit, wildem Abenteuer und breiter Epik.
Die Kamera schwelgt in geradezu phantastischer Pracht von Farben und
Ausstattung. Bei dem schon berühmten Wagenrennen feiert sie turbulente
Triumphe. Rasante Einstellungen zwingen das Publikum, an der explosiven
Auseinandersetzung der beiden Rivalen unmittelbar teilzuhaben. Das ist der
grandiose Höhepunkt dieses kolossalsten aller Kolossalfilme!
Heston in der Hauptrolle ist zuverlässiger Titelheld. Um ihn
Charakterbilder: Hawkins (Quintus Arrius) ein männlich-sympathischer
Flottenchef, Boyd (Messala) ein kaltherziger Tribun, Griffith (Scheich
Ilderim) ein gewitzter Araber-Scheich. Wohltuend die leichte Karikierung des
römischen Kaisers Tiberius, gespielt von George Relph.
Architektur und Musik geben sich monumental wuchtig. Der Zuschauer wird fast
4 Stunden lang (mit Pause) fasziniert, überwältigt und atemberaubt - muss
aber auch Geduld für so manche breit ausgespielte Passage aufbringen." (Do)
Rudolf Englberth, der Hausherr (Entrepreneur) von Münchens Royal-Palast,
stellte zur Premiere Studenten ein und kleidete sie in römische Kostüme, um
die Atmosphäre des Ereignisses zu erhöhen. MGMs (International) Präsident,
Morton A. Spring, kam zur Premiere des Großfilms extra aus den USA
angereist. In 63 Münchner Schaufenstern diverser Geschäfte führte
Metro-Goldwyn-Mayer Gemeinschaftswerbungen durch und sorgte dafür, dass die
Premiere am 14. Oktober augenfällig propagiert wurde.
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Premiere in Hamburg
Sie fand am 15. Dezember 1960 im Savoy-Filmtheater statt
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Annonce links: Premieren-Vorankündigungsannonce vom 28. November 1960 und
rechts: Die letzte Woche in diesem Kino. (Annonce vom 14. März 1963)
Im Hamburger Savoy-Filmtheater lief der Film nach seiner Premiere, die am
15.12.1960 stattfand, ohne Unterbrechung 118 Wochen lang. Das ist eine
Laufzeit, die es in unserer heutigen - teils leider sehr schnelllebigen -
Zeit in den Kinos nicht mehr gibt.
Das "Hamburger Abendblatt" berichtete am 13.11.1962: "Am Mittwoch ist der
Film "Ben-Hur" hundert Wochen gelaufen. Das ist ein absoluter Rekord für
Hamburg. Der Film hat immer noch die gleiche Anziehungskraft, wie in der 40.
Woche. Rund 150 Besucher pro Tag und am Wochenende bis zu 450 je
Vorstellung. Insgesamt waren es bis heute über eine halbe Million."
Kleine Anekdoten: Und die Kinoangestellten? Sie sind verzweifelt. Es gab
sogar Kündigungen. Grund: "Wir können diesen Film nicht mehr sehen. Er macht
uns krank." Der Theaterleiter berichtete dem "Hamburger Abendblatt", dass er
am liebsten ab und an den Ton im Kino persönlich gesteuert habe. Beim
Wagenrennen und der Seeschlacht, da konnte er so richtig aufdrehen -
besonders, wenn die Gewitter am Schluss des Films kamen. Dann wäre das
Publikum fast von den Sitzen gerutscht. "Ben-Hur" hatte auch seine
Stammkunden. Ein junger Mann, ein Bankangestellter, hatte den Film schon
253-mal gesehen. Jedes Mal saß er in der zweiten Reihe des Kinos auf Platz
17. Sein knappes Urteil über den Film: "Einmalig!"
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Premiere in Berlin
Sie fand am 20. Januar 1961 im Delphi-Filmpalast am Zoo statt
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Bild links: Scheinwerfer an! Festliche Premiere des Films im Berliner
Delphi-Filmpalast am Zoo (Bild aus "Filmblätter") und rechts: Sensationeller
Start in Berlin: BEN-HUR kam, sah und siegte. (Eine Berliner Zeitung)
Auch bei den Berlinern wurde die Premiere zum Tagesgespräch. Eines der
damals beliebtesten Boulevardblätter "Nacht-Depesche" brachte sogar ein
Ben-Hur-Extrablatt heraus. Dekorationen und Werbeflächen an vielen Punkten
der Stadt wiesen schon lange vorher unübersehbar auf das Ereignis hin.
Alleine 31 Riesenschaufenster der Warenhäuser "KaDeWe" (Kaufhaus des
Westens) und "Karstadt am Hermannplatz" waren auf "Ben-Hur" dekoriert.
Bei der Premiere flankierten originalgetreu kostümierte "Legionäre" den
Eingang des Premierenhauses. Berliner Prominenz drängte sich im Foyer - u.a.
Film-Produzent Artur Brauner, Gisela Uhlen, Carla Hagen und Michiko de
Kowa-Tanaka. (Quelle: "Filmblätter")
"Ben-Hur" ist nach folgendem Schema vorzuführen (MGMs Anweisungen an den
Filmtheatermanager):
A.) Ouvertüre 6:32 Minuten
B.) Prolog (Christi Geburt) 7 Minuten (Zu-Spät-Kommern sollte es nicht
gestattet sein, ihre Plätze einzunehmen. Wenn der Filmtitel auf die Leinwand
projiziert wird, können sie dezent Platz nehmen)
C.) Erster Teil des Films 2 Stunden und 7 Minuten
D.) Intermission (Pause) 15 Minuten (Die Pause sollte nicht länger als 15
Minuten und nicht kürzer als 10 sein. Nach 11 Minuten Pause wird der
Vorführer gebeten, die Einleitungsmusik (Entr'acte, 3:47 Minuten) zu spielen
und die Kinobesucher sollen per Gong, Glockenspiel oder Glocke und dem
Blinken der Lichter in Lounge und Lobby aufgefordert werden, ihre Plätze zu
besetzen)
E.) Zweiter Teil des Films 1 Stunde und 15 Minuten
F.) Ende - es
darf keine "Exit Musik" gespielt werden
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Überall in Deutschland erfolgreich
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Bis zum 03. März 1961 lief der Film bereits erfolgreich in verschiedenen
deutschen Städten mehrere Wochen lang und es ging weiter…
Düsseldorf 16 Wochen
Dortmund 11 Wochen
Hamburg 10 Wochen
Nürnberg 10 Wochen
Berlin 6 Wochen
Kassel 9 Wochen
Köln 12 Wochen
Hannover 11 Wochen
Essen 10 Wochen
München 19 Wochen
Stuttgart 14 Wochen
Laut Statistik-Information aus den "Berliner Filmblätter" sahen weltweit 17
Millionen Besucher in 286 Theatern in 35.345 Vorstellungen den Film bis zum
Jahresende 1960. Alleine während der letzten 10 Tage des Jahres, vom
22.12.1960 bis zum 31.12.1960, wurden Einnahmen von rund 3,3 Millionen
Dollar verzeichnet. Davon 2,2 Millionen Dollar in den USA und Kanada und 1,1
Millionen Dollar in den übrigen Ländern.
Der amerikanische Künstler Reynold Brown (18.10.1917 - 24.08.1991) zeichnete
die berühmten Filmplakate von "Ben-Hur". U.a. entwarf er auch
Filmplakatmotive weiterer Großfilme, wie: "Spartacus" (USA, 1960), "Alamo"
(The Alamo, USA, 1960), "König der Könige" (King of Kings, USA, 1961), "Die
Wunderwelt der Gebrüder Grimm" (The Wonderful World of the Brothers Grimm,
USA, 1962) und "Das war der Wilde Westen" (How the West Was Won, USA, 1962).
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Werbung für den Film in Österreich
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Eine "Ben-Hur"- Ausstellung in einem Wiener Kaufhaus.
Ein Blick in die Ausstellung. (Bild aus "Österreichische Film- und
Kinozeitung")
Im Frühjahr 1960 gab es in Wien, im Tiefparterre des Kaufhauses Neumann
(heute Kaufhaus "Steffl"- eines der vornehmsten Wiener Kaufhäuser), in der
Kärntnerstraße 19, die Ausstellung: "Szenengraphik aus Ben-Hur". Ausgestellt
wurden diverse graphische Zeichnungen des berühmten amerikanischen Künstlers
Benjamin A. Stahl (07.09.1910 - 19.10.1987) oder kurz "Ben Stahl" genannt.
Mit Hilfe seiner Zeichnungen wurden später teilweise auch Kulissen des
Großfilms gebaut. Die Ausstellung war für die Öffentlichkeit unentgeltlich
zugänglich. (Quelle: "Österreichische Film- und Kinozeitung" vom April 1960)
In dem originalen englischen Hardcover Film-Souvenir-Buch (Verlag: Random
House) von "Ben-Hur", das man damals in den Kinos kaufen konnte, sind hinten
6 ausklappbare Zeichnungen des Künstlers eingefügt.
In Wien hatte der Film im Tabor-Kino (1916-1996), im 2. Wiener
Gemeindebezirk (Leopoldstadt) gelegen, am 14. September 1961 seine Premiere.
Zuvor wurde das Kino wegen umfassender Umbaumaßnahmen am 26. Mai 1961
geschlossen und am 14. September 1961 als modernstes Lichtspieltheater
Österreichs mit "Ben-Hur" festlich wiedereröffnet. Nach dem Umbau gab es von
den ehemals 1048 Sitzplätzen nur noch, dafür bequemere, 774 Sitze. Die alte
18 x 6,5 Meter große Bildwand wurde durch eine noch größere "MGM Camera 65"-
Bildwand mit einer Größe von 19 x 7,1 Metern ersetzt. (Quelle:
"Österreichische Film- und Kinozeitung" vom September 1961)
Am 14. / 15. September 1962 feierte man im "Tabor" die einjährige Laufzeit
des Films. Rund 275.000 Besucher genossen das Filmwerk in dem Kino in dem
Jahr. In den übrigen österreichischen Bundesländern waren es zu diesem
Zeitpunkt rund 390.000 - das ergab eine Besucherzahl von rund 665.000 in
ganz Österreich. (Quelle: "Österreichische Film- und Kinozeitung")
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Wiens wiedereröffnetes und erneuertes Tabor-Kino. (Bild aus "Österreichische
Film- und Kinozeitung" vom September 1961)
"Ben-Hur" lief im "Tabor" bis Anfang März 1963, gefolgt von Walter Langs
(10.08.1896 - 07.02.1972) Musikfilm "Can-Can / Ganz Paris träumt von der
Liebe" (Can-Can, USA, 1960), vorgeführt in Todd-AO 70mm.
Zuvor führte Lang auch die Regie zu dem berühmten Film "Der König und ich"
(The King and I, USA, 1956) - gedreht in
CinemaScope 55. Es handelt sich
hier um ein von der 20th Century Fox Mitte der 1950er Jahre neu entwickeltes
Filmverfahren. Hier war der Negativ-Film 55,6mm breit und jedes einzelne
Bild (Frame) 8 Perforationen hoch. Gefilmt wurde anamorphotisch. Also
irgendwie ein Ding zwischen CinemaScope und Todd-AO. Der erste große Film,
der in diesem Verfahren gedreht wurde heißt "Karussell" (Carousel, USA,
1956). Anschließend kam "Der König und ich" in die Kinos und dann war es
auch schon Schluss mit CinemaScope 55.
Obwohl die Filme in dem neuen Breitfilmverfahren gedreht und propagiert
wurden, kamen sie für die kommerzielle Verbreitung nur in einer
35mm-CinemaScope-Version (reduction print) mit 4-Kanal-Magnetton, allerdings
durch die Verkleinerung, mit recht gutem Bild in die Filmtheater.
Um den zahlenmäßig immer mehr zunehmenden Kinos, die 70mm Projektoren in
ihre Vorführräume eingebaut hatten, genüge zu tragen, entwickelte 20th
Century Fox mit dem Film "Der König und ich" ihr neues kurzlebiges
70mm-Breitfilm-Verfahren mit dem Namen "Grandeur 70". Die 70mm-Kopie des
Films wurde damals von einem CinemaScope 55 - Negativ-Film (55,6mm) durch
optische Vergrößerung und Dekompression "without anamorphic squeeze"
gewonnen. Sie wurde mit 6-Kanal-Magnetton ausgestattet und hatte am 23. März
1961 im New Yorker Rivoli Theatre Premiere. Das Verfahren schlief damals im
Weiteren ein, da ja keine Filme mehr in CinemaScope 55 gedreht wurden.
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Die ehrwürdige, Oscar-prämierte Filmmusik
Miklos Rozsa arbeitete an der Filmmusik fast ein Jahr lang
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"Ben-Hur" Original Soundtrack LP. Luxus-Box-Edition (hier: 1E1- mono),
welche auch die Souvenir-Programmhefte des Films in Deutsch und Englisch
(Hardcover) enthält. (Aus der Sammlung des Autors)
"The musical score by Miklos Rozsa, whose qualifications for this task are
unsurpassed, is moving and beautiful", sagte Joseph R. Vogel, Präsident von
MGM.
Die Musik auf dieser LP wurde von Carlo Savina dirigiert, gespielt vom
Symphonie Orchester Rom, zusätzlich mit den Sängern der Römischen Basiliken.
Miklos Rozsa überwachte die Aufnahme für MGM Records in Rom im Jahr 1959.
Vertragliche Beschränkungen verhinderten ihn, selber als Dirigent
aufzutreten.
Hier ein kurzer Artikel, der damals bei der Roadshow-Premiere des Films in
der "New York VARIETY" veröffentlicht wurde:
MGMs Platten in der Eile - MGM´s In-a-"Hur"-ry Disks
Letzte Woche arbeitete MGM Records an drei Standorten, um "Ben-Hur" noch
rechtzeitig zur New Yorker Premiere in die Geschäfte zu bekommen. Die
Schallplatte wurde in England hergestellt, die Box-Packung bei Imperial
Paper Co. in Brooklyn (New York) produziert und das 36-seitige Souvenir-Heft
(Anmerkung vom Autor: Die Hardcover-Ausgabe beinhaltet zusätzlich
ausklappbares Bildmaterial) in Hammond (Indiana) gedruckt. Alles wurde nur 5
Tage vor der Uraufführung des Films zusammengebracht und dann für den
Einzelhandel vorbereitet.
Man versuchte auch Rücksicht auf andere Auslieferer zu nehmen, sodass diese
in der Lage waren, alles rechtzeitig zu den Premieren des Films, wie z.B. in
Los Angeles, Philadelphia und Boston, auszuliefern.
MGM hat auch eine durchgreifende Werbekampagne für die Box gestartet - mit
Schaumaterial wie: Farbposter, die Szenen von dem Film zeigen, Wallpapers,
Vergrößerungen des Album-Covers, Fenster-Aufkleber, für die Post
Sondereinlagen, etc. Es ist auch eine Liste verbreitet worden, in der Namen
und Adressen passender MGM Filialleiter und zuständiger Händler enthalten
sind.
Die MGM-Luxus-Box, mit Miklos Rozsas Musik, ist im Einzelhandel für $4.98
(Mono) und für $5.98 (Stereo) erhältlich. Die Gesellschaft gibt zusätzlich
auch eine Lion-LP zum Niedrigpreis mit musikalischen Höhepunkten des Films
heraus.
MGMs "Ben-Hur" "fegte" bei der 32. Oscar-Verleihung alle beiseite und erhält
nun auch eine atemberaubende Bestätigung von der Filmindustrie bis zur
fabelhaften Wertschätzung, die der Film auch von der gesamten Öffentlichkeit
erhält. Unter seiner glitzernden Reihe von Oscars gibt es auch die Oscars
für "Bester Film des Jahres" und für "Beste Filmmusik für einen dramatischen
Film". MGM RECORDS ist stolz, die Originalmusik von diesem unvergleichlichen
Film präsentieren zu können.
In den 1960er Jahren produzierte MGM RECORDS einige herrliche
Filmmusik-Luxus-Box-Editionen von ihren Großfilmen. Enthalten waren jeweils
eine Langspielplatte und das Souvenir-Filmprogrammheft - hier in Deutschland
zusätzlich auch die deutsche Version des Hefts.
In Deutschland waren damals folgende Boxen in den Geschäften erhältlich
(Mono/Stereo):
A.) "Ben-Hur" (USA, 1959) - Musik von Miklos Rozsa (1E1/S1E1)
B.) "König der Könige" (King of Kings, USA, 1961) - Musik von
Miklos Rozsa (1E2/S1E2)
C.) "Das war der Wilde Westen" (How the West Was Won, USA, 1962)
- Musik von Alfred Newman (M 009 010 / ST 109 010)
D.) "Meuterei auf der Bounty" (Mutiny on the Bounty, USA, 1962) -
Musik von Bronislau Kaper (1E4/S1E4)
(Die Schallplatten wurden von der Deutschen Grammophon Gesellschaft
hergestellt)
In Amerika zusätzlich:
E.) "Die Wunderwelt der Gebrüder Grimm" (The Wonderful World of
the Brothers Grimm, USA, 1962) - Musik von Leigh Harline / Bob
Merrill (mit Dialogen) (1E3/S1E3)
Von Colpix Records kam auch eine Luxus-Box-Edition (LE1000, Limited
Edition), natürlich mit Souvenir-Programmheft, des Films "Lawrence von
Arabien" (Lawrence of Arabia, UK, 1962) auf den Markt. (Siehe Bild am Ende
des Berichts)
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Eine Wiederaufführung in Hamburg
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"Ben-Hur" in dem von mir geliebten Hamburger Grindel-Filmtheater, projiziert
auf die riesige, tief gekrümmte Cinerama-Leinwand. Eine Wiederaufführung vom
30. Januar bis zum 26. März 1970. (Bilder aus der Sammlung des Autors)
Das Grindel Filmtheater wurde im Januar 1963 mit einer Cinerama-Streifenleinwand
ausgestattet (27 x 10 Meter - entlang der Kurve gemessen). Diese wurde am
01. Februar 1963 mit der deutschen Uraufführung des Cinerama-Films "Das war
der Wilde Westen" (How the West Was Won, USA, 1962) festlich eingeweiht.
Unter den Premierengästen sollen u.a. Hardy Krüger und Willy Fritsch gewesen
sein. Das Kino wurde im April 2009 abgerissen.
Die anamorphotische 70mm-Version von "Ben-Hur" wurde mit einem speziellen
Projektionsobjektiv in dem sehr breiten Bildseitenverhältnis von 2.76:1 auf
die Großleinwände horizontal entzerrt projiziert. Dieses Objektiv wurde von
Panavision, Inc. entwickelt und war zur "Ben-Hur"-Premiere im November 1959
in New York einsatzbereit.
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Abschließende Worte
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Das Wagenrennen und das Seegefecht. Die Bilder habe ich 1967 gezeichnet -
ich war damals von dem Film so begeistert.
Bereits Fred Niblos Stummfilm-Version von "Ben-Hur" (USA, 1925) war mit
Kosten von über 4 Millionen Dollar und drei Jahren Herstellungszeit der
teuerste Film, der zu dieser Zeit gedreht wurde.
Er wurde für Metro-Goldwyn-Mayer der erste große 'Public-Relations-Erfolg´.
William Wylers beachtliche Neuverfilmung von "Ben-Hur" (USA, 1959) ist
Hollywood "at its-very-best"! Der Film ist voller Dramatik, Action und
Romantik - fast alle menschlichen Gefühle werden in der Geschichte
beschrieben.
Hier ein weiterer Gedanke von mir. Weniger ist manchmal besser und
vielleicht auch realistischer. Miriam und Tirzah, die Mutter und die
Schwester von Judah Ben-Hur, werden während des Unwetters am Ende des Films
von ihrer Leprakrankheit geheilt. Ich habe Schwierigkeiten damit. Es wäre
schön, wenn es solche Wunder gäbe.
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Filmmusik-Luxus-Box-Editionen (LPs) und die Souvenir-Programmhefte. (Aus der
Sammlung des Autors)
Anfang der 1960er Jahre sah ich "Ben-Hur" das erste Mal. Der gewaltige
Eindruck, den der epische Film damals bei mir hinterließ, wirkt bis heute
nach. Die ergreifende Geschichte, die überzeugenden Darsteller, die
großartigen Dialoge, die eindrucksvollen Kostüme, die gute Kameraführung,
das besonders breite Filmbild, projiziert auf die riesige Leinwand >size
matters< verbunden mit dem umhüllenden 6-Kanal-Magnetton, etc., begeisterten
mich. Natürlich war ich auch sehr von Dr. Rozsas wundervoller orchestraler
Filmmusik angetan. Ich finde, dass sie den Film noch größer macht, als er
schon ist.
Erfreulicherweise wurde William Wylers "Ben-Hur" ein Box-Office-Triumph, der
MGM damals vor einem bevorstehenden Ruin bewahrte.
Es wird erzählt, dass, als sich Charlton Heston nach den
"Ben-Hur"-Dreharbeiten in Rom aufmachte, um nach Amerika heimzureisen,
William Wyler vorbeikam und ihm mit einem Lächeln sagte: "Danke für alles,
Chuck. Ich hoffe nur, dass ich Dir das nächste Mal eine bessere Rolle
anbieten kann!". Heston bemerkte damals: "Unter Wyler einen Film zu
machen ist, als ob man in einem türkischen Bad bearbeitet würde. Man ist
kurz davor ertränkt zu werden, aber man kommt dann raus und duftet wie eine
Rose."
In Gedenken an den Produzenten des Films, Sam Zimbalist, der während der
Dreharbeiten am 04. November 1958 verstarb. Er sah in "Ben-Hur" die Krönung
seines Lebenswerkes.
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Quellen
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Dieser Bericht wurde durch Auswertung von Informationen und auch
Bildmaterial aus Zeitungen und Filmjournalen der damaligen Zeit erstellt,
insbesondere: "Filmblätter", "Filmwoche", "Film-Echo", " Der Neue Film", "La
Cinématographie Francaise", "Österreichische Film- und Kinozeitung", "New
York VARIETY", "Motion Picture Herald" und auch aus der Sammlung des Autors.
Charlton Heston: "In the Arena", Simon & Schuster, ISBN 0-684-80394-1, 1995
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28-07-24 |
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